Elektrische Ultraschall Zahnbürsten – Felder bis zu 90.000 nT und (mögliche) Implantat-Korrosion?
Da denke ich, das „ich mir gutes tue“ und nun das: Elektrische (Ultraschall-) Zahnbürsten produzieren (je nach Modell) lokale magnetische Felder (bzw. Flussdichten) bis zu ~ 90.000 nT (90 µT) im Nahbereich der Zähne, Implantate, Brücken und natürlich der Hände und des Kopfes. Das ganze jedoch im niederfrequenten Bereich um die 4-5 Hz – welcher schwer mit üblicher Messtechnik zu erfassen ist [1].
Wo ist das potentielle Problem aus meiner Sicht?
- Hohe unspezifische Magnetfelder am Kopf,
- induzierte Spannungen & Ströme in Implantaten & Brücken [1],
- das mögliche Risiko von Implantat-Korrosion (insb. Edelstahl) [2],
- das mögliche Risiko von metallischer Elution [3] (Herauslösen von Substanzen bzw. Ionenaustausch),
- was dann Allergien auslösen kann [3]
Als Nutzer einer der Zahnbürsten, die wohl mit die höchsten magnetischen Felder erzeugt, fand ich das ganze dann „nicht mehr unbedingt lustig“. Die Relevanz ist scher einzuschätzen, da es in Bezug auf Bereiche von 4-5 Hz und Intensitäten im Bereich einiger µT auch durchaus neutrale bzw. gute Berichte gibt, wenn es die PEMF-Technologie betrifft. Allerdings haben die PEMF-Geräte (wie z.B. ICES) hier optimierte Wellen- und spezielle Puls-Pausenfolgen und bleiben in der Regel deutlich unter diesen hohen Werten.
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Magnetische Felder bis zu 90.000 nT – was ist das Problem?
Gleich zu Anfang in der japanischen Studie bemerkten die Autoren das insbesondere niederfrequente Magnetfelder ein Gesundheitsproblem sind, speziell da diese elektrische Ströme in Metalle am Körper induzieren können [1]:
„Magnetic fields can represent a health problem, especially low frequency electromagnetic fields sometimes induced by electric current in metallic objects worn or used in or on the body“
So sind die Messwerte der magnetischen Feldstärken die gemessen wurden teils so hoch (~90.000 nT bei 4-5Hz), das Sie bis kurz unter die gesetzliche Grenze reichen (100.000 nT). Das diese Grenzwerte viel zu hoch sind – das habe ich schon vielfach hier beschrieben. Am Büro-Arbeitsplatz sind deswegen auch (dort wo man sitzt) nur 100 nT erlaubt und 400 nT gelten als Vorsorge-Grenzwert der WHO – einfach mal um eine Perspektive auf die Größenordnungen zu haben. Auch das elektromagnetische Wechselfelder ein WHO Klasse 2B Karzinom sind – habe ich hier schon oft geschrieben.
Das diese Felder nun in unmittelbarer Nähe des Kopfes, der Zähne und der Hand wirken ist in keinem Falle gut – auch wenn die Zeit – ca. 3 * 2-5 Minuten am Tag kurz sein mag.
Was wurde in der Zahnbürsten-Studie gemessen?
Die Studie hat die Magnetfelder die von verschiedenen elektrischen Zahnbürsten emittiert wurden gemessen (u.a. verschiedene sehr marktgängige Modelle – siehe auch die Tabelle weiter unten im Text). Es wurden [1]:
- die Felder im Bereich von 1-2000 Hz ermittelt,
- wobei es eine deutliche Spitze im Bereich von 4-5 Hz gab. Zudem wurde gemessen
- welche Spannungen und Ströme in dentale Implantate & Brücken induziert werden können.
- wobei die konkreten Felder natürlich abhängig von Material, Größe, Form etc. sind.
Kernaspekt für mich war, das die Autoren auch schreiben, das die induzierten Ströme durchaus auch Gesundheitsprobleme erzeugen können:
„Furthermore, these induced currents in dental appliances could impact upon human oral health, producing pain and discomfort.“
Zu den Messwerten schreiben Sie dann zusammenfassen, das gerade im Bereich von 4-5 Hz Magnetfelder von ca. 70-90 µT gemessen wurden – je nachdem aber über welchen Bereich die Feldstärken er- bzw. gemittelt wurden schneiden die Modelle komplett verschieden ab [1]:
- In magnetic fields of 4–5 Hz, the Oral-B, PRINIA and VibrateCare models generated ~70–90 μT,
- whereas the Sonicare models created 40–50 μT.
- In contrast, at 1–2000 Hz, only Oral-B and the Sonicare brushes generated peaks of over 0.4 μT,
- whereas PRINIA and VibrateCare did not.
- Furthermore, at 0.2–1000 Hz, only the Sonicare brushes generated peaks over 10 μT.
Einige der Messwerte aus der Studie
In der Studie (Volltext) gibt es dann noch viele Messwerte und Diagramme – untersucht wurden die Auswirkungen auf Brücken, Multi-Bracket-Systeme, etc. pp. und das in verschiedenen Abständen. Anbei habe ich dann einmal die von den Autoren ermittelten Strome & Spannungen die in das vermessene Multibracket-System induziert wurden aufgeführt – welches die höchsten Werte aufwies [1]:
Messgröße | Distance (cm) | Brown OralB | GC PRINIA | Lion VibrateCare | Philips Sonicare HX6100 | Philips Sonicare HX9100 |
---|---|---|---|---|---|---|
Induzierte Spannung (µV) | 1
3 5 |
8±1
6±1 6±1 |
8±2
6±1 4±1 |
11±3
6±1 4±1 |
724±18
604±12 541±28 |
860±13
716±17 625±19 |
Induzierter Strom (µA) | 1
3 5 |
16±1
12±2 10±2 |
5±1
2±1 1±1 |
3±1
1±1 1±0 |
487±15
434±13 374±17 |
537±26
485±15 451±25 |
Die Spannungen und Ströme mögen gering sein – können jedoch durchaus viele Problem verursachen – weil ja zudem auch verschiedene Zahn-Metalle im Mund elektrochemisch interagieren. .
Implantat-Korrosion & Co.
In einer Folgestudie [2] haben die Autoren dann noch untersucht, welche Auswirkungen die induzierten Spannungen und Ströme auf Titan und Edelstahl (SUS)-Implantate haben. Zwar legen sie weitere Studien nahe um den Effekt genauer zu untersuche, folgern jedoch das die Ströme der elektrischen Zahnbürsten Edelstahl im Mund korrodieren könne, wobei die untersuchten pH-Werte im Mund (Modell) wohl nicht relevant waren:„These results suggested that MF-induced currents from electric toothbrushes could erode SUS appliances, but not Ti appliances, because of their high corrosion potentials.“ und „The pH values of the solutions used for immersion, with or without MF exposure, showed no statistical significance“
In einer weiteren Studie [3] stellen die Autoren dann auch fest, das die Artefakte Korrosion (Elution) dann auch noch Allergien befördern kann:
„and promote metallic elution, which is likely to be one of the causes of metallic allergies.“
Dabei sind wohl die induzierten Ströme und Spannungen unabhängig von der Leitfähigkeit des Materials, sondern primär von Größe, Form und den spezifischen Metallanteilen [3]:
„Interestingly, the measured electric voltages and currents that were induced in the dental appliances were not dependent on the electrical resistivity values of the materials, but on their shapes and specific metal contents„
Die Autoren schließen damit, das das gerade die Korrosion (Edelstahl) schädliche (‚detrimental‘) Effekte auf die menschliche Gesundheit haben könnten, wie z.B. Metall-Allergien. Zudem weisen Sie auf die grundsätzliche (und gut dokumentierte) Schädlichkeit von magnetischen Feldern hin [3]:
„Because the role of low-frequency electromagnetic fields in carcinogenesis, and especially in the development of leukemia and central nervous system tumors, has been well-documented, the effects of MFs were believed to be basically harmful to human health.“
Hmmm….
Mein Fazit
Zwar schreiben die Autoren [1] das die (potentiell) negativen gesundheitlichen Effekte der Zahnbürsten durch die kurze Nutzungszeit gemildert (‚mitigated‘) werden könnten – befriedigend ist diese Feststellung jedoch für mich nicht. Relevant scheinen die Berichte jedoch in erster Linie für Edelstahl-Implantate zu sein, weniger für welche aus Titan. Insofern relativiert sich sicherlich die heutige Praxisrelevanz, weil neuere Implantate in der Regel metallfrei, jedoch zumindest aus Titan, sind.
Welche Zahnbürste der getesteten nun besser oder schlechter war, auch darüber haben die Autoren spekuliert – am Ende sind Sie jedoch zum Schluss gekommen, das es wohl besser ist so etwas gar nicht zu verwenden:
„It is thought that the only true method for defending against low frequency electromagnetic fields is to preclude their generation by electric home appliances, including electric toothbrushes.“
Ach ja: das ganze gilt natürlich prinzipiell für alle Geräte mit Elektromotoren & Co., also auch für elektrische (Akku betriebene) Kurzhaarschneider [4] und Haar-Föhns. Wie relevant alles angesichts der kurzen Nutzungszeit und noch viel „irreren“ magnetischen Feldern, z.B. in der S-Bahn, ist, kann ich nicht abschätzen. Man sollte sich hier sicherlich nicht Irre machen lassen, auch nicht durch diesen Artikel!
Wenn jedoch jemand Probleme im zeitlichen Zusammenhang mit der Nutzung – oder nach Anschaffung – von elektrischen Zahnbürsten hat, dann sollte das hier im Artikel beschriebene ggf. ernst genommen werden. Dies ist jedoch sicherlich hoch individuell.
Quellen / Links
- [1] Electric toothbrushes induce electric current in fixed dental appliances by creating magnetic fields, Takashi Kameda et al., Dental Materials Journal 31(5):856-62 · October 2012, DOI: 10.4012/dmj.2012-129
- [2] Magnetic fields from electric toothbrushes promote corrosion in orthodontic stainless steel appliances but not in titanium appliances, Takashi Kameda et al., Dental Materials Journal 32(6):959-969, December 2013, DOI: 10.4012/dmj.2013-179
- [3] Electromagnetic fields from dental devices and their effects on human health, Kameda, Takashi & Ohkuma, Kazuo., Journal of Electrical & Electronic Systems, January 08, 2014
- [4] Induced current inside the human head in the vicinity of an electric shaver., Kamimura Y, Yamada Y, Akutsu T, IEICE Tech. Rep. EMCJ 2005; 104: 61-64.
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