Von Monitorflimmern, LED-Backlight, PWM und “Flicker-Free”

Monitorflimmern - Starker Flimmer bzw. Stroboskopeffekt bei 0% Monitor-Helligkeit mit LED-Backlight (PWM).

Starker Flimmer bzw. Stroboskopeffekt bei 0% Monitor-Helligkeit mit LED-Backlight (PWM). Foto: H.C.

Kopfschmerzen bei längeren Arbeiten am Monitor? Konzentrationsprobleme? Ermüdung? Ggf. sogar epileptische Anfälle im zeitlichen Zusammenhang mit langen Arbeiten vor dem Monitor? Dann flimmert der Monitor ggf. unbemerkt mit Frequenzen ab 200 Hz!

Monitorflimmern… ????

Ja, Monitorflimmern! Vor dem schreiben dieses Artikels hatte ich ein Interview mit dem Lichtforscher Dr. Alexander Wunsch angehört [1], wo er auf die Art der Ansteuerung der Hintergrundbeleuchtung (-> LED-Backlight) von aktuellen Monitoren eingeht. Und wenn man gezielt danach sucht, wird man auch überall fündig… [2][3][9].

Worum geht es?: Das niederfrequente ‘flimmern’ der LED-Hintergrundbeleuchtung des Monitors verursacht durch die Ansteuerung per Puls-Weiten-Modulation (PWM)

Das Problem: Das ‘Flimmern’ ist, neben dem hohen Blauanteil vom LED-Licht, nicht nur ggf. störend sondern wirkt auch physiologisch über die Augen auf unser Gehirn [4], welches das ‘Flimmern’ kompensieren muss – selbst wenn wir das bewusst gar nicht merken. Dies kann u.a. zu Kopfschmerzen, (vorzeitiger) Erschöpfung, Epilepsie und anderem Ungemach führen und ggf. noch andere Langzeiteffekte auslösen – also welche, die wir noch gar nicht kennen. Aus eine Präsentation (von 2014) der IEEE PAR 1789 Arbeitsgruppe die sich mit diesem Thema schon viele Jahre befasste [5]:

“… some possible health risks, such as headaches, eye strain and epileptic seizure, associated with low frequency modulation of High Brightness LEDs in different applications”

Wichtig: Die IEEE ist nicht irgendwer – das sind die Leute aus der Industrie welche die offiziellen Standards herausgeben und bestimmen. Da ist dann auch jeder bedeutenden Monitor- und PC-Hersteller dabei!

Eigentlich ist mir vieles davon klar und bekannt… also als Kommunikationselektroniker & Nachrichten- und Elektrotechniker. Nur benutze auch ich (wie sicher auch die meisten anderen Menschen) alle möglichen Gegenstände & Geräte in meinem Leben – jedoch ohne immer sofort die Verbindung zu Gefahren und zwischen Ursache und Wirkung zu sehen. In diesem Falle von technischem Wirkprinzip einer LED-Helligkeitsregelung hin zu vorzeitiger Ermüdung und einem (subtilem) ‘Energieverlust’ bei der Bildschirmarbeit (bzw. LCD-TV, Tablet, Smartphone, etc.).

Tip: Mehr zu (Blau-)Licht, Melatonin & Co. gibt es hier zu lesen!

Einführung & Geschichte zum ‘filmmernden’ Hintergrund

Bei den alten Röhrenmonitoren war klar: Das Bild wird durch den Kathodenstrahl so ca. 70 mal pro Sekunde ‘gezeichnet’. Durch die fluoreszierende Schicht an der Glasscheibe hat diese dann noch etwas nach geleuchtet, so das ein recht konstantes helles Bild entstand – auch wenn der Strahl gerade wo anders war. Alles halbwegs gut (oder schlecht) für die Augen…

Sinunsförmiger Spannungsverlauf. Quelle: Wikipedia. Lizenz: GNU, Autor: Saure

Das war dann ähnlich wie mit der Glühlampe mit 230V Wechselstrom. Beim Wechselstrom ist ja die Spannung nicht konstant 230V sondern geht (mal ganz simpel ausgedrückt) sinusförmig ‘hoch-und-runter’ durch den 0-Punkt. ‘Ganz oben’ im Kurvenverlauf der Spannung geht ‘ganz viel Strom’ durch den Wolframfaden, in der Mitte bei ‘0’ Volt nichts und dann wieder ‘ganz unten’ ganz viel Strom. Zwischendurch irgendwas dazwischen 😉

Warum sehen (bzw. sahen) wir das Flimmern nicht? Der Wolframfaden war so Glutheiß, das er bei den 100 mal (Anm.: 50 Hz * 2 Halbwellen) pro Sekunde hin- und her kaum abkühlen konnte und so ein konstant helles Licht erzeugt hatte. Das ganze funktioniert heute noch bei Halogenlampen so.

Dann kamen die TFT bzw. LCD-Monitore – zu Anfang mit einer Hintergrundbeleuchtung durch (Leuchtstoffbzw.)  Kaltkathodenstrahlröhren (CCFL). Diese Dinger haben dann auch noch etwas nachgeleuchtet und waren auch noch nicht so hell, so das die meisten Menschen das Hintergrundlicht auf 100% gestellt hatten.

PWM Spannungsverlauf. Basierend auf Quelle: Wikipedia. Lizenz: GNU, Autor: Saure

Mit dem sehr hellen LED-Backlight jedoch gab es dann neue Effekte in Bezug auf die Helligkeitsregelung. LEDs schalten sehr schnell und ‘hart’ von An auf Aus – weswegen Sie auch für die Informationsübertragung in Lichtwellenleitern benutzt werden. Dimmt man nun den LCD-Monitor von 100% runter, dann wird die LED der Hintergrundbeleuchtung im schnellen Wechsel an- und ausgeschaltet (Pulsweiten-Modulation, PWM). Das passiert dann irgendwo zwischen 120-200 mal pro Sekunde.

Ganz schlimm wird es, wenn die Helligkeit auf 0% herunter geregelt wird. Dann gibt es quasi nur noch einen kurzen ‘Lichtimpuls’ und die meiste Zeit ist die LED dunkel – das ganze kann man sich wie ein Stroboskop vorstellen… ca. 120-200 mal die Sekunde an und aus… mit den Effekten wie im Anfangsbild dieses Artikels dargestellt. Tolle Wurst! In der nebenstehenden Grafik habe ich mal abgebildet wie das mit der Helligkeitsregelung (bzw. der PWM) funktioniert. In der ersten Hälfte ist der Monitor auf ca. 60% gedimmt, in der zweiten Hälfte des Verlaufs auf 0%.

Die neue Norm gegen Flimmern & Co.: IEEE PAR 1789

Risikomatrix nach Gefahren. Je undurchsichtiger das dargestellte Risiko im Bild, desto höher seine Wahrscheinlichkeit. Quelle: [5], basierend auf Ryder G. et al. (Safety 2012)

Die Industrie weiß das ganze schon lange – also dass das LED-Backlight und die niedrigen PWM-Frequenzen von ‘an und aus’ physiologische Effekte haben und ‘nicht das Gelbe vom Ei’ sind – siehe auch nebenstehende Grafik mit der Risikobewertung!

Deswegen hat die Industrie eine IEEE Arbeitsgruppe (PAR 1789) gegründet und in 2015 eine neue Norm verabschiedet – mit Empfehlungen für die Hersteller – wie Sie die größten Probleme beseitigen bzw. abstellen können. Denn es geht nicht nur um das ‘an- und aus’ der Hintergrundbeleuchtung, sondern auch um die ganze Spannungsregelung im Gerät. So können bei ‘günstiger’ Spannungsregelung noch zusätzlich die Netzfrequenz der Wechselspannung (50 Hz * 2) weiteres leichtes ‘flimmern’ erzeugen [6][10]:

AC-DC Converters often have 120Hz harmonics  (flicker) in their current. How much is acceptable?” (Anm.: 100Hz in Europa) [5]

sowie:

“There is good evidence that fluctuations in the light signal are detected by the nervous system up to perhaps 200 Hz.” [5]

und aus einer anderen Studie:

“photoreceptors are very sluggish, whereas some retinal ganglion cells can maintain firing of rates up to 250 Hz.” [7]

Alles bekannt… und noch immer wird so ein Mist gebaut…

Ist mein Monitor betroffen?

Das ist ganz einfach zu testen. Einfach die Helligkeit auf 0% stellen und mit den ausgebreiteten Fingern der Hand schnell vor dem Monitor hin- und herwinken + das gleich bei 100% Helligkeit machen. Ist der Sichteindruck bei 100% kontinuierlich (also so, wie es auch bei dem Blick aus dem Fenster ausschaut – siehe auch das letzte Bild im Artikel), jedoch bei 0% irgendwie Stroboskopartig (siehe auch das erste Bild im Artikel) – dann ist der Monitor definitiv betroffen.

Was kann ich zur Abhilfe machen?

Helligkeitregelung in den Grafikkarteneinstellungen. Foto: H.C.

100% Helligkeit damit es keinen Flimmereffekt mehr gibt. Foto: H.C.

Einen neuen Monitor kaufen! 😉

Alternativ: Den Monitor auf 100% Helligkeit stellen und dann mittels der Grafikkarteneinstellungen die Helligkeit wieder herunterregeln. Der Nachteil: Die Farben sehen dann ziemlich komisch aus, weil das Hintergrundlicht ‘volle Pulle’ macht – und dann wieder durch das TFT bzw. LCD-Display abgedunkelt wird. Auch kann das Ergebnis insgesamt zu hell sein – was dann auch wieder gesundheitlich nachteilig ist [8].

Worauf muss ich beim Kauf eines neuen Monitors achten?

Ich habe viel geschaut und die Hersteller sind mit detaillierten Informationen zurückhaltend – so zumindest mein Eindruck. Meist kein Hinweis auf die IEEE 1789 Norm, oft nur Werbung damit das das flickern ‘reduziert’ ist – und keiner geht darauf ein wie schlecht die alten Monitore der eigenen Marke vorher waren bzw. sind. Das ganze Thema wird dann eher als Verbesserung beworben – ala UHD & Co. Ich denke das die ganzen Hersteller hier keine große Diskussion lostreten wollen – für den Konsumenten bleibt das Thema so auch eher im Dunkeln.

Bei einem Neukauf sollte nun unbedingt darauf geachtet werden, das eine Direct Current (DC) Technologie beworben wird – und nicht nur ein reduzieren des Flickern, was denn auch über eine höhere PWM-Frequenz möglich wäre (die wieder andere & noch unbekannte Effekte haben könnte) – was aktuell auch einige Hersteller machen [9]. Das ist jedoch für mich nicht die Lösung., was ich suchte war eine Produktangabe wie z.B.:

“… utilises a DC (Direct Current) backlight panel, reducing flickering light levels…”

so das ich (halbwegs) konkret weiß was ich da kaufe(n glaube). Interessant zu sehen ist auch, das dieser Hersteller nicht konkret auf die Thematik eingeht und auch nicht schreibt, das mit der DC-Technologie (Gleichspannung) das Flickern komplett eliminiert ist. Ggf. ist ja die Spannungsregelung in Bezug auf die 50Hz Netzfrequenz noch nicht entsprechend sauber 😉

Spektrum Weiße LED – viel zu hoher Blauanteil um ca. 450nm

Ach ja, wenn schon neu gekauft wird, dann sollte der Monitor gleich noch eine “Low Blue Light” Technologie aufweisen – also eine Reduzierung des schädlichen Blaulichtanteils des LED-Hintergrundlichtes, z.B. über spezielle Filterfolien. Darauf bin ich in meinem Beitrag über die BlueBlocker Brillen schon eingegangen, deswegen wiederhole ich das hier nicht noch einmal.

Ich habe jetzt nicht allzu viel herumgeschaut – jedoch bieten eigentlich alle Monitorhersteller solche Geräte teils schon seit einigen Jahren an – zumindest welche mit Direct-Current (DC) Technologie. Aktuell habe ich sogar einen recht neuen 27″ Monitor mit Standard-HD Auflösung (1920*1080) und Pivot-Funktion unter 250€ ausgemacht, der beides (DC & Low Blue Light) beherrschen soll: einen AOC I2790PQU-BT. Insgesamt war die Recherche jedoch mühevoll, da sich konkrete Angaben bzw. die Zusicherungen von Eigenschaften meist nicht in den Datenblätter wiederfinden lassen. Mit dem AOC bin ich selber jedoch inzwischen sehr zufrieden.

Mein Fazit

Kein Stroboskopeffekt bei 100% Monitor-Helligkeit mit PWM-LED-Backlight. Foto: H.C.

Jede neue Technologie bringt immer wieder neue Probleme mit sich die dann hinterher wieder durch andere ‘Hacks’ ala ‘zurück zu den Ursprüngen’ geheilt werden. Oft sind die Probleme am Anfang schon bekannt – sie sinnvoll zu umgehen kostet jedoch Aufwand, Zeit & Geld – also wird erst einmal gemacht und später geschaut. Im Zweifelsfall verkauft man dann eben zwei mal an den selben Kunden…

Halte ich die ganze Aufregung für relevant? Ja, absolut! – und Eigentlich sollte ich nicht mal mehr diesen Beitrag vor meinen altem Monitor schreiben 😉

Ich denke: Wer als Bildschirmarbeiter seine wirtschaftliche Existenz sichert und dabei zwangsweise viel vor dem Monitor sitzt – der wird durch das niederfrequente Flimmern nachhaltig ‘negativ’ belastet. Nicht umsonst geht es einem im Urlaub, in der Sonne, im Sommer – ohne die (neuen) Technologien – deutlich besser, als an Tagen wo 8 Stunden oder mehr vorm Bildschirm ‘abgehangen’ wird.

Auch denke ich, das gerade bei Büro- und Arbeitsplatzmonitoren wie dem oben verlinkten AOC solche ‘Verbesserungen’ nicht ohne Grund eingeführt werden… genauso wenig wie das Apple NightShift in sein iOS integriert hat oder viele Menschen f.lux unter Windows nutzen.

Alles wie bei den Laserdruckern….

Das ganze wird (meiner Meinung nach) bald alles so selbstverständlich sein, wie das mit den Laserdruckern – welche nach einer großen Studie, von der wichtige Teile nicht (bzw. nie) veröffentlicht wurden – aus dem Büros verschwanden. So schrieb der NDR in 2013:

“Viele dieser Geräte stoßen im Betrieb Milliarden kleinster Teilchen aus, sogenannte Nanopartikel. Und die können krank machen, sagen Umweltexperten und Toxikologen. Markt erhielt Einblick in eine Laserdrucker-Studie, die das Bundesamt für Materialprüfung (BAM) unter Verschluss hält. Demnach weisen viele der getesteten Geräte hohe Emissionen auf.”

… das nur als Ergänzung für Menschen die noch einen Laserdrucker neben Ihrem Flimmermonitor haben, gerade Ihre Lunge und Haut damit kontaminieren und die Basis für Lungenkrebs & Co. damit bereiten.

Ach ja, hatte ich schon von MobilfunkWLAN & Co. erzählt?


Quellen / Links 

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4 Antworten

  1. Maximilian Tenner sagt:

    Würdest du dann sagen, dass Bildschirme, die einen externen AC-DC Converter haben weniger vom schädlichen Flackern betroffen sind?

    • H.C. Fricke sagt:

      Das hat nichts mit dem Flimmern zu tun. Hier sind höchstens die Magnetfelder weiter vom Bildschirm entfernt – wenn man denn das Netzteil so weit wie möglich weg positioniert. Man muss explizit nach Direct Current Backlight oder ähnlichem schauen. Ich nutze den beschriebenen AOC Monitor.

      • Maximilian Tenner sagt:

        Ok, dann hilft nur Nachfragen beim Hersteller, da die das eigentlich nie in die Spezifikationen der Bildschirme schreiben.

        • H.C. Fricke sagt:

          Entweder es steht in den Endkunden-Spezifikationen – oder eben nicht. Nur auf diese zugesicherten Eigenschaften kann ich mich hinterher beziehen (-> Umtausch, Regress, etc.). Es gibt genug “Direct Current” Monitore – ich verstehe insofern das Problem nicht.

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