Detox, Quecksilber & Chlorella: Teurer Bullshit? Gefährlich? oder wirkliche Hilfe?

Chlorella. Quelle: Pixabay
Chlorella wird in der Rohkost-, Bio- & Gesundheits-(Blogger-)Szene als allgegenwärtiges Wundermittel gepriesen: Protein-Lieferant, Entgiftung in Bezug auf Quecksilber, anderer Schwermetalle und organischer Gifte, angeblich enthält es auch ’natürliches‘ Vitamin-B12, verbessert die Haut und vieles mehr – angeblich.
Bei Preisen von (günstigsten falls) ca. 100€ pro Kg (bei Abnahme von deutschem Marken-Chlorella ab 1 Kg in Pulverform) – bei Presslingen gerne auch 130€/Kg oder mehr – sollte Chlorella dann allerdings auch vorgenannte Wunder(dinge) vollbringen. Natürlich gibt es Chlorella auch günstiger, wenn einen die Herkunft, potentielle Verunreinigungen mit Schwermetallen & Co. [8] sowie Produktionsbedingungen in China oder irgendwo-sonst in Asien nicht interessieren. Dazu lassen sich im Internet allerlei unschöne Berichte finden – so das ich in diesem Artikel nicht weiter darauf eingehe. Teurer (>250€/Kg) geht es bei Chlorella dann auch – insb. bei Verpackungsgrößen um 100 g. Alleine diese Preisspannen zeigen für mich auf, das mit Chlorella & Co. gut verdient wird. Grünes Gold sozusagen. Aber gerade wenn die Gewinnspannen groß sind, dann verhält es sich mit der Wahrheit oft reziprok.
Die Top 5 der wichtigsten Dinge in diesem Artikel
- Chlorella kann Quecksilber nicht sicher ausleiten
Es gibt keine Daten, keine Studie, keinen Beweis dafür und es macht biochemisch bzw. physikalisch auch keinen Sinn. - Chlorella kann anscheinend Quecksilber mobilisieren und umverteilen,
was dann die beobachteten Nebenwirkungen erzeugt. - Es gibt viele ungute Berichte zu der Nutzung von Chlorella
U.a. von A. Hall Cutler, PhD, Dr. J. Mutter, Dr. Retzek (Daten von über 100 Patienten, 40% Nebenwirkungen & mehr, nur 1% mit Verbesserung), … - Ähnliches gilt für Bärlauch, Koriander, Glutathion, EDTA, L-Cystein,
sowie Infusionen von DMPS, DMSA, Alpha-Liponsäure, etc. - Es gibt für mich keine sichere Dosis von Chlorella für mit Quecksilber belastete Menschen
Zudem kenne ich keinen guten Grund dieses „Superfood“ einzunehmen und dafür Geld auszugeben.
Worum geht es mir im Detail?
- Kann Chlorella sicher Quecksilber ausleiten?
- Problem 1: Nur eine Thiol- (SH-) Gruppe bei Chlorella
- Problem 2: Chlorella mobilisiert wohl Quecksilber – bindet jedoch schlecht
- Meine Chlorella-Kritik – Blödsinn? – nicht nach Dr. Mutter!
- Meine Chlorella-Kritik – Blödsinn? – nicht nach Dr. Retzek!
- Was sagt die Wissenschaft so in Bezug auf Chlorella?
- Was macht eigentlich Quecksilber so giftig?
- Was ist mit N-Acetyl-Cystein und anderen Supplementen?
- Ist wenigstens ‚richtiges‘ B12 in Chlorella?
Mein Fazit vom Ende vorweg: Mobilisiere nie, was Du nicht richtig binden und ausleiten kannst! Chlorella scheint nach Datenlage kein effektives Quecksilber-Bindemittel zu sein, zumindest bei Dosierungen kleiner 40-50 g / Tag. Ja, Gramm. Das ist eine große Menge Chlorella, jedoch noch keine Sicherheit!
Das Problem: Chlorella mobilisiert anscheinend Quecksilber, was zu Problemen führen kann, wenn kein effektiver Binder vorhanden ist: u.a. der Umverteilung im Körper. Insofern würde ich Chlorella nur nutzen wollen, wenn eine Quecksilberfreiheit des jeweiligen Menschen der es (ein-) nimmt attestiert ist.
Ganz wichtig: Klappt es nicht mit dem Stuhlgang – also viel, mittelfest & regelmäßig – dann sollte von allen ‚Detox-Versuchen‘ aus meiner Sicht abgesehen werden. Ohne „ordentlich & regelmäßig Kacken“ wird das ggf. gut gemeinte DeTox zum ReTox. Mehr dazu findet Ihr hier (Detox-3-2-1), hier (zu der Schwermetall-Ausleitung allgemein) und hier (Chelatoren und Mobilisatoren, u.a. DMPS, DMSA, ALA & Co.)
Inhaltsverzeichnis für den Schnellzugriff
Kann Chlorella sicher Quecksilber ausleiten?
Viele Blogs, Bücher, Therapeuten, Heilpraktiker & Co. empfehlen Chlorella aus verschiedensten Gründen, u.a. auch zur ‚Ausleitung von Schwermetallen‘, speziell Quecksilber (u.a. aus Amalgam-Plomben). Leider habe ich dann gerade für letzteres, also den Beleg, das Chlorella sicher Quecksilber ausleiten kann, nie auch nur eine Studie oder einen wissenschaftlichen Beweis gefunden. Auch habe ich keine konkrete Behauptung gefunden, das dieses z.B. mehr als 50% der Patienten genützt hätte und keinem geschadet hat. Ganz im Gegenteil!
Wenn mann weitersucht, dann führten die Quellen oder Recherchen meist zu Dr. Klinghardt, von welchem ein ziemlich langes Vortrags-Video zur Entgiftungsprotokollen aus dem Jahre 1998 bei Youtube & Co. rumgeistert [1], über welches ich damals selber zu Chlorella (und auch Bärlauch + Koriander) gekommen war. Dem schließt sich eine Veröffentlichung zusammen mit Dr. Mercola von 2001 (auf Basis von Klinghardt) an [2], wobei es damals ziemlich Dünn um Studien bez. Chlorella aussah. Nur aus 1984 in Bezug auch Chloredecone hatte ich noch was gefunden [12] – wo eine Veröffentlichung vor 2001 lag.
Glücklicherweise bin ich schnell über ein Video [16] gestolpert, welches mir das potentielle Problem mit Chlorella transparent gemacht hat. Nicht das ich das komplett verifizieren kann – dazu reichen meine Chlorella- und Chemie-Kenntnisse nicht – jedoch hat es zu dem gepasst was ich bisher über die Funktionsweise von Chlorella gelesen hatte und von Chelatbildnern wie DMSA und DMPS kenne. Zudem warnen auch andere Chemiker und Ärzte aus gleichen bzw. ähnlichen Gründen vor Chlorella.
Problem 1: Nur eine Thiol- (SH-) Gruppe bei Chlorella

DMSA. Quelle: Wikipedia

DMPS. Quelle: Wikipedia
Die Vortragende erklärt in Ihrem Video, das es zur sicheren Ausleitung von Quecksilber (Hg) richtige Chelatbildner (-> Chelat => Griechisch: ‚Klaue‘) wie z.B. DMPS oder DMSA braucht, welche das Hg (halbwegs) „sicher„ binden können. Dies geschieht über so-genannte Thiol-Gruppen bzw. ‚SH‘-Liganden (-> Schwefel-Wasserstoff). Im Kontrast zu richtigen Chaltbildnern, wie u.a. DMPS und DMSA (siehe auch die nebenstehenden Strukturformeln), habe Chlorella jedoch nur eine und nicht zwei SH-Verbindung und könne das Hg so nicht sicher binden und damit auch Hg nicht sicher ausleiten.
Hinweis: Ich mag hier anmerken, das auch DMSA und DMPS nur je mit einer SH-Gruppe an ein Hg-Atom binden. Allerdings scheint die Bindungsstärke bzw. die Halbwertzeit der Chelatoren größer zu sein. Alternativ müsste bei der Einnahme von Chlorella müsste auf dessen Halbwertzeit (-> nach Cutler-Schema) geachtet werden, welche mir jedoch nicht bekannt ist.
Problem 2: Chlorella mobilisiert wohl Quecksilber – bindet jedoch schlecht
Schlimmer noch: Chlorella könne bei Menschen die eine (ggf. nicht bekannte) Quecksilbervergiftung haben das Hg mobilisieren und dann neu im Körper verteilen, so das es anstatt einer Ausleitung zu einer noch (schlimmeren) Neuvergiftung mit Hg kommen kann – mit allen (ggf. auftretenden) negativen Folgen [17]. Leider ist die Diagnose bez. Quecksilber nicht so ganz einfach, denn viel Hg ist in Geweben gebunden und taucht in Bluttests bzw. dem Urin nicht ohne vorherige Mobilisation (u.a. mit DMPS, DMSA) auf.
Ein mir wichtiges Anliegen: Ich würde selber keinen DMSA/DMPS-Provokationstest im Urin machen – denn das kann (bzw. wird) bei starker Belastung „nach hinten los gehen“.
Meine Chlorella-Kritik: Blödsinn? – nicht nach Dr. Mutter!
Auch der bekannte Schwermetall- und Entgiftungs-Arzt Dr. Mutter, der selber zusammen mit Dr. Klinghard referierte [18], berichtet in einer Veröffentlichung zu Vitamin B12 & Detox [7]:
„Mir sind genügend Fälle bekannt, bei denen z.B. durch die Einnahme von nur zwei Tabletten Chlorella massive Quecksilbervergiftungssymptome (der Beginn einer Multiplen Sklerose), Berufsunfähigkeit, schwere Depressionen oder Blutdruckanstieg über 220 mm Hg aufgetreten sind. Bei hohen Dosen (z.B. 100-200 Presslingen) gab es dagegen Verbesserungen. Dr. Klinghardt erklärt dies damit, dass niedrige Chlorellamengen Quecksilber aus den Körperdepots herauslösen aber nicht vollständig binden können. Hohe Dosen würden zwar nicht viel mehr Quecksilber aus dem Körper freisetzen, doch dafür dieses vollständig binden und ausleiten können.“
In einer anderen Veröffentlichung zu Detox-Protokollen schreibt Dr. Mutter [8]:
„Die Süßwasseralge Chlorella enthält einige vielversprechende Substanzen (u.a. Sporopollein), die eine unspezifische Bindungsfähigkeit für Schwermetalle, aber auch für andere Gifte, enthält“…. „Bei zu niedriger Dosierung sind aber auch Entgiftungskrisen beobachtet worden.„
Für mich spiegelt das wieder, was Dziwetzki (und auch Cutler) in Bezug auch Chlorella bemängelt: Chlorella kann Hg ggf. mobilisieren – jedoch nicht genügend ’stark‘ an sich binden. Das Problem: Übliche Dosen für Smoothie & Co. bewegen sich eher bei 1-5g/Tag und können die Entgiftungskrisen hervorrufen. Die von Dr. Mutter angegebenen ‚hohen Dosen‘ (100-200 Presslinge am Tag) entsprechen dann grob 50-100 g! Das ist eine Menge an Chlorella…
Wichtig: Ich bin in Bezug auf die Verwendung von DMPS- & Co.- Infusionen und anderen Dinge absolut nicht einer Meinung mit Dr. Mutter. Meine Erwähnung hier stellt keine Empfehlung dar.
Meine Chlorella-Kritik: Blödsinn? – nicht nach Dr. Retzek!
Dr. Helmut Retzek bläst dann ins gleiche Horn und schreibt [4]: „1) Chlorella-Ausleitung ist sehr langsam und auch Nebenwirkungs-anfällig“ und ganz wichtig habe er in seinem Klientel nun:
„eine Patientin die nach einer Chlorella-Ausleitung jetzt im Rollstuhl sitzt, eine hypothetische Vergiftung wurde durch einen Kinesiologen diagnostiziert und mit Chlorella ausgeleitet. Sie war vorher ziemlich beschwerdefrei.“
„ein Patient, welcher eine periphere Polyneuropathie seit der Chlorella-Ausleitung hat, Handschuhartige Gefühls-Störung der Hände.“
Nicht so schön… das mögen jetzt Einzelfälle sein – jedoch will ich nicht zu diesem Einzelfall gehören oder einem zukünftigen Einzelfall Chlorella empfohlen haben. Zudem geht es überein mit dem was auch Dr. Mutter sowie Berichte auf CuttlerSucessStories berichten [17]. Doch Dr. Retzek wird noch konkreter in einer aktuellen Präsentation [27]:
- bei ca. 100 Empfehlungen: nur 1 Verbesserung
- bei 30% der Patient Nebenwirkungen bei der Einnahme
- bei 10% der Patienten Verschlechterungen
Herr Dr. Retzek äußert sich dann auch noch
- vorsichtig-differenziert im Bezug auf Selen zum Entgiften (Anm.: Sehe ich auch so, denn Selen „entgiftet“ nicht)
- kritisch zum Cutler-Protokoll (Anm.: Wobei ich das nicht nachvollziehen kann – wenn richtig gemacht -> also nach Cutler-Schema!),
- kritisch in Bezug auf eine forcierte DMSA-Ausleitung mit Kapseln (Anm.: Sicherlich 100 mg und dann auch nur 1 mal am Tag – das geht natürlich schief! Schreibt auch Cutler),
- schreibt das Alpha-Liponsäure keine First-in-line Therapie sein sollte (Anm.: Absolute Zustimmung! Schreibt auch Cutler),
- befindet jedoch DMSA und DMPS (richtig verwendet) als hervorragende Ausleitungsmittel (Anm.: Zustimmung von mir!).
Wichtig: Ich bin in Bezug auf die Verwendung von DMPS- & Co. Infusionen und anderen Dinge absolut nicht einer Meinung mit Dr. Retzek. Meine Erwähnung hier stellt keine Empfehlung dar. Allerdings ist Dr. Retzek ein „Tausendsassa“ der durchaus interessante Dinge auf dem Radar hat.
Was sagt die Wissenschaft so in Bezug auf Chlorella?
Bei meiner Literaturrecherche (PubMed) bin ich in Bezug auf Chlorella nur so-lala fündig geworden. Richtig interessant waren:
- Eine Zusammenfassung von ca. 100 Studien zu Quecksilber: ‚Current approaches of the management of mercury poisoning: need of the hour‘ und etwas zu Chlorella [6].
- Recht guter Übersicht über Detox: ‚Chelation: Harnessing and Enhancing Heavy Metal Detoxification—A Review‘ [3].
Im spezifischen Bezug auf Chlorella fand ich:
- Kein Effekt von Chlorella auf Cadmium-Detox [9].
- Weniger Dioxin in Brustmilch durch Chlorella [10].
- Schutzeffekte bei Bleivergiftung durch Chlorella in Mäusen [11].
- Chlorella effektiv bei Entgiftung von Chlordecone, aber nur die Form C. Protothecoides nicht Vulgaris (also die Marktgängige Variante) [12].
- Chlorella kann wohl die Absorption von Strontium im Blut inhibieren und im Darm eliminieren, wobei der pH-Wert eine Rolle spielt [25].
- Es gibt jedoch viele Arten von Chlorella – mit verschiedenen Eigenschaften und einige sind Pseudo-Arten (u.a. C. Pyrenoidosa welche eigentlich zu C. Vulgaris gehört bzw. nie eigenständig war) [26]
Also: immer genau in die Studie schauen – und selbst diese geben teils nicht die genaue Chlorella-Variante an. Im ‚Internet‘ wird dann oft viel ‚Unsinn‘ ohne Angaben von dedizierten Quellen behauptet.
Zwischenfazit: Das alles ließt sich nicht so wahnsinnig ‚toll‘ für mich.
Was macht eigentlich Quecksilber so giftig?

Glutathion (GSH). Quelle: Wikipedia
Auch mal eine gute Frage… denn wenn mir klar ist warum und wie etwas schädlich ist, verstehe ich oft auch die Zusammenhänge besser. Aus einer Beschreibung in Englisch [19]:
„The most important mechanism by which mercury causes toxicity appears to be mitochondrial damage via depletion of GSH (Nicole et al. 1998), coupled with binding to thiol groups (-SH), which generates free radicals.“
Hg bindet sich an die SH-Gruppe von Glutathion (GSH) einem sehr, sehr wichtigen Antioxidanz im menschlichen Körper und deaktiviert dieses damit. Weiter im Text:
„Mercury has a high affinity for thiol groups (-SH) and seleno groups (-SeH) that are present in amino acids as cysteine and N-acetyl cysteine, lipoic acid, proteins, and enzymes“
Daher kommt dann auch auch die Bindungsfreudigkeit mit Selen und der Grund, warum Selen akute Hg-Symptome lindern kann. Weiter im Text:
„Mercury and methylmercury induce mitochondrial dysfunction, which reduces ATP synthesis and increases lipid, protein and DNA peroxidation“
Und wenn die Mitochondrien nicht mehr mögen oder nicht optimal arbeiten dann sind Krankheit und Elend nicht mehr weit entfernt. Wer hier tiefer in die Arten und Nebenwirkungen von Hg hinabsteigen mag, den verweise ich auf meinen Quecksilber-Artikel.
Was ist mit N-Acetyl-Cystein und anderen Supplementen?

N-Acetyl-Cystein. Quelle: Wikipedia
Worüber ich hingegen bei der ganzen Recherche immer wieder gestolpert bin ist N-Acetyl-Cystein (NAC). NAC ist auch in ACC-Akut als Schleimlöser-Komponente enthalten und ein der Zutaten, die für die Synthese von Glutathion (GSH), unserem „Masterantioxidanz“, benötigt wird [19]. Wer hier sucht, der wird schnell fündig, z.B.:
- NAC als Gegenmittel bei Hg-Vergiftung (in Mäusen) [13], aus der Studie: „The present study demonstrates that oral administration of N-acetylcysteine (NAC), a widely available and largely nontoxic amino acid derivative, produces a profound acceleration of urinary methylmercury excretion in mice.“
- Eine Behandlung mit NAC reduziert Hg-erzeugte Neurotoxizität im Hippocampus (in Ratten) [14]. Daraus: „…these results suggest that MeHg toxicity in the perinatal brain can be ameliorated by using NAC, opening potential avenues for therapeutic intervention.“
- Und noch eine Studie zu Arsen… [15]
Allerdings liegt auch hier der Teufel im Detail: Cystein ist nicht nur Baustoff für Glutathion (GSH), sondern kann mit seiner einen SH-Gruppe schwach an Quecksilber binden, dieses im Körper, u.a. auch über die Blut-Gehirn-Schranke, verschleppen. Externe Gaben von zu viel L-Cystein (ganz schlecht) oder NAC (besser) sollten nach Cutler verwendet werden, wenn das Cystein bzw. Methionin (Aminosäuren) im Blut gering ist. Auch Clemens [5] schreibt dazu mit Bezug auf eine Studie [23]:
„Das Problem ist, dass die Bindung alleine noch nicht zur Ausscheidung führt. Cystein kann als Träger für MeHg über die Blut-Hirn-Schranke fungieren und so das giftige Quecksilber ins Zentralnervensystem verschieben (Chapman, 2000).“
Insofern würde ich auch nie Cystein oder Methionin ergänzen, sondern nur NAC in geringen Dosen – bei geringen Spiegel an Cystein im Blut (-> Aminogram). Aber auch B12 als Methyl-Colbalamin, Selen und Vitamin D sollen bei einer hohen Hg Belastung nach Clemens ihre Tücken haben [6]. Dziwetzki rät deswegen auch von der
- „intravenöse Gabe von DMPS, DMSA, Alphaliponsäure, EDTA, Corianderextrakt, Glutathion, MSM oder DMSO,„,
- der „hochdosierten Einnahme von echten Ausleitungsstoffen wie DMPS, DMSA oder Alphaliponsäure„ und
- der „Einnahme von o.g. Ausleitungsstoffen außerhalb deren Halbwertszeiten, d.h. ein oder paar Mal am Tag,“ sowie
- „MSM – DMSA – Glutathion – Chlorella – Coriander – DMPS – Methionin„ ab [16].
So wie ich Sie verstehe sind richtige Diagnose, Menge und die zeitlichen Abstände der Einnahme der verschiedenen Chelatoren sehr wichtig. All diese Dinge mag ich inszwischen auf Basis von anderen Berichten (und mehr) selber bestätigen. Wer mehr wissen möchte beschäftige sich u.a. mit dem Cutler Protokoll.
Ist wenigstens ‚richtiges‘ B12 in Chlorella?
Nein – und wenn, dann absolut minimal und sehr unbestimmt – eventuell auch nur als B12-Analoga, welche nicht zu unserem B12-Haushalt beitragen, jedoch beim Bluttest (Serum) falsche Werte erscheinen lassen. Sage nicht ich, sondern schreibt Frau Brenda Davis (RD) in der (wissenschaftlich fundierten) Rohkost-Bibel ‚Becoming Raw‘ [20].
Mein Fazit

Die verschiedenen Formen der Quecksilber (Amalgam) und Schwermetall-Ausleitung: A) Gar nichts machen, B) Staub aufwirbeln und schön in Gehirn + Organe verteilen, C) effektiv binden & ausleiten. Bildquelle Pixabay, Torso, Ergänzungen: H.C.
Um noch die Frage aus der Artikelüberschrift zu beantworten: Chlorella mag „kein Bullshit“ sein, jedoch finde ich, das es a) aufgrund des Risikos (in Bezug auf die Hg-Mobilisierung), b) der unspezifischen Vorteile wegen und c) angesichts des recht hohen Preises und d) in Bezug auf das Kontaminationsrisikos ein Produkt ist, das aus meiner Sicht einfach zu viele potenzielle Problem und zu wenig Lichtblicke hat.
Ja, Chlorella kann ggf. Hg und andere ungewünschte Stoffe binden und (Dosisabhängig) und „zum teil“ ausleiten – aber eben nicht sicher, sondern „irgendwie“ und auch mal nicht. Es wird viel Staub aufgewirbelt, aber von dem Staub eben nur ein Teil ausgeleitet. Der Rest macht dann eine „Re-Tox“-Party.
Wenn eine relevante Hg-Belastung vorliegt, dann kann alles in Konsequenz sehr ’nach hinten‘ los gehen. Das im Zusammenhang mit Chlorella noch Bärlauch und Koriander (Extrakt bzw. Tinkturen) empfohlen wird, macht alles nicht besser, denn das Resultat scheint „noch übler“ als mit Chlorella alleine zu sein.
Weiterhin gibt es die verschiedensten Spezies (-> Unterarten) von Chlorella. Nicht alle (der wenigen) Studien sind mit Vulgaris getätigt. Es wird jedoch klar, das nicht alles Spezies das gleiche machen.
Wenn Chlorella zudem aus fragwürdigen Quellen bezogen wird, z.B. Anlagen mit offenen Becken [8] in Asien, dann ist es ggf. ‚gut‘ für eine Extra-Portion Schwermetalle & Co. Ich hatte mir damals mal Rückstandsanalysen schicken lassen – nur macht das kaum einer – und das Chlorella-Pulver aus Asien (von einem deutschen Premium-Marken Vertrieb) waren dann ca. 10 mal mehr belastet als das (wirklich hervorragende) aus Deutschland (Hersteller bei Klötze). Was sonst so in braunen Tüten günstig verkauft wird… ich mag es gar nicht wissen wollen.
Würde ich schlussendlich selber jemanden Chlorella empfehlen? Nein, denn ich kenne den Gesundheitsstatus der jeweiligen Menschen in Bezug auf Hg & Co. nicht.
Ich denke abschließend, das das Geld für Chlorella & Co. besser folgenden Dingen angelegt ist:
- Einer vorwiegend pflanzlichen 99% Bio-Ernährung mit viel Gemüse und Ballaststoffen,
- gutes Magnesium,
- sowie sinnvolle Bindemittel.
Wer wirkliches Schwermetall-Detox machen will (oder braucht), der schaut gerne in meine Detox-Serie bzw. in Richtng Cutler-Protokoll & Co. angesagt [21, 22].
Spannend war abschließend für mich noch, das Dr. Klinghardt einen Kongress biologisch arbeitender Zahnärzte in 2003 moderierte bzw. auf diesen präsent war, wo auch A. (Andy) Hall Cutler präsentierte. In den letzten 2 Minuten einer Aufzeichnung von Cutlers Präsentation [28] sprach dann Klinghardt noch sehr positiv über „Andy“ und lobte seine Erkenntnisse. Mein Gefühl ist jedoch, dass er Cutlers Erkenntnisse nicht im Kern begriffen hat, denn sonst würde die „Chlorella-Geschichte“, die primär auf Klinghard beruht, heute nicht mehr so populär sein.
Ganz wichtig: Ich möchte darauf hinweisen, das „nur, weil hier ggf. ein Arzt oder Heilpraktiker referenziert oder im positiven Zusammenhang benannt wird“ dies nicht bedeutet das dieser in allen Fragen kompetent sein muss bzw. ich diesen empfehle oder empfehlen würde.
Links / Quellen
- [1] Schwermetalle und ihre Wirkung auf die Gesundheit – Dr. Klinghardt 1998, Eine der ersten aufgezeichneten Vorlesungen von Dr. Klinghardt in deutscher Sprache, Paracelsustagung der ETH Zürich.
- [2] Mercury Toxicity and Systemic Elimination Agents, Dietrich Klinghardt, M.D., Ph.D. and Joseph Mercola, D.O., Journal of Nutritional & Environmental Medicine (2001) 11, 53-62
- [3] Chelation: Harnessing and Enhancing Heavy Metal Detoxification—A Review, Margaret E. Sears, ScientificWorldJournal. 2013; 2013: 219840., Published online 2013 Apr 18. doi:10.1155/2013/219840
- [4] Quecksilber-Entgiftung – mein Standpunkt – und Pubmed, Erfahrungsbericht und Standpunkt von Dr. Helmut Retzek zu verschiedenen Entgiftungsmethoden bez. Quecksilber
- [5] Bei Schwermetallbelastung Vorsicht mit diesen Supplements, Reinhard Clemens (Heilpraktiker), November 14, 2015
- [6] Current approaches of the management of mercury poisoning: need of the hour., Mehrdad Rafati-Rahimzadeh et al., Daru. 2014; 22(1): 46., Published online 2014 Jun 2. doi: 10.1186/2008-2231-22-46
- [7] Schlüssel zum Vitamin B12, Dr. J. Mutter, Die Wurzel Ausgabe 1/2014, Zu B12 – aber auch Chlorella & Quecksilber
- [8] Entgiftung: Effektiv bei vielen Krankheiten, Dr. Mutter J. ,OM – Zs. f. Orthomol. Med. 2016; 4: 5–15
- [9] Effect of Chlorella vulgaris intake on cadmium detoxification in rats fed cadmium., You Jin Kim, Sanghee Kwon, and Mi Kyung Kim, Nutr Res Pract. 2009 Summer; 3(2): 89–94.
- [10] Chlorella (Chlorella pyrenoidosa) supplementation decreases dioxin and increases immunoglobulin a concentrations in breast milk., Queiroz M., Rodrigues AP, Bincoletto C, Figueirêdo CA, Malacrida S., Int Immunopharmacol. 2003 Jun;3(6):889-900.
- [11] Protective effects of Chlorella vulgaris in lead-exposed mice infected with Listeria monocytogenes., Queiroz M., Rodrigues AP, Bincoletto C, Figueirêdo CA, Malacrida S., Int Immunopharmacol. 2003 Jun;3(6):889-900.
- [12] Detoxification of chlordecone poisoned rats with chlorella and chlorella derived sporopollenin., Pore RS., Drug Chem Toxicol. 1984;7(1):57-71.
- [13] N-acetylcysteine as an antidote in methylmercury poisoning., N Ballatori, M W Lieberman, and W Wang, Environ Health Perspect. 1998 May; 106(5): 267–271., PMCID: PMC1533084
- [14] N-acetyl cysteine treatment reduces mercury-induced neurotoxicity in the developing rat hippocampus. Falluel-Morel A. Et al., J Neurosci Res. 2012 Apr;90(4):743-50.
- [15] Arsenic-induced oxidative stress and its reversibility following combined administration of N-acetylcysteine and meso 2,3-dimercaptosuccinic acid in rats. Flora SJ1., Clin Exp Pharmacol Physiol. 1999 Nov;26(11):865-9.
- [16] Warum Chlorella Sie krank machen kann bei Schwermetallvergiftung (Video), HP Paola Dziwetzki, im Therapiezentrum Thomas Perlt, Albert-Schweitzer-Str. 33, 65451 Kelsterbach
- [17] Cutler Success Stories – What NOT to do!
- [18] Dr. Dietrich Klinghardt Dr. Joachim Mutter – Umweltgifte und Entgiftungsmöglichkeiten, Vortrag (Youtube)
- [19] Mercury toxicity and neurodegenerative effects., Carocci A1, Rovito N, Sinicropi MS, Genchi G., Rev Environ Contam Toxicol. 2014;229:1-18. doi: 10.1007/978-3-319-03777-6_1
- [20] Becoming Raw – The essential Guide to raw vegan diets, B. Davis, RD; V. Melina, MS, RD, Book Publishing Company, 2010
- [21] Entgiftung: Effektiv bei vielen Krankheiten, Dr. Joachim Mutter, OM – Zs. f. Orthomol. Med. 2016; 4: 5–15
- [22] Metal chelators and neurotoxicity: lead, mercury, and arsenic, Geir Bjørklund, Joachim Mutter, Jan Aaseth, Arch Toxicol, 20 September 2017, DOI 10.1007/s00204-017-2100-0
- [23] The influence of nutrition on methyl mercury intoxication., Chapman et al, Environ Health Perspect. 2000 Mar; 108(Suppl 1): 29–56.
- [24] Wie Chlorella und Koriander Quecksilbervergiftung schlimmer machen können, Paola Dziwetzki, Feb 18, 2018
- [25] Evaluation of Chlorella as a Decorporation Agent to Enhance the Elimination of Radioactive Strontium from Body, Kazuma Ogawa et al., PLoS One. 2016; 11(2): e0148080., doi: 10.1371/journal.pone.0148080
- [26] Comparative physiology and biochemistry and taxonomic assignment of the Chlorella (Chlorophyceae) strains of the Culture Collection of University of Texas at Austin, Erich Kessler et al., Journal of Phycology 28(4):550 – 553 · August 1992, DOI: 10.1111/j.0022-3646.1992.00550.x
- [27] Entgiftung der Weg zur Gesundheit., Dr.med. Helmut B Retzek
- [28] 2003 IABDM Conference – Dr. Andrew Cutler – Lipoic Acid for Chelating Mercury, IABDM, 08.12.2019
Der Rest dieses Beitrages ist nur für eingeloggte Freunde des Blogs einsehbar. Bitte logge Dich ein, oder schaue unter dem Menüpunkt 'Freunde des Blogs' für weitere Informationen wenn ein ernsthaftes Interesse besteht hier weiter zu lesen.
Neuste Kommentare