Buchkritik: Epi-Paleo RX von Dr. Jack Kruse

Buch: Epi-Paleo RX - The Prescription for Disease Reversal and Optimal Health (Dr. Jack Kruse)

eBuch: Epi-Paleo RX (Dr. Jack Kruse)

Nachdem ich schon einiges hier im Blog über (den durchaus kontroversen und polarisierenden) Dr. Jack Kruse geschrieben habe – bin ich endlich mal dazu gekommen sein Buch ‘Epi-Paleo RX – The Prescription for Disease Reversal and Optimal Health’ zu lesen. Da die eBook Version für deutlich weniger Geld über die Theke geht als die Druckausgabe, habe ich mal wieder auf diese zurückgegriffen.

Vorab: Meine Ansicht zu diesem Buch ist sehr gemischt und meine Kritik fast länger als die Zusammenfassung des Buches. Ich habe es nur noch zu Ende gelesen und auch diese Kritik geschrieben um das ‘Projekt Kruse’ zu Ende zu führen, weil Kruse aus meiner Sicht schon ziemlich Genial ist, eine gute Basis-Botschaft hat. Leider scheint Kruse – zumindest zu dem Zeitpunkt als der das Buch geschrieben hatte – einige Abbieger gemacht zu haben, die ich nicht mehr nachvollziehen kann.

Worum geht es im Buch grundsätzlich?

Das Buch spiegelt die Geschichte von Dr. Kruse wieder – der als Arzt selber gesundheitliche Probleme hatte, welche er (irgendwann) nicht mehr ignorieren konnte. Auf der Suche nach Ursachen und Lösungen ist er seinen Aussagen dann auf verschiedenste Sachen gestoßen.

Im Kern dreht sich dann im Buch alles um die so-genannte Leptin-Resistenz – als Ausgangspunkt für sehr viele Krankheiten (Übergewicht, Diabetes, etc. pp) und die dahinterliegenden hormonelle Ungleichgewichte. Kruse streift jedoch viele Gebiete, u.a.:

  • Analyse des Gesundheitsstatus auf Basis von (vielen) Blut– und anderen Werten & Markern (Bio-Hacking)
  • Osteoporose, Übergewicht & Diabetes II, Herzkrankheiten
  • ‘Leaky Gut’ und Autoimmun-Krankheiten
  • Neurologische Störungen, Nervensystem und Altern

Er behandelt dann immer (aus seiner Sicht), Ursachen, Blutwerte  zur Diagnose und gibt dann Vorschläge in Bezug auf das eigene Verhalten, das Essen, Supplemente, Sport & Bewegung, etc. pp – wobei ich bei einigem nicht mit gehen kann.

Dr. Kruses Lösungen?

Als Lösungsstrategie – und das nehme ich hier schon mal vorweg – schlägt er (fast immer) eine sehr fleisch- und fettlastige modifizierte ‘Paleo’-Ernährung vor. Wer jetzt von einem veganen, vegetarischen oder sonstigen Hintergrund kommt und denkt: ‘Paleo’ – hier muss ich nicht weiterlesen, der sollte dieser Kritik zumindest eine Chance geben, denn Kruse hat auch noch andere Aspekte. Leider ist das Buch schon einige Jahre alt und integriert die aktuellen Themen von Kruse wie Licht und EMF nur sehr eingeschränkt.

Kruse mag er mit seiner Lösungsstrategie als ‘einzigen’ Weg deutlich über das Ziel hinausschießen. Warum? Im Buch sind für Ihn insbesondere entzündliche Prozesse, ein gestörter Magen & Darm sowie, eine Fehlfunktion der Leber (Entgiftung) und ein gestörter Hormonhaushalt (u.a. Leptin) die Ursachen für (fast) alle Störungen. Grund dafür sind nach Ihm u.a. industriell verarbeitete Kohlenhydrate (Zucker, HCFS, etc.), (hoch erhitzte) Fette, Medikamente & Co. Das sehen auch faktisch alle Ärzte denen ich so folge genauso. Soweit so gut – oder auch nicht.

Im Buch tut sich Kruse dann jedoch schwer zwischen den unverarbeiteten (und komplexen) Kohlenhydraten im Kontrast zu denen industrieller Herkunft zu differenzieren – was meiner Erfahrung nach (leider) sehr oft im Paleo- und Low-Carb Bereich anzutreffen ist. Ich sehe das Problem primär in Bezug auf die hoch verarbeiteten und raffinierten Kohlenhydrate im Zusammenhang mit industriell verarbeiteten Fetten, Zusatzstoffen und Medikamenten – nicht jedoch bei Kartoffeln, Hirse oder Reis. Gute (und klinisch) dokumentierte (langfristige) Erfolge der vorwiegend pflanzlichen Doktoren – und auch die Bluezones wie Okinawa & Co. bestätigen das.

So mag Kruses Weg für Ihn und andere im Vergleich zu dem was Sie vorher gemacht haben funktionieren – es muss jedoch nicht der einzige und vor allem nicht der effektivste und optimalste Weg sein. Denn was Kruse im Buch komplett außen vor lässt sind die Probleme die viel Fett und Tierprodukte, also das was Kruse empfiehlt, mit sich bringen.

Ich möchte hier im Beitrag jedoch keine Paleo- und Low-Carb Kritik schreiben. In diesem Kontext kann sich jeder selber informieren bzw. in meinen Artikeln zu Protein, Kohlenhydraten und Fetten einiges lesen.

Allgemeine Anmerkungen

Wichtig Vorab: Das Fach-Englisch zum Lesen des Buches sollte gut sein. Wer sich noch nicht grob mit den verwendeten Begriffen dieser Zusammenfassung (welche aus dem Buch entnommen sind) auskennt, der wird es ggf. schwer haben viele Sachen zu verstehen. Das Buch wendet sich somit an den ambitionierten Leser, der keine Probleme damit hat Fachwörter zu Googlen und weitergehende Literatur zu lesen um den größeren Kontext zu verstehen.

Inhaltsverzeichnis & Vorwort

Nach Angaben Kruses fasst das Buch die ersten 3-4 Jahre in seiner Blog-Artikel (eher Essays) zusammen und ist für den Einstieg gut geeignet. Das Buch gliedert sich in 13 Kapitel, wobei Kruse das Letzte als sein gelungenstes Kapitel bezeichnet.

Introduction

Einiges zu seiner eigenen Geschichte und Kritik am modernen medizinisch-pharmazeutischen Geschäft: Dogma versus Wissenschaft, die Geldverbindung, etc. pp. In vielen Aspekten ließt es sich hier wie in ‘InterEssen’ von T. Campbell – wobei Kruses Wortwahl deutlich ‘direkter’ ist und Campbell viel tiefer und methodischer auf die Hintergründe eingeht.

Kapitel 1. Closing the great divide

Hier geht Kruse zuerst darauf ein, wie stark wir unsere Umwelt und Gewohnheiten inzwischen geändert haben – z.B. Bananen im Winter – was vor 50 Jahren noch die Ausnahme war. Denn nur weil wir etwas machen (Essen) können – bedeutet das nicht das es auch gut für uns ist. Dann folgt eine erweiterte Kritik an Studien – welche oft die Ergebnisse produzieren, die im Interesse der Auftraggeber liegen. Dazu erzählt er eine Geschichte in Bezug auf den gescheiterten HDL-erhöher ‘Torcetrapib’ von Pfizer – die  u.a. den sehr umsatzstarken LDL-Cholesterin-Senker Lipitor produzieren. Dies ist für Ihn dann auch Ausgangspunkt die Thesen in Bezug auf (gesättigte) Fette und die Cholesterin-Hyphothese zu kritisieren – denn nach Ihm erzeugen nicht die Fette die Herzkrankheiten, sondern entzündliche Prozesse in unserem Körper:

“Because lipids don’t cause heart disease. Inflammation does.”

Und er sieht in den Gründen für die Entzündungen dann ganz andere Lifestyle-Faktoren, wobei er natürlich übersieht das gerade erhitzte Fette Glykotoxine, PAKs, heterozyklische Amine und oxidierte Fettsäuren (u.a. oxidiertes Cholesterin -> insb. gebratene Eier) Erzeugen [15], was dann wieder Entzündungen macht [16]. Eine ähnliche These (das fette nicht das problem sind) hat ja auch Dr. Grundry – welcher insb. Weizen (Lektine, WGA) dafür verantwortlich macht. In diesem Kontext folgt auch eine Kritik an den Studien von Dr. Ornish, welcher in einer drastisch fettarmen Ernährung die Lösung in Bezug auf die Herzprobleme sieht. Ornish seine Studie hatte den Patienten nach Kruse wohl nicht nur weniger Fett in der Ernährung verschrieben, sondern auch eine Reihe anderer Lifestyle-Änderungen (u.a. Meditation, Sport, Stressmanagement und kein Rauchen mehr). Kruse stellt nun in Frage das die Fettreduktion für die Ergebnisse (im Kern) verantwortlich war. Darauf folgt dann noch eine allgemeine Kritik an den Ernährungsempfehlungen in Bezug auf weniger Fett.

Eingeschobene Kritik: Ich kann in diesem Kontext nur auf Dr. Esselstyn verweisen, der mit einer fettarmen Ernährung (klinisch) nachweislich gute Erfolge erzielt und Ornish seine Ergebnisse bestätigt hat (wie auch McDougal, Klapper, Lisle, etc. pp). Dr. Gundry merkt hier aus seiner Perspektive an, das eine fettarme Ernährung nur indirekt wirksam wäre, weil indirekt auch schlechte und entzündungsfördernde Fette weg gelassen werden, jedoch das Fett nicht ursächlich sei (was ich jedoch anders sehe).

Viel wichtiger jedoch: Es passiert ja gerade das nicht, was Kruse anprangert: Die US-Bevölkerung hat im Fett- (und Zucker-) Konsum zugelegt – anstatt den Empfehlungen zu folgen. Die offiziellen Empfehlungen – denen faktisch keiner Folgt – als Falsch zu kritisieren halte ich für sehr kurzsichtig. Vor allem: Dies ist keinerlei Beweis dafür das diese Empfehlungen falsch sind – wie Kruse es versucht nahezulegen.

Kapitel 2. Primal Sense: It comes with your biology, so use it.

Weitere Kritik an den offiziellen (FDA/US-) Ernährungsempfehlungen und Lob in Bezug auf Autoren aus der Paleo-Szene (Cordain, Jaminet, Sisson, Davis, etc.) und dem Buch ‘Weizenwampe’. Danach folgt ein eher Essay-Artiger Zukunftsausblick, was auf Basis von DNA-Analyse (u.a. 23andme), KI-Analyse, Gesundheitsdatenvernetzung & Co. ggf. in Zukunft alles möglich wird um die wirklichen Muster hinter den Krankheiten zu erkennen. Dann ein paar Geschichten von einigen seiner Patienten und eine Kritik das es für viele Menschen heute schon normal scheint 10 oder mehr Medikamente ab einen bestimmten Alter zu nehmen – anstatt das System anzuzweifeln. Vieles wird als selbstverständlich hingenommen, nur weil die Menschheit es schon länger so macht – oder eben das eigene (soziale) Umfeld:

“When people learn how badly grains affect human health, it dismantles some of their socialized beliefs.” und “… people think that just because we have been eating bread for 10,000 years it’s OK.”

Eingeschobene Hinweise meinerseits: Als ehemaliger Hobby-Brotbäcker kann ich Kruse in seiner harschen Kritik an Brot & Co. jedenfalls zum Teil inhaltlich zustimmen – denn (richtiger) Sauerteig und aussieben der Kleie bestimmen sehr stark die Verdaulichkeit. Cordains Paper in Bezug auf Getreide [1] hatte auch mich damals sehr nachdenklich gemacht. Inzwischen esse ich fast nur noch (gekeimtes) Pseudo-Getreide wie Buchweizen, weniger Reis + Hirse (nach Gundry in Bezug auf Antinährstoffe o.k.) – verzichte jedoch zu 95% auf alle (Auszugs-) Mehle und auf Weizen. Das ganze ist jedoch gesellschaftlich sehr, sehr tief verankert – und sich aus diesen Mustern (mit allen Konsequenzen) zu lösen fällt vielen Menschen sehr schwer. Auch bei mir war dieses ein jahrelanger Prozess, wobei ich nach meiner Wahrnehmung kein Problem mit wirklich gutem Brot oder Pumpernickel habe.

Kapitel 3. Using Primal Sense to adapt to change

In diesem (kurzem) Kapitel geht es viel im Glaubenssysteme, Motivation & Co. Kruse startet mit einem Zitat von Car Jung, das ich klasse finde:

“Until you make the unconscious conscious, it will direct your life and you will call it fate.”

Zusammenfassung: Ansonsten ist hier inhaltlich für mich nicht viel enthalten – außer einer guten Ladung von Inspiration in Bezug auf den Willen zur eigenen Veränderung und dem Hinterfragen der eigenen (und übernommenen) Glaubenssysteme.

Kapitel 4. The fuels of the Epi-paleo Rx and the current policy of truth in healthcare

Kruse setzt die Kritik am ‘Gesundheits-‘ System fort. Spannend fand ich, das wohl bis ca. 1950 die Ernährung wohl noch einen großen Fokus bei der Behandlung hatte:

“Nutritional therapy was a key feature in medical training in the early half of the 20th century. Between 1910 and 1945, the Columbia Presbyterian Hospital in New York City offered more than 50 unique therapeutic diets for diseases, following Hippocrates’ advice to ‘let food be your medicine.'”

Er selber berichtet, das er in den Archiven seines Hospitals noch verschiedenste Diätpläne gefunden hatte, welche bis in die 1970’er Bestandteil der Behandlung waren – heute jedoch nicht mehr. So werden heutzutage indessen fast nur noch Pillen verschrieben, die dem Pharma-Riesen große Umsätze bescheren. Es folgen dann noch einige weitere Beispiele und rhetorische Fragen zum Ende.

Kapitel 5. What are the Epi-Paleo Rx lab panel techniques to bio hack one’s self

In diesem Kapitel präsentiert Kruse verschiedene Tests, Kenn- und Blutwerte, die seiner Ansicht nach sehr hilfreich sind um den eigenen Gesundheitszustand zu bewerten bzw. Probleme und Ihre Ursachen zu Detektieren. das ganze ist jedoch schon oft sehr speziell – ich musste selber Suchen bzw. nachlesen was er mit einigen Sachen überhaupt meint. Folgendes gibt Kruse dann an:

  1. VO2max
    • ist die maximale Sauerstoffaufnahme (in Milliliter), die jemand pro Minute und pro Kilogramm Körpergewicht bei maximaler Leistung verwerten kann.
  2. DEXA Körperscan
    • Ist wohl mehr als ein einfacher Körperscan mit Knochen, Muskel, Fettmasse & Co. und umfasst auch die Knochendichte und Komposition, etc. pp.
  3. Jährliche neuro-kognitive Tests
    • Um die geistige Fitheit, Reaktionsvermögen & Co. zu bewerten
  4. Chem20 Bluttest
    • Ungefähr sowas wie das Große Blutbild, nur teils andere Faktoren
  5. Leber Funktionstest
  6. Eisen, Ferritin, Eisen-Sättigung und TIBC (Transferrin Sättigung) – alles im Serum
    • Sinnvoll für Schilddrüse und in Bezug auf Erschöpfung
  7. Blutfettwerte (Cholesterin, LDL, HDL, Triglyceride, etc.), VAP in den USA
    • Nach Kruse benutzt er es für die Diagnose der Gehirn-Darm Achse.
    • Hier schreibt Kruse dann noch eine Menge zu Cholesterin, oxidiertem LDL, wie wichtig ein hohes HDL ist, einiges zum hoch-sensitivem C-Reaktivem Protein (hsCRP), Entzündungen generell , die Schilddrüse (T3/T4), die Steroid-Hormonachse (Progesteron, DHEA, Estradiol, Testosterone) und Vitamin D.
    • Er verbindet dann hier das erste mal das ganze mit der Leptin-Resistenz und den daraus folgenden metabolischen Problemen.
  8. Homocystein (im Falle von Osteoporose, neurodegenerativen und Gefäß-Krankheiten)
    • Homocystein ist ein Methionin-Metabolit. Fehlt Vitamin B12, B6, Folat und Betain dann kann Homocystein nicht abgebaut werden. Was die Folgen sind, darauf geht Kruse hier noch ca 1,5 Seiten ein.
  9. Ein großes Blutbild (US: CBC) mit Hb, Hk, MCV, Anz. Rote und weiße Blutkörper
  10. Geschlechtsspezifische Hormon-Tests
    • u.a. Cortisol, gesamt Testosteron, freies Testosterone, DHT, Luteinisierendes Hormone (LH), Folikel-Stimulierendes Hormone (FSH), Estradiol (E2), DHEA-S, PSA, IGF-1.
  11. Komplette Schilddrüsen-Werte (TSH, fT3, fT4, rT3) inkl. Antikörper (TPO, Ab und Tg Ab)
  12. Komplette Urinanalyse
  13. hsCRP (sehr wichtig, günstig und sinnvoll)
  14. Omega 6:3 Serum test
    • Sollte besser oder gleich 4:1 sein.
  15. Insulin (fastend) und HbA1c
  16. Komplettes Vitamin D3 Blutbild (25 OH, 1,25 D, PTH)
    • Hier folgt dann ein längerer Abriss über die Auswirkungen von (zu wenig) Vitamin D.

Insgesamt ein recht interessantes Kapitel. Auf Ferritin, Homocystein, TSH, fT3, fT4, D3 und hsCRP lege ich selber viel Wert. Ein komplettes Hormon-Bild ist jedoch sehr teuer und die meisten Allgemeinärzte werden es kaum interpretieren können.

Kapitel 6. Disease one: Osteoporosis / Osteopenia

Hier erzählt Kruse einiges aus seiner Praxis als Neurochirurg – in der er mit (den Folgen von) Osteoporose täglich zu tun hat. Der Leser erfährt in diesem Kapitel einiges zu Vitamin D3 und warum in Verbindung Vitamin K2 so wichtig ist – und nicht etwa Calcium.

Kruse geht recht tief in den Calcium-Stoffwechsel, die sehr wichtige Rolle von K2 sowie Osteocalcin ein. Er differenziert dabei zwischen Vitamin K1 und K2 – jedoch nicht den Subformen von K2 wie MK2 und MK7. In meinem Artikel zu D3 & K2 wird auch auf einiges in diesem Zusammenhang hingewiesen. Zudem weist Kruse darauf hin, das gerade die Gabe von Calcium in Zusammenhang mit Osteoporose negative Folgen haben kann – was ich ebenfalls schon in meinem Artikel zu Calcium angemerkt hatte. Ganz kritisch wird es nach Kruse wenn Calcium ohne genug K2 verabreicht wird.

Zum Ende bringt er alles wieder in den Kontext von Leptin. Er schreibt u.a.:

“Leptin is a hormone secreted by fat cells, and leptin inactivates osteocalcin via the sympathetic nervous system. Fat cells also release leptin when inflammation is high.”

Worauf ein interessanter Abschweifer zur Insulin-Resistenz und den hormonalen Auswirkungen (Cortisol, DHEA, etc.) von Leptin und einer Leptin-Resistenz gehören. Er greift dann jedoch Cortisol auf, was wenn dauerhaft (mit Insulin) zu hoch, auf die Leber geht. Am Ende dann seine Vorschläge zur Verbesserung der Situation:

  • Zu hohe Cortisol-Spiegel müssen normalisiert werden.
  • Alter und Gewicht sind keine alleinigen Risikofaktoren.
  • Rauchen vergrößert das Osteoporose-Risiko um Faktor 100.
  • Viel Alkohol ist ebenfalls ein Risikofaktor.
  • Kruse vermeidet alle Osteoporose-Medikation und
  • verwendet anstatt hoch dosiertes D3, K2 und Magnesium (jedoch kein Calcium).
  • Er ergänzt die Steroid-Hormone (nur bio-identisch, nie synthetisch).
    • Anm.: Wobei er an anderer Stelle oft sagt, das er nie Hormone ergänzen würde, weil diese der Körper selber macht.
  • Sport bzw. Bewegung (je nach Belastbarkeit) ist essentiell.
  • Keine Nichtsteroidale Antirheumatikum (NSAIDs).
  • etc.  -> Buch kaufen 😉

Vorweg-Kritik: Kruse schreibt, das für eine gute Knochenentwicklung tierisches Protein wichtig sei und pflanzliches Protein sowie Kohlenhydrate das Osteoporose-Risiko deutlich 2,9 bzw. 4,9 mal) erhöhen würden. Alles ohne Referenz, genaue Angaben was da nun konkret verglichen wurde und fern ab von allem was ich je zu diesem Themenkomplex gelesen habe. Nach B. Davis (RD) haben zumindest Rohkost-Veganer ein (leicht) gesteigertes Osteoporose-Risiko – jedoch nur wenn Sie zu wenig Protein (unterhalb der Empfehlungen) verzehren, wobei egal ist ob dieses aus Pflanzen oder Tieren kommt.

Spannend ist hier jedoch auch eine Studie in Bezug auf ketogene Ernährung und Epilepsie (bei Kindern), dem einzigen (klinisch bewiesenem) Fall wo eine Keto-Ernährung ggf. sogar helfen kann [14]. Der Nachteil: 7 von 28 Patienten bekamen Nierensteine und 6 Knochenfrakturen – bei Kindern! Die Ursache kann z.B. durch vermehrte Harnsäure (durch Fleisch & Co.) und das lösen von Bi-Carbonat aus den Knochen zur Neutralisation passieren. Bei letzterem wird auch Calcium gelöst, was zusammen mit Oxalsäure & der Harnsäure Nierensteine bilden kann. Alles nicht gut.

Kapitel 7. Disease two: Obesity

Im Kapitel zu Übergewicht geht es zuerst wieder um die Rolle von Leptin-Resistenz. Dabei haben in der Regel stark Übergewichtige und stark untergewichtige Menschen eine Leptin-Resistenz. Der Einführung schließt sich dann (mal wieder) eine Kritik an Kohlenhydraten (Anm.: ohne Differenzierung) an.

Nachfolgend gibt Kruse einige Blutwerte zur Erst-Diagnose an (rT3, Leptin-Spiegel, Cortisol, Ferritin, hsCRP) und empfiehlt als Lösung eine Paleo-Diät nach L. Cordain oder R. Wolf. Wichtig sind für Kruse Protein & Fett, wobei er dann ausführt welche Mengen zu welcher Tageszeit verzehrt werden sollten.

Vorweg-Kritik: Warum Fett fett macht und Kruse hier viel verdreht.

Kapitel 8. Diabetes: a disease of the modern age

Kruse beginnt dieses Thema mit (Anm.: seiner üblichen? Rundum-) Kritik an (mehrfach) ungesättigten Fetten und Kohlenhydraten – ohne jedoch die Art der Kohlenhydrate (Komplexe, Einfache, Ballaststoffe bzw. industrielle Zucker) zu unterscheiden. In diesem Kontext erwähnt er auch die Gefahren des Frittieren von Kohlenhydraten mittels ungesättigter Fettsäuren. (Anm.: Letzteres hat nur nichts damit zu tun, das Kohlenhydrate schlecht sind, sondern mit einer falschen Zubereitung). Kruse schreibt dann:

“I believe diabetes is caused by humans eating carbohydrates 24/7 and relying on modern conveniences instead of facing a true winter like mammals are supposed to.”

Er geht dann auf das Thema von Licht und zirkadiane Rhythmen ein. danach folgt einiges zum Schlaf und eine These warum es evolutionsbiologisch den metabolischen Mechanismus gibt, der heutzutage Diabetes auslöst. Seine Anleitung zur Heilung von Diabetes (Epi-Paleo-Rx for Diabetes) beginnt mit:

“Do everything opposite of what the nutritionist, dietitian, or most physicians tell you, and keep it to yourself.”

und wird fortgesetzt mit einer Geschichte über seine Frau.  Als weitere Schritte empfiehlt Kruse dann:

  • Eine Paleo-Diät,
  • Kalte Thermogenese (Kalte Bäder, Duschen, etc.),
  • Kokosnussöl & Ghee (geklärte Butter) als primäre Quelle für Kalorien,
    • wo er dann noch weitere Vorzüge von Kokosnussöl ausführt.
  • Supplementation von D3 (Ziel: 60-100ng/mL) und K2,
  • ggf. Schilddrüsen checken und
  • verschiedene Blutwerte überprüfen und verfolgen

sowie einige weitere Ausführungen. Das war es dann auch schon.

Vorweg-Kritik: Für mich haben solche Sätze wie ich Sie hier direkt aus dem Buch zitiert habe einen fahlen Beigeschmack – Kruse polarisiert, jedoch ist seine Erklärung für Diabetes nach dem was ich über diese Krankheit gelesen habe genau verkehrt herum. Denn das viele Fett macht die Zellen (nach Lehrmeinung) Insulinresistent, so das (vereinfacht ausgedrückt) ‘Kohlenhydrate’ nicht mehr in die Zellen gelangen können. Dadurch steigt der Blutzucker, was eine Insulinantwort auslöst – der Versuch des Körpers die Zellen doch noch zur Aufnahme der Energie zu bewegen. Irgendwann schaukelt sich dieses System so hoch auf, das es zu Diabetes II kommt. Anstatt nun die Fettzufuhr drastisch zu reduzieren wird der Bock zum Gärtner gemacht: Noch mehr Fett – jedoch drastisch weniger Kohlenhydrate. Mehr dazu habe ich in meinen Artikeln zu Kohlenhydraten ausgeführt.

Kapitel 9. Heart disease and the EPI-PALEO RX

Das Kapitel beginnt mit einer Kritik an der Cholesterin-These und den üblichen Behandlungsmethoden bzw. Tips. Danach folgt ein historischer Abriss, ein-zwei Seiten über Gefahren in Bezug auf einen zu geringen HDL Spiegel, sehr viel über die Hormonkaskade in Bezug auf Her-Kreislauf-Risiken (u.a. Leptin, D3, T3), die Rolle von Homocystein in der Risiko-Analyse und ein (längerer) Abriss über Statine.

Als Behandlungsvorschläge nennt er:

  • Verschiedene Blut- und andere Tests
  • Mehr große LDL Partikel
  • Eine Paleo-Ernährung (‘primal template’)
    • Weil diese (vorgeblich) u.a. ein gutes Omega 6:3 Verhältnis unterstützt
    • Anm. H.C.: Meist nur mit Fisch… und insb. nur wenn kein Mast-Fleisch gegessen wird (viel Omega-6!)
  • LDL Rezeptor Sensitivität erhöhen
    • z.B. Hochintensitäts-Gewichtstraining
    • Hormonspiegel optimieren (u.a. Vitamin D, Schilddrüse/T3, Testosteron, Pregnenolon, Progesteron und DHEA ‘rauf’)
  • ‘Mindfullness’ (in Bezug auf die Blue-Zones)
  • Etwas (mehr) zu APoE4 (Genetischer Marker)

Was dann auch dieses Kapitel schließt.

Vorweg-Kritik: Wer meine Buchkritik zu ‘Essen gehen den Herzinfarkt’ gelesen hat, dem wird ggf. auffallen das Dr. Esselstyn genau das Gegenteil von Kruse vorschlägt: Eine drastisch Fett-reduzierte Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten und viel Gemüse. das das klappt kann er mit vielen Studien und Probanden Belegen. Aus der ehemalige Low-Carb Arzt Dr. Gundry bestätigt die Erfolge von Esselstyln – wobei dieser noch eine 3te These zur Entstehung der Herzkrankheiten anbietet. Wer hat Recht? Mehr dazu in meiner Kritik weiter unten.

Kapitel 10. Autoimmunity and the leaky gut

Einiges zu Autoimmunkrankheiten und dem ‘Leaky Gut’ Syndrom. Für Kruse sind die üblichen Auslöser und Beförderer dieser systemischen Krankheiten u.a.:

  • Nahrung mit einem hohem glykämischen Index
  • Die meisten Milchprodukte (egal ob roh oder pasteurisiert)
  • Auszugsmehle und verarbeitete Nahrungsmittel mit wenig Ballaststoffen
  • Regelmäßiger Konsum von Kaffee
  • Viele Medikamente (Ibu, Aspirin, NASIDs)
  • Quecksilber und Toxine
  • Trauma, Delirium, Demenz, Infarkte
  • Chronische oder akute Lebensmittelallergien, Vitamin D unter 20, Lebensmittelvergiftung
  • verschiedene Krankheiten (Diabetes, Asthma, Lupus, Übergewicht, exzessiver Sport, etc.)

Danach folgt eine längere Liste mit Krankheiten die mit ‘Leaky Gut’ in Verbindung gebraucht werden (Divertikulitis, Fibromyalgie, MS, ALS, Alzheimer, Parkinson, Essstörungen, Depressionen, Karies, Übergewicht, Osteoporose, etc. ).

Als Behandlungsvorschläge nennt er dann:

  • Eine Milchfreie Version der Paleo-Ernährung mit viel Gemüse und Grünzeug.
  • Verschiedene Tests
  • Kokosnussöl
  • Fermentierte Nahrung
  • L-Glutamin, ggf. NAC (N-Acetyl-Cystin) und Vitamin C
    • Worauf ein Abriss über Glutathion (in Bezug auf NAC), B12 und Folat folgt.
  • Magnesium, Zinc und Q10
  • Omega-3 Fisch- bzw. Krill-Öl
  • etc.

Er führt hier alles mit sehr viel Detail aus und geht noch auf andere Sachen ein. Zum Ende verknüpft er alles wieder mit dem Hormon Leptin. Zum Abschluss geht er noch auf Borreliose ein.

Kapitel 11. Central nervous system diseases of stroke, neurodegeneration, and aging

Hier geht es um Schlaganfall, Alzheimer – das Kapitel ist recht kurz. Wie inzwischen sicher bekannt wird als Rx für Schlaganfall dann eine Paleo-Diät mit viel (‘laden with’) MCT-Öl empfohlen (-> Kokosnussöl). Zusätzlich ist auf den Vitamin D Spiegel zu achten und ggf. mit K2, nicht jedoch Calcium, zu ergänzen.

In Bezug auf Alzheimer weißt Kruse auf das Fehlen von essentiellen Fettsäuren im Gehirn als Risikofaktor hin – u.a. DHA, aber auch Cholesterin. Eine spezielle Empfehlung (Rx) macht er in diesem Falle jedoch nicht. Damit endet das Kapitel dann auch schon.

Kapitel 12. The monster leptin reset thread at Mark’s Daily Apple

In diesem Kapitel werden die Geschichten von 5 Menschen wiedergegeben, welche Kruses Programm vollzogen haben und bedeutende gesundheitliche Verbesserungen erreichen konnten. Ich habe es selber nur schnell überflogen, weil der Stil für mich sehr prosaisch bzw. amerikanisch und weniger sachlich / fakten bezogen war.

Einer Der Fälle war ein übergewichtiger Mensch, der bei 506 Pfund gestartet war und mit Kruses Programm auf (immer noch krasse) 350 Pfund abnahm. Wie ich in der Kritik (zum Ende dieses Artikels) noch weiter ausführe belegen diese Fälle nichts – außer das Kruses Paleo-Ernährung deutlich besser (oder weniger schlecht) ist als das was diese Menschen zuvor gemacht haben: Eine (teils extrem schlechte) Form der SAD – also dem was die Amerikaner so in der Praxis essen, ggf. noch mit ein paar Medikamenten als Sahnehäubchen.

Kapitel 13. Proof that the Epi-paleo Rx is the paleolithic diet of all time

Kruse bezeichnete dieses Kapitel in einem seiner letzten Podcast-Interviews (2018) als das beste des Buches. Es ist sehr lang und hat den üblichen Essay-Style seiner teils sehr, sehr langen Blog-Posts – denen teils schlecht zu folgen ist.

Im ersten Abschnitt dreht sich alles um die kalte Thermogenese und Effekte von Kälte, seine (Selbst-) Experimente mit Kälte und kalten Bädern, u.a. auf den Fettstoffwechsel, sowie zahlreichen Überlegungen zu den (genetischen) Hintergründen für diese Mechanismen in Bezug auf unsere Evolution.

Appendix A The EPI-Paleo-RX Diet

Eine genaue Beschreibung der Essenspyramide, der Liste der Fette, der Ausschlüsse in der Epi-Paleo-RX Diät. Diese unterscheidet sich etwas von der üblichen Paleo-Ernährung, weil in Bezug auf Fette & Protein Tiere aus dem Meer bevorzugt werden:

  • Austern
  • Krustentiere
  • Fisch
  • Innereien von Gras gefütterten Tieren

und erst dann die üblichen Paleo-Quellen beginnen:

  • ‘Normales’ Fleisch von Gras gefütterten Tieren
  • Eier (wobei deren Autoimmunproblematik beachtet werden muss)
  • Samen & Nüsse

Auf der ‘No’-Liste stehen dann für Kruse:

  • alle Getreide, egal wie Sie zubereitet wurden (also auch Reis, Buchweizen, gekeimt, etc. pp),
  • alle US-Milchprodukte (A1 Beta-casein – was auch auf die deutschen zutrifft),
  • alle Nachschattengewächse (im Falle von chronischen Entzündungen und niedrigen Vitamin-D),
    • Insb. wegen Solanin.
    • Das ganze umfasst Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Auberginen, US Soja (Hybridisiert), etc. pp.
  • Alle Früchte außerhalb der regionalen Season,
    • also keine Bananen, Kiwis, Apfelsinen, Melonen, Mangos, etc. pp. mehr – insbesondere nicht im Winter,
  • alles Geflügel,
  • alle Hülsenfrüchte,
  • alle Pflanzen mit Saponine (Alfalfa, Soja, Chia, etc.),
  • alle Süßstoffe.

Als Fette kommen für Kruse neben den tierischen (u.a. Schmalz und Fett verschiedener Tiere, Ghee) nur noch Kokosöl in Frage – wobei er verschiedene Listen (Reihenfolgen) für Winter und Sommer hat.

Appendix B: The Cold Therapy Rx

Die Schritte seines Protokolls zur kalten Thermogenese.

Meine Kritik

Hmmm… wo soll ich anfangen?

Was mir im Buch, wie auch in zahlreichen von Kruse seiner Blogs aufgefallen ist, das für viele sehr ‘harte’ Aussagen (u.a. vermeintliche Zahlen, Daten und Fakten) direkte Referenzen fehlen. Zwar gibt er am Ende eines jeden Kapitels einige Studien und Links auf Webseiten an – jedoch ist schwer zuzuordnen,  in welcher Referenz ggf. welcher (angebliche) Fakt stecken könnte.

Standard American Diet != Empfehlungen der USDA

Weiterhin macht Kruse oft die Ernährungsrichtlinien der USA (USDA) für die aktuellen Krankheiten, insb. der letzten 20-30 Jahre verantwortlich – und setzt diese dann mit der ‘Standard American Diet’ (SAD) gleich (u.a. Kapitel 6). Das Problem: Die SAD ist das was die Amerikaner in der Praxis essen – und die Empfehlungen sind weit davon entfernt. Die englischsprachige Wikipedia [2] hat die ‘Western Pattern Diet’, zu der auch die SAD gehört, recht in Bezug auf eine Studie [3] gut klassifiziert:

“The Western pattern diet or Standard American Diet (SAD) is a modern dietary pattern that is generally characterized by high intakes of red and processed meat, butter, fried foods, high-fat dairy products, eggs, refined grains, potatoes, and high-sugar drinks.” [3]

Kalorienaufnahme der US-Bevölkerung von 1970-2010 nach Lebensmittelgruppen. Autor: Ramiro Gomez, Lizenz: CC-BY SA

Kalorienaufnahme der US-Bevölkerung von 1970-2010 nach Lebensmittelgruppen. Autor: Ramiro Gomez, Lizenz: CC-BY SA

Insbesondere stichelt Kruse auf den Kohlenhydraten (KH) herum und setzt diesem wie auch andere Paleo-, Keto- und Low-Carb Autoren, faktisch mit Weißmehl & Zuckern gleich. Er bemängelt das die Empfehlungen in Richtung mehr KH und weniger Fettkonsum quasi verantwortlich für die aktuellen (Gesundheits-) Probleme der amerikanischen Bevölkerung sind. Aus der nebenstehenden Grafik ergibt sich jedoch gegenteiliges: Es wird in der Realität mehr Fett verzehrt und insgesamt auch mehr Kalorien (wie ich schon berichtete).

Das reale Dilemma der USA sind meiner Ansicht nach zu viele (verarbeitete) Fette, zu viele raffinierte Kohlenhydrate (Zucker, HFCS, Cornflakes, etc.), zu viel Tierprodukte mieser Qualität – jedoch nicht die komplexen und vollwertigen Kohlenhydrate aus Kartoffeln, Reis, Haferflocken & Co.

Diese Art der Verzerrung der realen Fakten & Daten stößt mir oft auf und hinterlässt einen Schatten auf den ggf. guten und hilfreichen Thesen und Überlegungen des jeweiligen Autors. Kruse macht sich dadurch leicht – und meiner Ansicht nach auch zu Recht – angreifbar. Auch der wohlwollende Leser  weiß irgendwann nicht mehr was Wahr oder falsch ist, denn Kruse scheint einen großen Bias in Bezug auf Ihm genehme Daten zu haben.

Schießt Kruse mit seiner Ernährungsempfehlung über das Ziel hinaus?

In einem Video in dem Kruse in Wholefoods einkauft (US Bio-Markt) äußert er sich relaxt zu Schweineschinken und zeigt auch ein (recht großes) Glas Kokosöl – wobei er sagt das dies ein Wochenendvorrat für seine Familie sei. In einem aktuellen Podcast wiederholt er dies in Bezug auf eine Diskussion zu Deuterium in den Nahrungsmitteln. Er sagt u.a.:

“…that means that a Cucumber is a fruit and it’s designed by nature to have more deuterium in it than a health food, which is like pork-belly or bacon – which shocks people” ([4], Min 18:25).

… also das im Vergleich zu einer Gurke Schweinebauch bzw. Schinken sehr gesund ist. Im Buch äußert er such dann auch zu dem was für Ihn Paleo-Low-Carb bedeutet: 10-30% Kohlenhydrate – je nach Gesundheitsstatus und Jahreszeit. Das bedeutet: Fett & Protein teilen sich die anderen 70-90% der Kalorien. Das ist eine Menge Fett & Protein. Die damit verbundenen langfristigen (metabolischen) Probleme welche gut dokumentiert sind scheint Kruse jedoch zu ignorieren – zumindest erwähnt und diskutiert er Sie nicht. Auch in seinen Blogs und Essays hatte ich dazu nie konklusives gefunden, wie ich meinem Artikel über Dr. Jack Kruse schon anmerkte.

So kritisiert Kruse auch immer Ernährungsempfehlungen mit wenig Fett – wobei er nie angibt, was den ‘wenig’ ist? Wenn ich die USA oder Deutschland ansetzte – also das was die Leute dort in der Praxis Essen, dann ist es jeweils über 35% Fettanteil. Die pflanzlich-fettarmen Ärzte empfehlen jedoch 10-15% (u.a. Abnehmen) bis, höchstens 20-25% für den optimalen gesundheitlichen Beitrag (wie auch die WHO). Und um die 10-15% zu erreichen das sind dann auch keinerlei zugesetzte, industrielle und raffinierte Fette mehr in der Ernährung enthalten – welche alle viele Probleme und meist einen hohen Anteil an oxidierten Fettsäuren haben (wie ich in meinem Artikel zu den Vorteilen von Kokosöl & Mus berichtete).

Letztendlich sehe ich bei Kruse und den fettarmen Ärzten eine Gemeinsamkeit: Keine industriellen, hoch raffinierten und / oder prozessierten Fette (wozu auch homogenisierte & pasteurisierte Milchprodukte gehören). Fette müssen immer in Ihrer ‘Verpackung’ konsumiert werden – insbesondere die (mehrfach) ungesättigten Fettsäuren. Kokosöl ist in diesem Kontext die Ausnahme, da es fast nur mittel- und langkettige Fettsäuren enthält. Selbst das viel gepriesene Olivenöl schneidet hier deutlichst schlechter ab.

In Bezug zu den anderen Thesen von Kruse lasse ich den Leser hier für sich selber entscheiden was er davon Hält. ich jedenfalls kann vielen (Schein-) Argumenten nicht folgen.

Die Cholesterin-Konfusion

Interessant fand ich im Buch die Informationen zu Cholesterin. Das ist ein wirklich diffiziles Thema, ähnlich wie Natrium (Salz): Es gibt für alles eine Meinung und scheinbar viele Studien die die verschiedenen Ansichten und Interpretationen unterstützen. Der interessierte Laie oder einfacher Facharzt hat hier kaum eine Chance durchzusteigen… Kruse stützt dann (zumindest zum Teil), was auch ich aktuell kenne:

  • Ein hoher HDL Spiegel (in Relation zum LDL) ist vorteilhaft.
  • LDL sollte eher geringer sein – wobei Kruse hier unterscheidet in
    • LDL mit großen Partikeln (Very low-density Cholesterin, VLDL -> gut)
    • LDL mit kleinen Partikeln (schlecht)
    • LDL das oxidiert ist (ganz schlecht)

Leider wird bei den Blutwerten und den meisten Berichten / Diskussionen nie in Bezug auf die drei unterschiedlichen LDL-Varianten unterschieden. Kruse schreibt dann jedoch in Bezug auf eine nicht referenzierte Studie:

“When your LDL cholesterol goes below 200, we begin to see defects in the formation of this spindle, causing uneven chromosomal separation called “aneuploidy.” (Kapitel 9)

LDL 200? Das ist krass viel! Ich habe mich auf die Suche gemacht und eine Studie in PLoS One gefunden [5], welche im Volltext klar schreibt, das Cholesterol disrupts the mitotic spindle. – also das Gegenteil von Kruse. Weiterhin steht im öffentlich einsehbaren Pubmed Abstract:

“Elevated low-density lipoprotein (LDL)-cholesterol is a risk factor for both Alzheimer’s disease (AD) and Atherosclerosis (CVD), suggesting a common lipid-sensitive step in their pathogenesis.” sowie “3) oxidized LDL, LDL, and cholesterol, but not high-density lipoprotein (HDL), induce chromosome mis-segregation and aneuploidy in cultured cells, including neuronal precursors, indicating that LDL/cholesterol directly affects the cell cycle”

Das ist das Problem mit Behauptungen, jedoch ohne (direkte) Referenz…. Der absolute Witz ist jedoch das Kruse ein Paleo-Buch von Loren Cordain empfiehlt und selbiger unbedingt einen LDL-Wert unter 70 [13] – was indirekt einen Gesamt-Cholesterinwert (deutlich) unter 150 bedeutet und damit restriktiver als die offiziellen Empfehlungen ist. Wer liegt hier ggf. richtiger? – ein Neurochirurg oder einer der zumindest etwas mit Ernährung studiert hat?

Hohe LDL-Werte sind immer noch Mist…

Sehr hohe LDL-Werte sind demnach aus meiner Sicht klar kritisch zu beurteilen – wie es auch die Lehrmeinung ist. Wenn ich Kruses in den Raum geworfene Zahl von 200 mg/dl für LDL ansetzte, dann müsste ein Gesamtcholesterinwert von ca. 300 mg/dl (für Ihn) noch o.k. sein? Damit wäre Kruse alleine auf weiter Flur. Er wird jedoch auch hier nicht konkret, welche konkreten HDL und LDL Werte er nun für Vorteilhaft bzw. Grenzwertig hält. Worauf er jedoch immer wieder hinweist, ist das LDL für die Hormonsynthese (u.a. Vitamin D) wichtig sei – ein zu geringer Serumswert sei nicht vorteilhaft. Ich habe für diesen Aspekt nie eine Angabe gefunden habe was denn nun konkret ‘zu niedrig’ sei – Kruse nennt hier auch nichts.

Frau Cand. Med. Rosenbusch schreibt in Referenz auf ein im Beitrag abgebildetes Fachbuch (also die Textstellen) [6]:

Das schlimme an Cholesterin in nicht das Cholesterin selbst, sondern dass es ggf. oxidiert, acetyliert oder malondealdehydkonjugiert und dann von Scavenger-Rezeptoren erkannt wird. Dieser Rezeptor ist wie ich, wenn ich mit Schokolade anfange.;-) Er hat keinen Feedbackmechanismus, der ihm sagt, “jetzt ist aber gut”, was der Cholesterinrezeptor hat. Er nimmt immer mehr von dem veränderten Cholesterin in die Zelle auf, auch wenn es viel zu viel wird. Makrophagen versuchen das Cholesterin zu beseitigen, dabei werden sie aber zu Schaumzellen welche nekrotisieren und dann ihren Fettinhalt als Ablagerungen in das Endothel, also die Wände der Blutgefäße ablagern. Das sind dann die Plaques, die Arterienverkalkung, auf deren Grundlage dann eine Herz-Kreislauferkrankung, ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt entsteht.”

Einen Teil davon gibt auch Kruse so wieder. Weiterhin schreibt Frau Rosenbusch:

“Allgemein kann man sagen je mehr Cholesterin, desto mehr wird davon oxidiert und je weniger HDL, desto weniger oxidiertes Cholesterin wird zurück zur Leber gebracht und sammelt sich in den Makrophagen an. Deshalb gibt es manche Leute, die einen hohen Cholesterinspiegel haben aber keinerlei Plaques, weil sie sich immer noch mit reichlich Antioxidantien ernähren.

Diese (also die in Fett geschriebene) Differenzierung habe ich bei Kruse so nicht gelesen, insb. das eine Ernährung mit vielen Antioxidaten (also z.B. Paleo mit sehr viel Gemüse) auch höhere Cholesterinspiegel ohne die üblichen Probleme erlaubt. Das wiederlegt dann jedoch nicht die gängige Cholesterin-Hyphothese, sondern stellt für mich viele Fragen in Bezug auf die durchgeführten Studien, die Ernährung der Probanden und auch die Umwelt- und Lichtverhältnisse!

Zu Kruses hsCRP, BMI, seiner Geschichte  & Co.

Im Buch schreibt Kruse im Kapitel 13, das sein hsCRP-Wert anfangs bei ca. 3 lag – das ist viel. In 2009, vor einer Knie-OP lag er dann nach Kruses Angaben (und nach Jahren seiner Paleo-Diät) bei ca. 1 – immer noch ein unguter Wert (meiner ist 0,11 und Kruse empfiehlt selber so weit wie möglich bei 0 zu liegen – und der Referenzbereich liegt zwischen 0 und 1).

Kruse wiegt aktuell nach seinen Angaben [4] 260 Pfund (ca. 105 Kg). Wie groß er ist konnte ich nicht herausfinden – denke jedoch irgendwo zwischen 1,85-1,90 cm. Wenn ich mal 1,90 Meter ansetzte wäre sein BMI ca. 29 – was klar Übergewichtig ist. Wer mal Videos mit Ihm sieht der kann das auch sehr leicht sehen, ganz speziell auf diesem von Anf. 2017 (min 1:55).

Was möchte ich alleine mit diesen beiden Details sagen?

Das Kruse, wie auch ein großer Teil seiner Patienten, ziemliche ‘schwierige Fälle’ der körperlichen Selbstvernichtung waren – ich denke mal Kruse würde dieser krassen Einschätzung sicher zustimmen, denn er ist um klare Worte nie verlegen. Das für Ihn seine Epi-Paleo-Rx Diät funktioniert und er massivste gesundheitliche Verbesserungen damit erreicht hat wundert mich nicht. Ich habe schon oft hier im Blog geschrieben, das eine Paleo-Diät deutlichst besser ist als das was der US oder deutsche Durchschnitt so macht. Alleine, das keine Milchprodukte (außer ggf. Butter), keine hoch verarbeiteten Kohlenhydrate, Süßigkeiten, Säfte & Co. mehr konsumiert werden – ist schon ein riesiger Schritt nach vorne. Wird dann noch auf die Qualität der Fette geachtet, auf eine gute Omega 3:6 Balance und Essen ohne Zusatzstoffe & Co. – dann ist die Verbesserung enorm.

Kruses Weg ist nicht der einzige Weg, denn das, was er kritisiert funktioniert besser…

Das alles bedeutet jedoch auch, das Kruses Weg nicht der beste oder optimalste sein muss (wie es es indirekt postuliert) . Er hat seinen Weg nie selber, klinisch oder konkret mit dem einer vollwertigen und vorwiegend pflanzlichen Ernährung (z.B. wie ich es praktiziere) mit recht wenig Fett (<25% Kalorisch) verglichen. Seiner eigenen Schilderung nach (u.a. Kapitel 12) sind seine Patienten alles andere als Gesund und dort scheint dann alles besser zu sein, als das fortzuführen was Sie zu diesem Zustand gebracht hat (SAD & Co.).

Anstatt vorgenannten Punkt zu bedenken, bringt Kruse jedoch ‘Klopfer’ wie folgenden – die der Leser in vielen Varianten und in jedem Kapitel ‘ertragen’ muss und welche fortwährend und undifferenziert gehen KH schießen:

“It is no wonder Alzheimer’s is growing like mad considering medicine has been trying to drive cholesterol levels into the ground with inflammatory low-fat, high-carb diets.” (Kapitel 11)

Was??? Ich mache aktuell genau das was Kruse beschreibt – nur ist mein hsCRP bei 0,11 und erfreue mich bester Gesundheit, habe keine Erkältungen, einen BMI von 21-22, etc. pp. Zudem kenne ich keine Studien, die Kruses Annahme das eine Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten, viel Gemüse und wenig Fett <25% entzündungsfördernd ist – er selber gibt auch keine an… eher das Gegenteil.

Wenn es nach Kruse ginge dann müssten die Menschen in faktisch allen BlueZones (Anm.: Zonen mit vielen Menschen >100 Jahre) eines frühen Todes sterben – weil Sie genau das machen was Kruse kritisiert. Das diese Menschen dann auch noch häufig Bohnen und Hülsenfrüchte essen – passt natürlich auch nicht zum Epi-Paleo-Rx-Konzept von Kruse, was diese komplett verbietet.

Haken bei der Leptin-Geschichte

Zu der Leptin-Geschichte von Kruse möchte ich noch auf einen Artikel bei Edubily.de [17] hinweisen, welcher für mich die Wirkung von Leptin – und das was man machen sollte um einer Stoffwechselentgleisung zu entgehen – deutlich kompakter und besser schildert als Kruse. Aus dem Artikel  wird dann auch mehr klar als bei Kruse – der hier als Neurochirurg doch etwas fachfremd ist.

Ganz wichtig: Es wird auch transparent das mit einer Keto- bzw. Low-Carb Diät keinem gedient ist und das der Körper auch ausreichend Kohlenhydrate braucht, wobei der Autor des Artikels sich kritisch in Bezug auf nicht richtig verarbeitete Getreide und Hülsenfrüchte äußert (und damit voll auf meiner Linie ist). Bei den Punkten Omega-3 Fette aus Fisch, kalter Thermogenese, Sport, Schlaf, Sonne, Vitamin D passt dann jedoch alles zu dem was Kruse sagt.

Kruse hat also durchaus viele valide Punkte, weswegen ich Ihm in diesem Blog auch viele Artikel gewidmet habe und Ihn oft als Quelle angebe bzw. zitiere. Allerdings habe ich es mir auch zur Angewohnheit gemacht noch einmal unabhängig nach Bestätigung für Kruses Aussagen zu suchen – denn er scheint einen starken ‘Confirmation Bias’ und einige (sehr) blinde Flecken zu haben. Deswegen sollten Einsteiger in die Materie der Ernährung und Gesundheit Kruse meiner Ansicht nach definitiv nicht als erste oder zweite Referenz nutzen…

Was ist positiv?

Kruse bietet im Buch einige Einstiege zum einigen Aspekten des Hormonsystems. Zudem sind auch die Themen Schilddrüsendiagnostik für Einsteiger in die Thematik ggf. hilfreich (wobei es deutlich besseres gibt – z.B. in diesem Blog) – wie auch einige  Informationen zum Steroidhormonsystem. Das was er über D3/K2 schreibt scheint mir alles durchaus sinnvoll, insb. da er auch keine ‘Mega’-Dosing empfiehlt. In den neueren Beiträgen in seinem Blog ist er in Bezug auf D3 Supplemente zudem deutlich zurückhaltender. Ich denke jedoch er hält es immer noch so wie auch ich: Bei Mangel supplementieren – in jedem Fall aber die Sonne suchen, welche durch nichts zu ersetzten ist.

Die Informationen zur kalten Thermogenese können definitiv hilfreich sein – auch ich spüre für mich die Mini-Versionen beim kalten Duschen, Schwimmen im Freibad und in der Sauna ‘extrem’ positiv – genau wie jeden Sport im Winter (also draußen ;-). Kruses Programm wird jedoch eher viele abschrecken (u.a. lange Eisbäder).

Den Punkt kein Obst außerhalb der Season und Klimazone zu essen habe ich schon länger im Hinterkopf und versuche Testweise das mal auszuprobieren. Alleine wenn ich nur 50-60 Jahre zurückblicke, dann war das was wir heute in den Supermärkten das ganze Jahr an Obst finden nicht vorhanden. Keine Kiwis oder Mangos, keine billigen Bananen & Apfelsinen im Überfluss, keine TK-Heidelbeeren, etc. – und vor allem nicht im Winter. Früher gab es in Deutschland Lageräpfel – und das war es dann schon grob an Obst im Winter. Ggf. noch ein paar Birnen – wobei diese sich nicht so lange lagern lassen. Marmelade, Kompott und eingemachtes mit Zucker & Pektin ist selbstredend nicht gerade gesund…

In wie weit das was Kruse hier thematisiert relevant ist kann ich nicht sagen. Kritisch ist sicher auch, das die Früchte (u.a. Bananen) auf Fruchtzucker (u.a. Fructose) hochgezüchtet sind – was auch kein (historisches) Normal ist. Spannend für mich war, das ich ähnliche Überlegungen zuerst aus dem rein pflanzlichen Rohkostbereich bezogen hatte – dem kompletten Gegenentwurf von Kruses Epi-Paleo-Rx Diät.

Wo ich bei Kruse mitgehe ist Fisch & Co. in Bezug auf die Landtiere zu bevorzugen – also wenn man Fleisch isst. Dies finde ich insb. in Bezug auf Omega-3 Fette und das Fettprofil wichtig. Hier sollte jedoch unbedingt auf die richtige Zubereitung geachtet werden und auf die Schadstoffe & Toxine. Alles bei der Ernährung ist letztendlich ein Kompromiss 😉

Mein Fazit

Jeder mag sich seine Meinung selber bilden. Oft höre ich, das dass, was ich mache, Esse bzw. nicht esse ‘extrem’ und eher nicht Gesellschaftskompatibel sei. Ich denke, diese Menschen sollten mal Kruses ‘No’-Liste lesen 😉 Obwohl: Viele Menschen im Steak-Haus essen nur Fleisch und ein bisschen Gemüse… trinken jedoch ein Bier (Weizen) und haben Dessert (oft Zucker, Milch & Obst)…

Kruse Empfehlungen in Appendix A lesen sich für mich wie eine verschärfte ‘No’-Liste von Dr. S. Gundry (‘Plant Paradox’), da dieser dann doch deutlich liberaler in Bezug auf einige Getreide und Hülsenfrüchte ist. Ich denke auch, das ein paar Milliarden Asiaten mit Reis nicht ganz so falsch liegen können. Und weit über eine Milliarde Inder kommen auch ganz gut mit verschiedenen Hülsenfrüchten klar – wenn Sie eben richtig zubereitet sind. O.K. – die leben deutlich weiter Südlich… Kruse ‘differenziert’ hier ja… hat das jedoch wirklich diese krasse Auswirkungen auf Nordeuropäer, welche Kruse nahelegt?

Was ich Interessant fand: Den Hinweis auf eine Unverträglichkeit in Bezug auf das Eiweiß von Eiern. Da denken recht wenige Menschen drüber nach – weil Eier so omnipräsent sind. Seine Empfehlung in Bezug auf Frukane (Ballaststoffe) hat er hingegen zurückgezogen.

Mehr Fragen als Antworten?

Kruses Paleo-‘Eliminationsdiät’ hinterlässt bei mir am Ende mehr Fragen als Antworten – insbesondere in Bezug auf die langfristigen Folgen seiner Ernährungsempfehlungen. Wenn er nun schon weit über 10 Jahre seit eigenes Programm verfolgt und es optimal sein sollte – dann wundere ich mich, das seine Figur nicht besser in Schuss ist. Ein von mir geschätzter BMI um 29 würde ich nicht als optimal bezeichnen. Die Blutfettwerte von Kruse habe ich auch noch nirgends lesen können – wie von den meisten Paleo-Autoren. Das Kruse dann sogar Atkins positiv erwähnt (der ja selber an den Folgen seiner Ernährung recht früh gestorben ist [7]) macht alles nicht vertrauenswürdiger für mich. Ich hoffe Kruse ereilt nicht das gleiche Schicksal.

Interessant ist für mich jedoch immer wieder, das gerade die ‘High-Carb’ Doktoren einige biochemischen Fehlinterpretationen der ‘Low-Carb’ Protagonisten auseinander nehmen [8] – ich aus der ‘Low-Carb’ Szene jedoch keine solche inhaltliche Replik darauf kenne. Selbst Bücher von Autoren die irgendwo in der Mitte stehen erklären dann das Zusammenspiel aus Proteinen, Botenstoffen (u.A. AMPK, mTOR), Mitochondrien, Fett- und Kohlenhydratestoffwechsel sowie Ursachen einer Insulinresistenz deutlich besser [9] als Kruse – der ja effektiv nicht darauf eingeht, sondern in diesem Falle nur behauptet. So nimmt auch Dr. Greger die üblichen Mythen auseinander und kommt zu klaren Ergebnissen – alles mit Referenzen auf halbwegs vernünftige Studien.

Auch bei anderen Dingen hat Kruse seine Hausaufgaben meiner Ansicht nach nicht gemacht: z.B. das so genannte Französische Paradox, was nach Kruse belegt das eine Ernährung mit viel (gesättigten) Fetten und Fleisch so schlecht nicht sein kann – basiert wohl darauf, das a) die Franzosen viel Gemüse essen und noch wichtiger b) Sie Ihre Ernährung erst vor kurzem auf mehr Fette umgestellt haben – also die Krankheiten sich noch nicht voll manifestiert haben sowie c) das nach WHO-Angaben werden nicht alle Tode durch Herz-Kreislaufkrankheiten als solche in Frankreich gemeldet werden (20% weniger Meldungen) [10]. Zu den Auswirkungen von gesättigten Fetten und systemische Fehler bzw. Sponsoring von ‘Big-Butter’ & Co. möchte ich nur auf die Videos bei Nutritionfacts.org verweisen, die haben zumindest einige Studien auseinander genommen [11][12].

Von selektiven Argumenten…

Verstehen Sie mich hier nicht falsch: Kruse kann mit seinem High-Fat & High-Protein-Ansatz theoretisch immer noch richtig liegen, nur begründet er nicht warum das was er sagt biochemisch funktioniert – und insbesondere warum der Gegenentwurf (High-Carb & Low-Fat) nicht funktionieren soll. Das was er aus meiner Sicht macht ist selektiv Argumente für seine Ansicht herauszupicken, für Ihn unbequemes zu ignorieren und die Alternativen rhetorisch, mit schein- bzw. sehr kompliziert klingenden Argumenten abzuwerten. Leider gehen dann die durchaus vielen guten Ideen von Kruse unter – weil sich durch die Wahl seine Kommunikationsmittel in den Augen vieler diskreditiert hat.

Letztendlich überzeugt mich der Stil in dem Kruse sein Buch schreibt nicht. Es wird viel postuliert – jedoch werden die Referenzen nur am Ende des Kapitels aufgelistet, ohne das diese einzelnen Aussagen von Ihm direkt zuordbar wären. Kohlenhydrate werden ‘blank-weg’ verurteilt, ohne je auf die Unterschiede zwischen Zucker, einfachen und komplexen Kohlenhydraten einzugehen. So gehören ja auch die Ballaststoffe, welche er empfiehlt, zur Gruppe der Kohlenhydrate…

Vieles gut… jedoch verloren in den Ungereimtheiten…

Einiges (u.a. kalte Thermogenese, zirkadiane Rhythmen, Omega 6:3 Verhältnis, Hormonsystem) ist in jedem Fall brauchbar – jedoch verliert es sich beim Lesen für den Laien in den vielen Ungereimtheiten. Was soll man glauben bzw. annehmen – was nicht? Allen die noch nicht 10-20 andere Bücher in diesem Bereich gelesen haben, mag das nicht auffallen – mir ist es aufgefallen.

Von allen Büchern die ich hier im Blog besprochen habe ist es das widersprüchlichste und meiner Ansicht nach sehr schlecht referenziert. In Bezug auf Aussagen bzw. Thesen ohne Quellenangaben fällt nur Anja Leitz Buch ‘Better Body, Better Brain’ noch mehr aus dem Rahmen – welche interessanter Weise viel von Kruse in Ihrem Buch aufgreift. Grundsätzlich fand ich Frau Leitz Buch jedoch deutlich besser aufbereitet, inhaltlich interessanter und besser zu verstehen.

Wer Kruse dennoch lesen oder hören mal, der schaue mal gerne bei meinem Artikel über Kruse rein – dort habe ich inzwischen fast 30 Podcasts mit Ihm verlinkt. Die dort wiedergegebenen Informationen waren für mich weitaus interessanter, aktueller, praktischer und verständlicher als sein Buch – wobei auch hier nicht alles pauschal für bare Münze genommen werden sollte.

So kann ich dem Buch letztendlich keine Empfehlung geben!


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Eine Antwort

  1. Teutatos sagt:

    Ich glaube die Wahrheit, wenn man das jemals sagen kann, bringt James Clement im neuen Buch The Switch auf den Punkt.

    Aus meiner Sicht gibt es zwei optimale Stoffwechselzustände. Ketose und damit die Fettverbrennung als Hauptenergiequelle und ein high Carb Status. Ich sehe optimal die 80 zu 20 als beste Verteilung.

    Der große Fehler den alle Theorien machen ist eine bestimmte Ernähringsform als das Allheilmittel zu sehen.

    Ketose ist der natürliche Stoffwevhselzustand der überwiegend vorhanden war ob nun auf Wanderungen, Jagd, Hungerperioden, Krankheit… High Carb ist anabol und hier liegt das Wesentliche im mTor Schalter. High Carb wird zyklisch benötigt. Keines der beiden Stoffwechselzustände ist allein am besten sondern die metabolischer Flexibilität.

    Von daher hat Kruse und Ornish Recht nur eben teilweise.

    Grundregeln die immer gelten sind:
    1. Entweder high fat oder high carb
    2. Immer moderates Protein (ausreichend)
    3. gesünder Lebensstil wie Bewegung, Licht, Schlaf, Toxinreduktion, viel Grünzeug und natürliche Lebensmittel.

    Es ist nun mal ein Unterschied ob ein Ei Omega 3 lästig ist oder mit Mastfutter Omega 6 lästig. Es ist auch ein Unterschied ob der Stoffwechsel ketogen ist und viel Fett konsumiert wird oder nicht mit viel Fett.

    Veganismus ist jedenfalls keine gute Langfriststrategie. Ob B12, Carnitin, Carnosin, etc. Es gibt einige Stoofe die in Pflanzen fehlen. Kein Naturvolk isst vegan und wenn es nur Insekten sind.

    Somit kann ich nur empfehlen Bücher von Clemen, Winters, Seyfried, Mercola zu lesen.

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