Folat Teil 2: Was unterscheidet die verschiedenen Folate (u.a. D- und L-Methylfolat, 5-MTHF, Quantrefolic) + was zu Dosierung & Nebenwirkungen

Welches L-Methylfolat ist das richtige? Hier wird die Begriffsverwirrung aufgeklärt!

Welches L-Methylfolat ist das richtige? Hier wird die Begriffsverwirrung aufgeklärt!

Folsäure, Folat, Methylfolat, L-Methlyfolat, L-5-MTHF, 6(S)-5-Methyltetrahydrofolat, 6(R)-5-MTHF, Quatrefolic, Metafolin (etc. – siehe nebenstehendes Bild) – Verwirrt? In diesem zweiten Teil meiner Serie zu Folsäure und Folat möchte ich darauf eingehen, wie die verschiedensten Inhaltsangaben auf Nahrungsergänzungsmitteln zu deuten & zu verstehen sind – um letztendlich auch eine Kauf- oder Nicht-Kauf Entscheidung treffen zu können. Folgendes möchte ich in diesem Artikel betrachten:

  • die verschiedenen Supplement-Formen von L-Methylfolat – also der ‘aktiven Folsäure’vorstellen,
    • Speziell den Unterschied zwischen den L- und D- Formen
  • Aufzeigen, was bei (oder vor) der Einnahme beachtet werden sollten,
    • z.B. vorher B12 auffüllen,
  • welche Seiteneffekte und Nebenwirkungen (von zu viel Methylfolat) auftreten können,
    • wie eine Über-Methylierung, mTOR-Aktivierung, etc.
  • und welche Dosierungen ggf. sinnvoll sind.

Hinweisen möchte ich hier noch auf Teil 1 und 3 dieser Serie:

Am Ende des Artikels folgt dann, wie üblich, mein Fazit.

Noch mal zu den ‘Basics’: Niemals Folsäure!

In diesem Beitrag geht es um die verschiedenen Arten & Bezeichnungen von (L-)Methylfolat – der biologisch aktiven Version von Folat. Steht irgendwo ‘Folsäure’ drauf – aber nirgendwo im Kleingedruckten etwas von Methylfolat, dann auf jeden Fall: Finger weg!

Warum? Das gibt es hier zu lesen.

(L-)Methylfolat, 5-MTHF, 6(S)-5-MTHF…. Was ist gut – was ist schlecht?

Dr. Ben Lynch [1] hat auf seiner Webseite MTHFR.net einen sehr guten Übersichtsartikel zum Thema, auf den ich mich hier beziehe [2]. Wer einmal auf die Packungsangaben bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) schaut, der wird (wie auch ich anfangs) sicher verzweifeln – wegen der verschiedensten Angaben und Bezeichnungen.

Also noch mal: Steht auf der Packung Folsäure oder nur ‘Folat’ – dann Augen auf! Wichtig ist im nächsten Schritt zu schauen, ob in dem NEM auch noch Methylfolat enthalten ist, und wenn, dann welches – denn auch hier gibt es Unterschiede. Auf der Packung sollten dann irgendwelche der folgenden Begriffe oder Wörter stehen:

  • Ganz unspezifisch -> Immer beim Hersteller nachfragen, ob die L-Form verwendet wird!
    • Methylfolat
    • 5-MTHF
    • 5-Methylfolat
  • O.K. (zumindest die L-Form)
    • L-MTHF
    • L-Methylfolat
  • Calcium-Verbindung, sehr spezifisch (gut)
    • L-Methylfolat Calcium
    • Levomefolinsäure (Levomefolic Acid)
    • Metafolin ®
  • Tetrahydrofolat-Verbindung, sehr spezifisch (sehr gut)
    • 5-Methyltetrahydrofolat
    • L-5-MTHF
    • L-5-Methyltetrahydrofolat
    • 6(S)-5-MTHF
    • 6(S)-5-Methyltetrahydrofolat
    • 6(S)-5-Methyltetrahydrofolat-Glucosaminsalz
    • Quatrefolic ®

Viele Namen für eine letztendlich gleiche Sache… aber so ist es eben. Wichtig ist jedoch, das folgende Dinge nicht auf der Packung stehen:

  • D-Methylfolat
  • D-5-Methylfolat
  • 6(R)-5-MTHF
  • 6(R)-5-Methyltetrahydrofolat

Warum sind die letzten Formen nicht gut? Weil nicht alle Methylfolate die gleichen bzw. gleich sind!

Was sind die Unterschiede zwischen den L- & 6(S)- und D- & 6(R)- Formen von Methylfolat?

Die L-Formen werden nach Ben Lynch alle gut aufgenommen und absorbiert [2]. Die D- und 6(R)-Formen sollten jedoch auf jeden Fall vermieden werden.

Wenn gar nichts angegeben ist, also kein L- und kein D- (bzw. 6R oder 6S), dann sollte in jedem Falle der Hersteller gefragt werden was denn nun genau im Produkt ist. Alternativ sollte aus meiner Sicht von dem Produkt abgesehen werden – weil die Auszeichnung nicht vollständig ist. Das gleiche gilt für mich auch für Produkte, die nur ‘Folat’ oder Folsäure enthalten.

So, nun weiter: In der organischen Chemie gibt es Verbindungen, welche die exakt gleiche Molekülformel und Sequenz von gebundenen Atomen haben können – sich jedoch dreidimensional unterscheiden [2]. Diese Verbindungen sind als Steroisomere bekannt [7]. Dabei haben die Sterioisomeren (bzw. deren primäre Untergruppe der Konfigurationsisomeren) zwei übliche Formen [2]:

  • Enantiomere – sind Konfigurationsisomere, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten
    • Sie haben gleiche physikalische Eigenschaften,
    • können jedoch unterschiedliche biologische Wirkungen haben.
  • Diastereoisomere – sind alle Konfigurationsisomeren, die nicht Enantiomere sind
    • u.a. Mesoverbindungen, Cis-Trans-Isomere, E-Z-Isomere und nicht-enantiomere optische Isomere.
    • diese sind keine Spiegelbilder voneinander,
    • haben selten die gleichen physikalischen Eigenschaften
    • haben unterschiedliche biologische Wirkungen.

Was ist nun konkret der Unterschied zwischen den L- und D- (bzw. R- und S-) Formen?

Vorweg: Die D, L-Schreibweise (bzw. Nomenklatur) ist die veraltete Schreibweise und wurde durch die heute gebräuchliche R, S-Nomenklatur ersetzt [5]. Allerdings werden noch beide verwendet – was dann zu Verwirrungen führen kann. Mit den räumlichen (‘Stereo’) Deskriptoren D und L wird dann die Konfiguration des untersten Stereozentrums angegeben. Was das nun genau bedeutet – darauf gehe ich hier im Artikel nicht weiter ein.

Wichtig sind jedoch ein paar Punkte:

  • Nur das L-Methlyfolat (L-MHTF) ist das biologisch aktive Methylfolat [9].
    • Dies ist auch die Form, welche über Zellmembranen und die Blut-Gehirn-Schranke transportiert wird [9].
  • Insgesamt gibt es viele verschiedene Konfigurationen von Methylfolat, der Einfachheit halber werden jedoch alle natürlich vorkommenden Formen der “L”-Form zugeordnet – und alle anderen der “D”-Form [10].
  • Ca. 70% des Folats in der Nahrung liegen als 6(S)-5-MTHF vor [9].
  • Suppplement-Formen wie z.B. Metafolin® (also L-Methylfolat-Calcium) enthalten nicht mehr als 1% der D-Form [9].
  • Die D-Form reichert sich wohl in Geweben und insbesondere der Leber an.
    • Hier wird es nicht metabolisiert und
    • kann ggf. Enzym-Reaktionen des Homocystein und Folat-Metabolismus stören,
    • sowie die Bioverfügbarkeit des L-MTHF reduzieren [9][6].

Ich hoffe diese Dinge machen noch mal klar, wie wichtig es ist auf die richtige Form beim Methylfolat zu achten. Ein kleiner Buchstabe kann den (großen) Unterschied bedeuten. Insofern achte ich selber inzwischen darauf, das das Produkt am besten Quatrefolic ® oder Metafolin ® enthält.

Ach ja: Jedes Methylfolat hat nach Ben Lynch [2] auch Stereoisomere in Form von Diastereoisomeren [8] – aber die D-Isomere sollten nicht mehr als 1% ausmachen.

Beachtenswertes und ‘potentielle’ Nebenwirkungen von (L-)Methylfolat

Nichts ist ohne Folgen und Konsequenzen – auch (zu viel) L-Methylfolat (bei Dosierungen im mg-Bereich) nicht. Deswegen sollten aus meiner Sicht folgende Dinge beachtet werden:

  • L-MTHF passiert alle natürlichen Schranken bzw. Systeme, die eine ‘Über-Methylierung’ verhindern [3].
    • Hier gibts einige Studien die wohl eher auf Folsäure basieren und Probleme mit Krebs & Co. festgestellt hatten [11].
    • Allerdings weist auch Dr. Ben Lynch ganz explizit auf Probleme mit (zu viel) Methylfolat (als Supplement) hin [1].
    • Optimal ist in jedem Fall genug an Folat reicher Nahrung zu essen – bevor supplementiert wird [1][3].
  • In jedem Fall sollte der Vitamin B12-Status adäquat sein, bevor mit L-MTHF supplementiert wird.
    • Sonst gibt es zwar viel Methylfolat – aber zu wenig B12 um das Homocystein zu Transformieren.
    • Das ist wie Feuer (Folat) ohne Brennholz (B12) [1][3].
  • L-Methylfolat kann mit einigen Medikamenten und auch bipolaren Störungen interagieren
    • Das ist nicht unbedingt spaßig, speziell wenn einige Antidepressiva gegeben werden.
    • L-MTHF senkt den Plasmaspiegel von u.a. Pyrimethamin und bestimmter Antikonvulsiva, einschließlich Phenytoin, Carbamazepin, Fosphenytoin, Phenobarbital, Primidon, oder Valproat.
    • Folgende Arzneimittel können u.a. den L-MTHF-Spiegel senken: Antikonvulsiva, Cholestyramin, Colestipol, Cycloserin, Aminopterin, Methotrexat, Sulfasalazin, Pyrimethamin, Triamteren, Trimethoprim, Isotretinoin, Fluoxetin, nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs), Methylprednisolon, Pentamidin.

Als Begleiterscheinungen, welche nach 2 Wochen, aber auch nach wenigen oder auch schon einem Tag auftreten können zählen u.a. [3][12]:

  • Muskelkater und schmerzende Gelenke
  • Akne oder Hautausschlag
  • Schlaflosigkeit und Reizbarkeit
  • Übelkeit, Kopfschmerzen und Migräne.
  • Herzklopfen,
  • laufende Nase

Das könnte aus meiner Sicht u.a. auf “Detox”-Probleme hinweisen, weil Methylfolat, bei vorherigem Fehlen, auch die Cholinsynthese und damit die Leberfunktion verbessert. Dadurch könnten vermehrt Giftstoffe in einen überforderten Darm ausgeschieden werden, was zu Problemen führen “könnte”. Abhilfe wären Bindemittel. In jedem Fall würde ich, falls solche Symptome auftauchen, nicht mehr als 400 µg ergänzen bzw. versuchtweise die Ergänzung pausieren bzw. weiter reduzieren, z.B. auf 200 µg.

Falls ggf. aus versehen höhere (bzw. zu hohe) Dosen Folat ergänzt wurden, der kann, nach Ben Lynch, als ‘Gegenmittel’ Vitamin B3 als Niacin (10-50 mg – oder auch mehr) einsetzten [1][3][12]. Dies wohl weil die Metabolisierung von Vitamin B3 (Nicain), aber auch Nicotinamid, Methylgruppen benötigen bzw. “abbauen”.

Zu viel Methylfolat hat jedoch noch einen anderen Nachteil: Es aktiviert mTOR, was zur Folge hat, dass u.a. das ‘Aufräumen’ im Körper (Autophagie), z.B. beim (Intervall-)Fasten in der Nacht, nicht einsetzt und ggf. auch Entzündungsprozesse (bzw. die Bildung von Peroxinitrid) befördert werden (-> das Spiel zwischen AMPK und mTOR wird gestört) [16]. Insofern würde ich L-Methylfolat eher am Morgen, nicht am Abend und auch nicht ohne Grund in “höheren Dosen”, für mich >= 1 mg, einnehmen.

Diese Dinge treten jedoch bei üblichen Dosen um 200-400 µg, ggf. auch 800 µg, eher nicht auf. Zudem ist Methylfolat ist nicht nur für ein niedriges Homocystein verantwortlich, sondern ist auch für die Regulation der eNOS/iNOS Expression und die Folge-Reaktionen in Bezug auf Superoxid (OO) und Peroxinitrid (ONOO) wichtig, weil es ein wichtiger Co-Faktor für die Regeneration von BH4 ist. Damit trägt das Methylfolat einer sinnvollen Regulation der NOS’en bei. [17]

Dosierungen & Co-Faktoren

Die Quellen meiner Folsäure (bzw. des natürlichen Folates) (Cronometer).

Die ‘richtige’ Dosierung von L-5-MTHF, wenn es so etwas überhaupt gibt, richtet sich nach vielen Faktoren. Die meisten Therapeuten & Co. beachten bei der Abschätzung jedoch nicht die individuelle Ernährung der Menschen, und schätzen auch nicht ab, ob eine Umwandlungsstörung vorliegt (-> MTHFR-Polymorphismus, welcher im 3ten Teil dieser Serie behandelt wird) [14].

Wird so gegessen wie es meine Cronometer-Analyse zeigt – dann erübrigt sich sicher eine Supplementierung – wenn die MTHFR-Enzyme ‘Top’ oder zumindest mittelprächtig funktionieren. Um das fest zu stellen bedarf es jedoch im allgemeinen keines DNA-Tests [1]. Warum schreibe ich das? Weil für die Genomstabilität ca. 300-700 µg L-Methylfolat ausreichen sollen [18]. Allerdings gebe ich zu bedenken, das 80% der Deutschen (nach Bundesverzehrstudie II) nicht einmal die Vorgabe der DGE von 300 µg erreichen!

Dr. Ben Lynch rät im Falle, dass eine Supplementierung erforderlich sein sollte mit maximal 400 µg L-Methylfolat zu starten, wobei vorher der B12-Status überprüft und ausgeglichen sein sollte. Wie das geht, hatte ich schon vor ca. 3 Jahren in meinem Artikel zu Vitamin B12 aufgezeigt.

Grundsätzlich gelten wohl (MTHF-Equivalente) Dosen bis 1 mg sehr und Dosen bis 5 mg ggf. einigermaßen sicher, darüber sollen sich dann definitiv die weiter oben beschriebenen Nebenwirkungen zeigen [19].  Insgesamt scheinen 400 µg / Tag eine gute mittlere (und sichere) Dosis bei Studien zu sein [20].

Bedenke ich, das die meisten Deutschen die 300 µg wohl nicht schaffen und das viele davon eine Umwandlungsstörung haben, dann sind aus meiner Sicht 200-400 µg L-5-MTHF eine gute Rückversicherung mit wenig Potential für eine Überdosierung und sind deswegen wohl in den meisten Supplementen (B-Komplexen) auf dem Markt anzutreffen. Mit allen Mengen über 800 µg an L-5-MTHF pro Tag wäre ich persönlich jedoch eher zurückhaltend – speziell, wenn sie dauerhaft eingenommen werden. Hier würde ich eher 400 µg L-Methylfolat mit 400 (oder mehr) µg Folinsäure kombinieren – etwas, was ich in Teil 3 ausführen werde.

Geht es auch um die Senkung eines hohen Homocystein, dann sind noch weitere Faktoren zu beachten – u.a. Vitamin B6-P5P, Vitamin B12, auch Vitamin B2 und ggf. TMG (Betain) bzw. SAMe’s [15]. Dieses und mehr bespreche ich dann ebenfalls im dritten Teil meiner Serie zu Folat.

Mein Fazit

Wenn ergänzt wird, dann entscheiden oft die Feinheiten – wie auch bei den richtigen Formen von Zink, Magnesium, Eisen & Co. Wer hier aufmerksam mitgelesen hat, der weiß nun, wie das ‘richtige’ L-Methylfolat identifiziert werden kann. Allerdings sollte es auch mit (L-)Methylfolat nicht übertrieben werden: Eine gute Ernährung mit viel frischem Grünzeug sollte die Basis sein – und nicht Supplemente. Letztere können aber Helfen, im falle das eine genetisch bedingte Umwandlungsstörung oder ein anderweitiger Mangel vorliegt. Produkte die ich nutze sind in Teil 3 verlinkt.

Eine wichtige Anmerkung mag ich noch machen: 5-MTHF ist nicht stabil in wässrigen Lösungen! [21]:

5-methyltetrahydrofolate was completely degraded in less than 15 minutes. As in the buffer, 5-methyltetrahydrofolate in apple or carrot purées degraded rapidly without the addition of ascorbic 25 acid. By adding ascorbic acid, the stability could be increased, but the chosen amount was crucial.”

Meint: Ohne ganz viel Ascorbinsäure ist das 5-MTHF in ein paar Minuten “weg”. Prüft also bei Infusionen ggf. ob das 5-MTHF in einem Ascorbinsäurepuffer in der Ampulle geliefert wird und das die Ampulle erst in die NaCl-Lösung am Tropf gegeben wird, wenn die Infusionsnadel in euch steckt.

 


Links/Quellen

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