Strontium: Das eher unbekannte Element für Osteoporose und Zähne, sowie etwas zu Dosierungen & Formen

Strontium wird u.a. zur Rotfärbung von Feuerwerken verwendet. Quelle, Lizenz CC-BY SA 3.0, Autor: Alchimista

Strontium ist ein chemisches Element der Gruppe der Erdalkalimetalle und kommt als stabiles Isotop in geringen Mengen im menschlichen Körper vor und wird hauptsächlich in Knochen und Zähnen gefunden und ist dem Calcium chemisch sehr ähnlich [1].  Es gibt auch einige radioaktive Isotope von Strontium, z.B. Strontium 90, welche ich hier jedoch nicht behandeln werde. Diese Formen können jedoch bei einem Atomreaktorunfall entstehen.

Strontium gilt als nicht essentiell und taucht in üblichen Abhandlungen zu Mikronährstoffen nicht auf. Ein Mangel an Strontium bei Menschen gilt als selten. Es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass ein Mangel an Strontium zu einer verminderten Knochenmineralisierung und einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche führen kann [3]. Die genauen Mechanismen, durch die Strontium seine biologischen Wirkungen ausübt, sind jedoch nicht vollständig verstanden, wobei die primären Interaktionen im Kontext des Calcium-Stoffwechsels zu sein scheinen.

So kann Strontium z.B. als ein kompetitiver Inhibitor von Calcium in verschiedenen physiologischen Prozessen wirken und z.B. Ca2+-Kanäle in Zellmembranen beeinflussen und dadurch die intrazelluläre Calciumkonzentration modulieren [4]. Das muss aber, Dosisabhängig, nicht immer nur gut sein. Interesse geweckt? Gut. Hier eine Übersicht über die Themen in diesem Artikel:

  • Allgemeines, Biochemisches & Co.
  • Übersicht über die gesundheitlichen Wirkungen.
  • Osteoporose, Knochenmineralisierung und -formation & die Studienlage
  • Zahngesundheit (Dentinhypersensibilität)
  • Vorkommen in der Nahrung
  • Strontium-Formen für die (Nahrungs-) Ergänzung: Faktisch keine Auswahl.
  • Strontium Status: Was taugen Blut- und Haarwerte?
  • Welche Dosierungen bei der Ergänzung nutzen? Überlegungen im Kontext des Körperbestands, der Nahrungszufuhr und der Studien
  • Nebenwirkungen einer Ergänzung (mit hohen Dosen).

Am Ende folgt dann mein übliches Fazit.

Allgemeines, Biochemisches & Co.

Strontium wird als nicht essentielles Element für den menschlichen Körper angesehen, da es a) derzeit keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass ein Mangel an Strontium im menschlichen Körper spezifische physiologische Störungen oder Krankheiten verursacht und b) dass die genauen Mechanismen, durch die Strontium seine biologischen Wirkungen ausübt, noch nicht vollständig bzw. richtig verstanden sind.

Strontium wird über die Nahrung und das Wasser aufgenommen und über den Verdauungstrakt resorbiert. Die Resorption erfolgt durch einen Mechanismus, der dem von Calcium ähnelt, da Strontium und Calcium chemisch ähnlich sind [3]. Die renale Ausscheidung von Strontium ist ebenfalls durch den Calciumspiegel im Körper reguliert. Der durchschnittliche erwachsene Mensch enthält ungefähr 320-400 mg Strontium [6], wobei natürlich Alter, Geschlecht und Ernährung eine rolle Spielen. Das Strontium ist dabei hauptsächlich in Knochen und Zähnen gespeichert, wo es etwa 0,03-0,04% des gesamten Knochenminerals ausmacht [3].

Zwar helfen Strontium-Ergänzungen bei einigen Indikationen, welche ich nachfolgend noch vorstelle, jedoch wird nicht ausgeschlossen, dass einige der positiven Effekte von Strontium in Bezug auf die Knochengesundheit aufgrund seiner chemischen Ähnlichkeit zu Calcium zustande kommen könnten. Meint: Strontium könnte in bestimmten Situationen als Calciumersatz dienen, ohne jedoch für die normalen Körperfunktionen unbedingt erforderlich zu sein. Allerdings gehe ich eher nicht von einem Calcium-Mangel als Ursache der Wirkung von Sr aus.

So scheint Strontium sowohl eine anabole Wirkung (-> stimulierend) auf die Knochenbildung durch Osteoblasten als auch eine antiresorptive Wirkung auf die Knochenresorption durch Osteoklasten zu haben (-> weniger Knochenabbau) [14]. Ein Mangel an Strontium ist bei Menschen nach Studienlage selten, da der Bedarf des Körpers an Strontium sehr gering ist bzw. sei. Es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass ein Mangel an Strontium zu einer verminderten Knochenmineralisierung und einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche führen kann [3]. Zudem korreliert ein niedriger Strontiumspiegel nach Cutler mit Karies, weichen Knochen und Herzerkrankungen [2]. Das waren für mich dann auch genug Gründe diesen Artikel zu verfassen.

Relevant ist für mich im Kontext einer Ergänzung auch, das während der Calciumgehalt der Körperflüssigkeiten und -Gewebe einer strengen homöostatischen Kontrolle durch hormonelle Mechanismen unterliegt (-> kaum schwankt), der Strontiumgehalt (im Serum) deutlich erhöht wird. Bei Menschen, die etwa 200 bis 300 mg/ pro Tag an Sr erhielten, betrug das Strontium-Calcium-Verhältnis im Durchschnitt 1:18, während es bei Personen, die eine Standarddiät erhielten, bei 1:2247 lag [3]. Letzteres ist für mich schon eine starke pharmakologische Auswirkung, die bei allem bedacht werden sollte.

Da Strontium und Calcium, wie schon angeführt, chemisch ähnlich sind, kann Strontium als ein kompetitiver Inhibitor von Calcium in verschiedenen physiologischen Prozessen wirken. Zum Beispiel kann Strontium die Ca2+-Kanäle in Zellmembranen beeinflussen und dadurch die intrazelluläre Calciumkonzentration modulieren [4].

Insgesamt deuten die derzeitigen Erkenntnisse darauf hin, dass Strontium eine Rolle bei der Knochengesundheit und Zahngesundheit spielen kann. Die genauen Mechanismen, durch die Strontium seine Wirkungen ausübt, sind, soweit ich die Studienlage verstehe, jedoch noch unklar.

Übersicht über die (zugeschriebenen) gesundheitlichen Wirkungen

Die nachfolgend aufgeführten und Strontium zugeschrieben Wirkungen sollten mit Vorsicht gelesen werden, da diese meist mit Studien überprüft bzw. erzielt worden sind, welche im Vergleich zur täglichen Zufuhr durch Nahrung, ca. 100 mal höhere Dosierungen verwendeten. Doch dazu später mehr. Primär bezieht sich die Studienlage zu Strontium-Verbindungen dann auch auf:

  • Osteoporose / Osteoarthritis,
  • Knochen-Frakturen,
  • Knochenmineralisierung und -formation,
  • Dentinhypersensibilität (Zahnpasta) und
  • teils auch Zahn-Mineralisierung

Wer mit diesen Themen keine Probleme hat, dem würde ich schon vorab empfehlen Strontium-Verbindungen nicht in einem Supra-Physiologischen Bereich zuzuführen. Doch auch dazu mehr in den folgenden Abschnitten.

Osteoporose, Knochenmineralisierung und -formation & die Studienlage

Eine der wichtigsten Studie in Bezug auf die Osteoporose ist sicherlich die von Reginster et al. (2005) [9] durchgeführte “Spinal Osteoporosis Therapeutic Intervention” (SOTI) Studie. In dieser doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Strontiumranelat bei der Behandlung der postmenopausalen Osteoporose untersucht. Die Studie umfasste 5091 postmenopausale Frauen, dauerte drei Jahre und verwendete Dosierungen von 2 g / Tag Strontium-Ranetlat.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Frauen, die Strontiumranelat erhielten, eine signifikante Verringerung des Risikos für Wirbelbrüche im Vergleich zur Placebogruppe aufwiesen. Die Forscher Schreiben u.a. [9] (deepl.com):

“Diese Studie zeigt, dass Strontiumranelat das Risiko für alle nicht-vertebralen Frakturen und in einer Hochrisiko-Untergruppe auch für Hüftfrakturen über einen Zeitraum von drei Jahren signifikant verringert und gut verträglich ist.”

Zu den Nebenwirkungen führen die Forscher aus, das die Behandlung wurde gut vertragen wurde und die Häufigkeit der Nebenwirkungen zwischen den beiden Gruppen ausgeglichen war, ebenso wie die schwerwiegenden Nebenwirkungen (24,7 % in der Strontiumranelat-Gruppe und 24,4 % in der Placebo-Gruppe). Dazu aber noch weiter unten mehr.

Darüber hinaus wurde in präklinischen Studien gezeigt, dass Strontium die Aktivität von Osteoblasten (Knochen aufbauende Zellen) fördert und gleichzeitig die Osteoklastenaktivität (Knochen abbauende Zellen) in Estradiol E2 Defizienten Ratten hemmt [17], wobei jedoch sehr hohe Dosierungen verwendet wurden (-> 77, 154, or 308 mg pro Kg und Tag).

Andere Studien wollen dann aber keine Effekte bei Ratten mit 450 mg / Kg / Tag gefunden haben [18] (-> “In the present study, we were unable to find any beneficial or harmful effects of strontium ranelate on fracture healing.”) , wobei ich diese Dosierung führ mehr als Übertrieben halte.

In der klinischen SEKOIA-Studie (ca. 3 Jahre) [19] wurde Strontiumranelat im Zusammenhang mit Osteoarthritis untersucht. Die Studie an 1683 Patienten, denen zur Hälfte 1 oder 2 g / Tag Sr-Ranelat gegeben wurde, zeigte, dass Strontiumranelat die Verschlechterung der Gelenkstruktur bei Osteoarthritis-Patienten verlangsamen und die Schmerzen verringern könnte. Die Forscher schreiben (Deepl.com):

“Die Behandlung mit Strontiumranelat 1 und 2 g/Tag ist mit einer signifikanten Auswirkung auf die Struktur bei Patienten mit Kniearthrose verbunden, und eine positive Auswirkung auf die Symptome bei Strontiumranelat 2 g/Tag”.

Soweit so gut.

Zahngesundheit (Dentinhypersensibilität)

Strontium wird seit 1956 als Mittel zur Behandlung von Dentinhypersensibilität (DS) untersucht. Damals berichtete Pawlowska über die positiven Eigenschaften einer 25%igen Strontium-Wasser-Lösung und einer 75%igen Glycerinpaste. Strontiumchlorid, der ursprüngliche Wirkstoff von Sensodyne® , wurde ebenfalls erstmals vor über 50 Jahren kommerziell eingeführt. [20]

Eine Metastudie [20] untersuchte in 2012 die Studienlage mit Fokus auf Strontium-Chloridhexahydrat und Strontium-Acetat, welches die gängigen Strontiumverbindungen sind, die in Zahnpasten zur Behandlung von Dentinhypersensibilität verwendet werden. Beide können vorgeblich die Empfindlichkeit von Zähnen reduzieren, indem sie die Dentintubuli verschließen und die Bewegung von Flüssigkeiten im Inneren der Tubuli blockieren, die Schmerzreize auslösen können. Allerdings mag ich hier schon anmerken, das viele Studien als Kombination verschiedener Wirkstoffe durchgeführt wurden, speziell auch mit dem neurotoxischem Fluor. Wichtig ist jedoch, das bis heute nicht klar ist, wie Strontium wirkt [20] (deepl.com):

“Strontium hat mehrere mögliche Wirkmechanismen zur Linderung von DS, obwohl es nur wenige Beweise gibt, die einen von ihnen unterstützen“.

Ein möglicher Mechanismus ist die Ausfällung von Partikeln auf der Oberfläche des Dentins, die die Flüssigkeitsbewegung verhindern. Strontium kann aufgrund der ähnlichen Chemie zu Calcium dieses in Hydroxylapatit ersetzen, wodurch demineralisiertes Dentin gestärkt würde. Es wurde zudem gezeigt, dass Strontium in Knochen, Zahnschmelz und Dentin eingebaut werden kann.

Während nach [20] eine Reihe von Studien die Wirksamkeit von 10%iger Strontiumchlorid-Zahnpasta im Vergleich zu einer inaktiven Kontrollgruppe belegen, behaupten mehrere neuere Studien, dass eine Behandlung mit Strontium keinen Nutzen bringen würde – zumindest mit der Chlorid-Form. So wurde Strontium-Chlorid größtenteils durch Strontium-Acetat ersetzt, da dieses in klinischen Studien eine höhere Wirksamkeit hatte.

Vorkommen in der Nahrung: Meeresfrüchte & Algen: Top!

Vorab ist wichtig zu wissen, das die Strontium-Konzentration in Lebensmitteln je nach Anbau- und Umweltbedingungen stark variieren können. Studien sind oft begrenzt und beziehen sich auf regionale Daten. In diesem Abschnitt versuche ich deswegen, basieren auf verschiedenen Studien, einen Bereich für die wichtigsten Lebensmittelgruppen anzugeben. Nachfolgend eine Tabelle u.a. basierend auf [5][6][7]:

  • Meeresfrüchte (insbesondere Muscheln, Austern und Garnelen) – 4500-11000 µg/100 g
  • Algen (z. B. Wakame, Kombu) – 2000-8000 µg/100 g
  • Blattgemüse (insbesondere Spinat, Grünkohl und Mangold) – 1000-4000 µg/100 g
  • Getreideprodukte (Weizen, Roggen, Hafer, Gerste) – 1200-3500 µg/100 g
  • Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen, Bohnen) – 1000-3000 µg/100 g
  • Trockenfrüchte (Feigen, Datteln, Rosinen) – 800-2500 µg/100 g
  • Milchprodukte (Kuhmilch, Käse) – 700-2000 µg/100 g
  • Nüsse und Samen (Mandeln, Walnüsse, Sesamsamen) – 500-1500 µg/100 g
  • Fleisch (Rind, Lamm, Schwein, Geflügel) – 300-1200 µg/100 g
  • Kartoffeln – 300-1000 µg/100 g
  • Wurzelgemüse (Karotten, Rüben, Sellerie) – 200-800 µg/100 g
  • Tomaten – 150-600 µg/100 g
  • Zwiebeln und Knoblauch – 150-500 µg/100 g
  • Pilze (Champignons, Shiitake, Austernpilze) – 100-500 µg/100 g
  • Reis – 100-400 µg/100 g
  • Obst (Äpfel, Bananen, Trauben) – 50-300 µg/100 g
  • Grüner Tee – 50-200 µg/100 g
  • Eier – 30-150 µg/100 g
  • Fisch (z. B. Lachs, Thunfisch, Kabeljau) – 20-150 µg/100 g
  • Honig – 10-50 µg/100 g

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Korrektheit, da ich hier auch noch Angaben verwendet habe die nicht in den Studien zu finden sind. Allerdings sind die Daten aus Lebensmitteldatenbanken oder anderweitigen Auflistungen im Internet nie richtig auch Ihre Quellen überprüfbar. Klar wird: Meeresfrüchte, aber kein Fisch und Pflanzennahrung sind im Vorteil. Algen haben zwar viel Strontium pro 100 g, aber hiervon können wegen dem vielem Jod nur Kleinmengen pro Tag verzehrt werden.

Als durchschnittliche Zufuhr über die Nahrung geben verschiedene Studien 1-5 mg / Tag [6] bzw. 0,5-1,5 mg / Tag [7] an. Allerdings ist dies für mich auf Basis der hier aufgeführten Tabelle nicht ganz plausibel, so dass ich auf Basis der Tabelle und einer abwechslungsreichen Ernährung mit viel Gemüse mindestens 5 mg / Tag erwarten würde.

Strontium Status: Was taugen Blut- und Haarwerte?

Strontium-Serumspiegel nach oraler Verabreichung von 0,5 g Strontiumgluconat an eine nüchterne Person. Quelle: [3]

Cutler schreibt in Bezug auf die Haar-Analyse [2], das der Strontium-Spiegel im Haar den Körperbestand genau repräsentiert, wenn der Mineralstofftransport normal ist, also keine Belastung mit Quecksilber (u.a. aus Amalgam) vorliegt. Im Falle, das der Mineralientransport gestört ist, korreliere der Strontium-Spiegel in der Regel mit dem Calciumspiegel. Wenn der Strontium-Wert im Haar hoch ist, gleichzeitig jedoch auch Calcium und Magnesium (in ähnlicher Weise) erhöht sind, dann ist dies nach Cutler nicht kritisch. Ist Strontium hoch, jedoch Mg und Ca nicht, dann empfiehlt Cutler mehr Ca und Mg zuzuführen, eine ggf. hohe Vitamin-D-Zufuhr zu reduzieren und Expositionsquellen ermitteln, um die Aufnahme von Strontium zu verringern.

Zur Messung von Strontium-Konzentrationen im Blut habe ich primär Information zur Bestimmung im Serum gefunden. Diese spiegelt jedoch hauptsächlich den kürzlich aufgenommenen Strontiumgehalt wieder [3]. Da Strontium in den Knochen gespeichert wird, repräsentiert es nicht den Körperbestand. Serum-Strontium kann jedoch verwendet werden, um die aktuelle Exposition gegenüber Strontium zu bewerten [6][12].

Normalerweise liegen die durchschnittlichen Serum-Strontium-Konzentrationen wohl im Bereich von 20 bis 80 µg/L, wobei höhere Werte in Regionen mit erhöhten Strontiumgehalten im Trinkwasser und in der Ernährung auftreten können [8]. In einer Studie die ich noch gefunden hatte [12] lagen die durchschnittlichen Serum-Konzentrationen von Strontium im Bereich von 25 bis 120 µg/L. Die Autoren dieser Studie stellen fest, dass die Konzentration an Strontium im Serum von verschiedenen Faktoren abhängen, wie z. B. Alter, Geschlecht, Ernährung und geografische Region.

Strontium-Formen für die (Nahrungs-) Ergänzung: Faktisch keine Auswahl.

Es gibt verschiedene Formen von Strontium, die als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) oder in klinischen Studien verwendet werden. Für folgende Formen habe ich Daten gefunden:

  • Strontiumcitrat (CAS-Nummer: 813-97-8, SrC6H5O7)
    • Ist eine Verbindung, bei der Strontium-Ionen an Citrat-Ionen gebunden sind. Es gilt als gut resorbierbar und biologisch verfügbar [8] und ist dem Chlorid überlegen [11]. Der Strontium-Anteil liegt bei ca. 31,1%. Die Bioverfügbarkeit würde ich im Bereich von ~ 30% verorten.
  • Strontiumranelat (CAS-Nummer: 135459-87-9, 2Sr(C12H6NO8S2))
    • Dieses ist als Protelos oder Osseor erhältlich und wurde in vielen klinischen Studien zur Behandlung von Osteoporose untersucht [8][9]. Es ist Rezeptpflichtig, nicht in allen Ländern zugelassen, wird mit Problemen in Verbindung gebracht [10] und die Ranelat-Verbindung ist eher unüblich. Der Strontium-Anteil liegt bei ca. 25,7% beträgt. Die Bioverfügbarkeit soll um die 25% (in Ratten) betragen [12].
  • Strontiumchlorid (CAS-Nummer: 10476-85-4)
    • Leicht verfügbare und kostengünstig. Kann im Magen leicht in Strontium- und Chloridionen dissoziiert, was zu einer verringerten Bioverfügbarkeit von Strontium führen kann. Es gibt im Verglich zu Citrat- und Ranelatformen wenig Studien. Die Bioverfügbarkeit soll um die 27% betragen [8].
  • Strontiumcarbonat (CAS-Nummer: 1633-05-2)
    • Leicht verfügbare und kostengünstig. Hat eine geringere Löslichkeit im Wasser als die anderen Formen, was die Bioverfügbarkeit von Strontium im Körper beeinträchtigen kann. Zur Studienlage gilt ähnliches wie zur Chlorid-Form.

Zu den Formen Strontium-Acetat (oft in Zahnpasta) sowie Gluconat und Laktat habe ich keine Recherchen getätigt.

Zu beachten ist, das Strontium (Sr) in der Natur (und sicher auch im Wasser) als mineralische Ablagerungen von Celestin (Strontiumsulfat) und Strontianit (Strontiumcarbonat) vorkommt.  Das Chelat Strontiumcitrat ist jedoch keine natürliche Verbindung, sondern synthetisch aus Strontium-Mineralien und Citrat hergestellt. Das finde ich nicht schlimm, wollte es hier jedoch anmerken. Aus meiner Sicht ist es jedoch nicht schwierig sich hier für einen Kandidaten zu entscheiden, wenn Strontium ergänzt werden soll: Die Citrat-Form, alternativ das Carbonat. Alle anderen Formen sind den Citrat in der Bioverfügbarkeit  potentiell unterlegen, es mangelt Ihn an Studien. Ganz übel ist für mich jedoch das Ranelat, denn es gibt für mich auch keinen Grund für diese Verbindung außer etwas patentfähiges “zu basteln”.

Welche Dosierungen bei der Ergänzung nutzen? Überlegungen im Kontext des Körperbestands, der Nahrungszufuhr und der Studien

Wer die Strontium-Mengen in Bezug auf Körperbestand, Nahrungszufuhr und Nahrungsergänzungsmittel vergleicht, setzt, der wird sich sicherlich, wie auch ich, wundern und Fragen ob die in den Studien verwendeten Dosierungen (bis 2 g  / Tag) sinnvoll und zweckmäßig sind. Hierzu einige Überlegungen aus den vorherigen Abschnitten:

  • Körperbestand ca. 320-400 mg.
  • Zufuhr durch Nahrung von optimistisch 5 mg / Tag,  ggf. 1,5-2 mg Netto.
  • Dosierungen von Nahrungsergänzungsmitteln von ca. 200-750 mg / Tag (bereits der Netto-Strontium-Anteil der Citrat-Verbindung) mit ca. 30% Bioverfügbarkeit.
  • Studien, welche oft 2 g Ranelat-Verbindung (Brutto) mit ca. 680 mg Strontium (Netto) nutzten, was ca. 25% Bioverfügbarkeit hat.

Bei ~ 750 mg Strontium (Netto) pro Tag und > 30% Bioverfügbarkeit der Citrat-Verbindung wird ja fast so viel Strontium zugeführt, wie der Körper enthält. Für mich ist das erst einmal nicht physiologisch und ich frage mich, wie man auf solche hohen Dosierungen kommt – Studienlage mit der Ranelat-Verbindung hin oder her.

Dabei haben sich die Hersteller von NEM wohl an den relativ hohen Strontium-Mengen aus klinischen Studien, die untersucht haben, wie Strontium den Knochenstoffwechsel und die Knochendichte beeinflusst, orientiert, wie z.B. Meunier et al., 2004 [8], Reginster et al., 2005 [9]. In diesen Studien wurden täglich Dosen von etwa 2 g Strontiumranelat verabreicht, was etwa 680 mg elementarem Strontium entspricht. Natürlich sind Strontiumcitrat und das Ranelat nicht direkt vergleichbar, jedoch in Bezug auf das enthaltene Strontium ungefähr.

Für mich sind die Dosierungen in vielen (US-) NEM ganz klar keine physiologischen mehr, sondern nutzen pharmakologische Effekte. Welche das sind mag ich hier nur spekulieren, da auch die Studienlage hier nicht eindeutig ist:

  • Kompensatorische Effekte: Eine mögliche Erklärung für die Wirkung hoher Dosen könnte sein, dass diese kompensatorische Effekte auf die Knochen haben, indem sie die Knochenbildung fördern und den Knochenabbau hemmen.
  • Konkurrenz mit Calcium: Strontium konkurriert möglicherweise mit Calcium um die Aufnahme in den Knochen, da die beiden Elemente chemisch ähnlich sind. Bei höheren Dosen an  Strontium könnte die Konkurrenz zwischen Strontium und Calcium dazu führen, dass mehr Strontium in den Knochen eingebaut wird, was möglicherweise zu einer erhöhten Knochendichte führt, wenn das Strontium vorher mangelte.

Zu bedenken mag ich noch geben, das die potentielle Wirkung von Strontium auf das Knochenwachstum auf seiner Fähigkeit beruht, Calcium in Knochen und Enzymen zu ersetzen, was es jedoch nicht als essentiellen Nährstoff qualifiziert. Wo die Substitution von Ca durch Sr in den Knochen einige wünschenswerte Auswirkungen haben kann, ist die Substitution an anderen Stellen im Körper nicht erforscht und ist bei den in den Studien benutzen hohen Dosen an Ranelat aus meiner Sicht eher kritisch zu sehen.

Wichtig mag noch sein, das die Einnahme von Strontium(citrat) mit der Absorption anderer Mineralien wie Calcium, Magnesium und Phosphor interagieren [11]. Wenn dieses relevant ist, sollten hohe Dosen an Strontium zeitlich getrennt von Nahrungsergänzungsmitteln oder Lebensmitteln, welche diese Mineralien enthalten, eingenommen werden.

Klar ist für mich: Das optimale Dosisfenster von Strontium-Citrat (oder Chlorid) als Nahrungsergänzungsmittel ist unklar. Ich selber würde es nur beim Mangel (-> Haaranalyse) und dann auch nur in geringeren Dosen bis max 50 mg (Netto) pro Tag, z.B. als Citrat- Verbindung, zuführen.

Nebenwirkungen einer Ergänzung (mit hohen Dosen)

So wie ich die Studienlage verstehe werden Dosierungen mit der Ranelat-Verbindung von 2 g Brutto (ca. 680 mg Netto) über lange Zeiträume (Jahre) und ohne große (negative) Auffälligkeiten verwendet [9].

Allerdings gibt es seit 2014 eine Sicherheitswarnung in Bezug auf das Ranelat seitens der EMA [10][15], so dass die Verwendung, zumindest der Ranelat-Verbindung, nur noch in schweren Osteoporose-Fällen stattfinden soll. Die EMA weist auf ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hin. Betroffen sind insbesondere Patienten mit bereits bestehenden kardiovaskulären Erkrankungen oder einem erhöhten Risiko für solche Erkrankungen (u.a. Herzinfarkten, Schlaganfällen und venösen Thromboembolien). Aus dem Bericht der EMA (Deepl.com) [10]:

“Es gab eine besorgniserregende, erhöhte Melderate bei Strontiumranelat speziell für Begriffe im Zusammenhang mit Embolie und Thrombose“.

Hintergrund: Die Überwachung des Arzneimittels während und nach der Studie ergab, dass das jährliche Risiko für Embolien und Thrombosen bei Patienten, die Strontiumranelat einnahmen, um 50 % erhöht war. Die EMA kam auch zu dem Schluss, dass Störungen des Nervensystems bei Strontiumranelat-Anwendern ebenfalls häufiger auftreten:

“Insbesondere Berichte über ZNS-Wirkungen wie geistige Beeinträchtigung, Bewusstseinsstörungen, Gedächtnisverlust/Amnesie und Krampfanfälle geben Anlass zur Besorgnis”

Zudem gab es eindeutige Auswirkungen auf die Integrität der Skelettmuskelzellen, wobei die klinische Bedeutung dieser Auswirkungen unbekannt ist. Die kardiovaskulären Probleme sind für mich logisch nachvollziehbar, da der Ca- und Elektrolyte-Regulation durch diese hohen mengen an Calcium-Analoga bzw. Antagonisten definitiv beeinflusst wird.

Cutler [2] schreibt, das eine Toxizität von Strontium (-> Vergiftung und bei Dosen weit über den 2 g Brutto) zu Muskelschwäche, Rachitis und Knochenschwäche führt. Zudem kann es auch die Bänder schwächen und Muskelkrämpfe verursachen. Dies scheint vor allem in den Beinen und Füßen aufzutreten. Kinder sind nach Cutler anfälliger für Strontiumtoxizität als Erwachsene. Zudem ist Dosis von Strontium umso gefährlicher, je weniger Calcium zugeführt wird. Allerdings sprechen wir hier wohl von Dosierungen weit jenseits der 100 mg / Tag.

Generell werden Strontiumcitrat weniger Nebenwirkungen als Strontiumranelat zugeschrieben. Bei höheren Dosierungen werden jedoch gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall oder Magenschmerzen beschrieben, wobei diese vermehrt ab 600 mg / Tag auftreten sollen [3].

Im Zusammenhang mit einer hohen Strontium-Zufuhr wird auch das DRESS-Syndroms beschrieben. Das Hauptmerkmal dieses Syndroms ist das generalisierte Exanthem der Haut (-> jede Form eines großflächigen, in der Regel gleichförmigen Hautausschlags). Es tritt in der Regel 1-4 Wochen nach der Einnahme auf, in seltenen Fällen kann es auch nach erst 8 Wochen auftreten. [16] Das passt ebenfalls zu der EMA-Warnung aus 2014 wo auch ein erhöhtes Risiko für schwere allergische Hautreaktionen, einschließlich Stevens-Johnson-Syndrom und toxischer epidermaler Nekrolyse.

Mein Fazit

Der Calcium-Stoffwechsel im Kontext Knochen & Arteriosklerose sowie die Rolle von Vitamin A, C, D, K sowie Magnesium, Collagen und den (Steroid-) Hormonen. Bild: H.C. Fricke

Strontium (-Ranelat) könnte in Placebo kontrollierten Doppelblindstudien nicht wirkungsvoll sein, wenn es nichts machen würde. Allerdings hat aus meiner Sicht keiner die Unterschiede der verschiedenen Osteoporose- und Calcium-Metabolismus-“Management” Ansätze verglichen und mal geschaut was für irre hohe Dosen an Strontium im Vergleich zur geschätzten normalen täglichen Zufuhr verwendet werden. Über 100 mal mehr als eine schon hoch angesetzte tägliche Zufuhr? Mineralien und Spurenelemente sind keine wasserlöslichen Vitamine!

Ich habe mich nicht in viele Studien vertieft eingelesen, jedoch könnte ich mir vorstellen, das Sr als Ca-Antagonist in einer Weise funktioniert, welche viele Forscher nicht bedenken. In jedem Fall verdrängt Sr das Ca – auch in den Knochen. In welchen Ausmaß das gut sein könnte weiß ich nicht. Klar: Zu viel Calcium, was in der Regel bei vielen Menschen der westlichen Welt der Fall sein dürfte, ist nicht nur aus meiner Sicht problematisch. Nun das zu viele Ca mit (zu viel) Sr zu ergänzen scheint für mich auf den ersten Blick keine sinnvolle Langzeit-Strategie.

Ggf. interagiert Sr auf irgend einer Weise antagonistisch in Bezug auf zu hohe Ca-Spiegel und dem Ca-Influx in Zellen durch eine Ca2+-Kanal Aktivierung. Das währe ein interessanter Gedanke. Ggf. reicht ja eine potentielle Reduzierung des Ox-Stresses durch Sr schon aus, die Knochen und Knorpel besser werden zu lassen, weil weniger Vitamin C & Co. “verbraucht” wird? Wer weiß. Was alternativ, in der Vergleichsgruppe, 2000 mg Vitamin C oder 4000 I.E. Vitamin D3 (+K2) machen würden, darauf hat keiner geschaut. Warum auch, denn das Ergebnis wäre sicherlich nicht verkaufsfördernd.

Letztendlich ist mein Fazit, das mit einer Ergänzung von Strontium “nicht so viel zu reißen” ist, weswegen ich meine Zeit lieber in andere (Recherche-) Projekte investiere. Ich kann mir aber vorstellen ein paar mg pro Tag zu ergänzen, da eine Sr-Ergänzung nach Studienlage bei geringeren Dosen keine Nachteile zu produzieren scheint.

Was tun bei Osteoporose & Co.

Ich denke, dass eine sinnvolle Zufuhr an Magnesium (-> Ca-Antagonist), Vitamin D und insbesondere Vitamin K2, aber auch Bor sowie ein ausgeglichener Hormonhaushalt bei Osteoporose und auch für die Zahngesundheit deutlich erfolgsversprechender sind als eine Ergänzung mit Strontium. Fehlt z.B. an Progesteron, dann hat auch dies Konsequenzen für die Knochenbildung. Insofern würde ich Strontium nicht als erstes oder einziges Mittel zur Behandlung einer Osteoporose nutzen.

Im obenstehenden Schaubild habe ich meine Sicht auf Calcium & Co. “verdichtet”, wobei alles in diesem Artikel nachzulesen ist. Strontium spielt bei dieser Sicht keine Rolle. Ggf. hat es eine kleine, was ich auf Basis der gelesenen Informationen zu Strontium nicht bewerten kann.

Zu den Dosierungen…

“Mega-Dosen” von Strontium, in Relation zum Körperbestand und der täglichen geschätzten Zufuhr im oberen Bereich von ca. 4-5 mg halte ich nicht für sinnvoll. Insofern würde ich bei einer hilfsweisen Ergänzung den Faktor 10 der täglichen normalen Aufnahme nicht überschreiten wollen. Das entspräche maximal 50 mg Netto an Strontium. Aber auch diese Menge würde ich nicht über Monate und Jahre konstant zuführen wollen. Klar ist jedoch für mich auch: Die Effekte in den Studien zu Strontium waren Dosisabhängig und bei 2 g  / Tag gab es wohl tendenziell mehr positive Effekte als bei 1 g  / Tag.

Schaue ich auf die heute übliche Ernährung, dann ist aus meiner Sicht ein chronische Mangelzufuhr an Strontium bei vielen Menschen durchaus möglich. In diesem Kontext könnte Strontium in den Knochen und Zähnen sowie anderen, noch unbekannten Prozessen im Körper fehlen. Um das Strontium dort schnell zu remineralisieren bzw. anzureichern kann ich mir vorstellen, das dies potentiell mit höheren Dosierungen an Strontium schneller möglich ist. Wie viel Strontium dosisabhängig in die Kochen eingebaut wird ist für mich jedoch nicht klar. Wenn ein Mangel jedoch über Jahrzehnte bestand, dann wird eine Nahrungsergänzung, auch mit hohen Dosen, einen eventuellen Mangel nicht in ein paar Tagen korrigieren, jedoch andere Prozesse stören.

Interessant wäre es nun zu wissen, welche Dosierungen die Zahn- und Knochenformation, speziell in Bezug zu ggf. negativen Seiteneffekten und den Körperbestand, am besten optimieren. Diese Frage ist aus meiner Sicht jedoch offen.

Was ich “nicht” tun würde

Ganz klar würde ich keine Ranelat-Verbindung verwenden. Diese scheint mir selber eine (unübliche) Verbindung zu sein, die ggf. extra entwickelt wurde um Sie zu patentieren. Da dieses Strontium jedoch Verschreibungspflichtig ist, stellt sich die Frage sicherlich für kaum jemanden.

Hingegen scheinen Citrat-Verbindungen gut resorbierbar und im allgemeinen als Sicher angesehen (-> vergl. u.a. Zink-Citrat, Magnesium-Citrat). Ggf. ist die Problematik von Ranelat auch ein Grund warum Sie in den USA nicht (zur Behandlung von Osteoporose) zugelassen ist. Die Warnungen der EMA aus 2014 [10] bestätigen aus meiner Sicht diese Vorbehalte. Ob die beobachteten Nebenwirkungen nun speziell von dieser Verbindung ausgehen – oder eher von den unphysiologisch hohen Dosen an Strontium bzw. von beidem, ist aus meiner Sicht jedoch nicht geklärt.

 


Links / Quellen

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