ARIC Studie: Mehr Kohlenhydrate = Längeres Leben (-> Low-Carb & Keto = Ungut)
Spannend fand ich das Vorwort der Studie, in dem der Trend zu den vielen Low-Carb (-> ‘High-Fat’) Diäten angesprochen wurde. Die Autoren stellen klar, das es damit (also Low-Carb), gar keine Langzeiterfahrungen gibt [1]:
“Low carbohydrate diets, which restrict carbohydrate in favour of increased protein or fat intake, or both, are a popular weight-loss strategy. However, the long-term effect of carbohydrate restriction on mortality is controversial…“
Meint auch: Kein bekanntes Volk oder große Volksgruppe hat sich jemals auf der Welt so ernährt, wie es uns ‘Low-Carb Gurus’ und Low-Carb “Experten” heute präsentieren. Eventuell vereint das die Low-Carb Experten mit denen für Roh- (vegane) Kost. Dem einzigen Fachbuch über (Vegane) Rohkost zur Folge ‘naschten’ die Rohkostgurus hier und da bzw. hielten diese Ernährungsform nicht Ihr Leben lang durch. Darum geht es ja am Ende: Die Frage ob eine Ernährungsform für das gesamte Leben taugt und nicht nur für ein paar Tage, Monate, für eine Jo-Jo-Crash-Diät, den metabolischen Totalabschuss bzw. ‘nach gefallen’.
Die Autoren wollten nun der Frage wie es mit dem Vergleich von High-Fat und High-Carb nun konkret aussieht nachgehen. Vorweg: Die Ergebnisse überraschen mich gar nicht.
Hier nun die Themenliste dieses Artikels:
- Die U-Kurve: Low-Carb = Schlecht & mit (viel) tierischen Fetten & Protein noch schlechter
- Die U-Kurve & der Graubereich: Etwas zur optimalen Menge von Kohlenhydraten
- Vergleich: ARIC & PURE Studie
- Die Unterschiede zwischen ARIC & PURE
Am Ende des Artikels folgt dann mein übliches Fazit.
Inhaltsverzeichnis für den Schnellzugriff
Die U-Kurve: Low-Carb = Schlecht & mit (viel) tierischen Fetten & Protein noch schlechter
Zu erst ist aus meiner Sicht eines fest zu halten: Nach allen Daten und auch nach Vergleich mit anderen Studien ist (für mich und die Autoren) klar, das bei weniger als 50% Kohlenhydraten (KH) in der Ernährung das Sterberisiko steigt – egal wie man es dreht, und wie gut die Fette und die Proteine sein mögen die man sich zuführt! Punkt. Dabei schreiben die Autoren auch, das sich die Sterbewahrscheinlichkeit weiter erhöht, wenn die Fette & Proteine aus tierischen Produkten bzw. Quellen stammen – etwas, was ‘sogar’ das Ärzteblatt verstanden hat – jedoch sehr kompliziert ausdrückt [2].
So scheint eines der Studie nach klar: Es gibt Unterschiede ob bei einer Viel-Fett Ernährung pflanzliches oder tierisches Fett und/oder Protein verzehrt werden. Dazu aus der Studie:
“… and could depend on whether dietary carbohydrate is replaced by plant-based or animal-based fat and protein.”
Die Autoren können sich als Grund nur den Unterschied der Quelle von Fett & Protein erklären: Pflanzlich oder tierisch, wobei die pflanzliche Gruppe besser abgeschnitten hatte. Nicht das ich denke das ein Stück Fleisch oder ein paar Eier die Woche problematisch wären – aber diese ‘Mäßigung’ entspricht eher nicht den Ernährungs-Gewohnheiten der durchschnittlichen Omnivoren.
Die U-Kurve & der Graubereich: Etwas zur optimalen Menge von Kohlenhydraten
Nun möchte ich den Blick noch einmal auf die oben abgebildete “U-Kurve” lenken. Diese legt auf den ersten Blick nahe, das ca. 50-55% KH optimal wären – also mit dem geringsten Sterberisiko assoziiert sind. Wer genau schaut, der wird jedoch sehen, das der ‘graue Bereich der Unsicherheit’ auch in einen Bereich reicht – der durchaus eine noch geringere Sterbewahrscheinlichkeit nahelegt: Bei noch mehr Verzehr von Kohlenhydraten.
Wichtig ist hier zu wissen, das die ARIC-Studie, auf der die Forscher Ihre Beobachtungen stützen, die Form der KHs nicht differenziert, sondern nur die der Fette und Proteine (und selbst hier nur marginal: In Tierisch & Pflanzlich). Bei KH werden also raffinierter Zucker, Fruktose-Sirup, Kartoffeln, Reis, Hirse, Äpfel, Bananen, etc. pp in einen Topf geworfen.
Mein Punkt: Wenn ‘noch mehr’ Kohlenhydrate als die 55% KH optimal gewählt werden (sicher nur bei einem sehr kleinen Teil der Studien-Teilnehmer) und dazu die Auswahl der Fette und Proteine passt (wenig Tierisches) – dann ist optimaler weise ggf. noch etwas ‘weniger Sterblichkeit’ drin. Auch die Medizinstudentin Frau Rosenbusch, deren Meinung ich in diesem Bereich sehr schätze, sieht bzw. interpretiert das Ergebnis der Studie so [3].
Vergleich: ARIC & PURE Studie
Die Studie die Auf Daten der ARIC (Atherosclerosis Risk in Communities) Studie basiert analysierte die Daten von über 15.000 US-Amerikanern im Alter von 45-62 Jahren. Die Autoren verglichen dann die Daten mit denen von der PURE-Studie, welche ich hier schon mal besprochen hatte. Warum mit der PURE-Studie? Weil beiden Studien die einzigen großen Kohorten-Studien scheinen, in der die Menge der zugeführten Kohlenhydrate ermittelt (bzw. publiziert) wurden:“The ARIC and PURE studies were the only two cohorts for which data were published or available about the continuous percentage of energy from carbohydrate”
Die PURE-Studie ist für mich sehr zwiespältig, da u.a. finanziert von der Pharma-Industrie & Co. – und insbesondere deswegen, weil Sie zum Schluss kommt, das das mit den gesättigten Fetten gar nicht so schlimm sei. Interessant ist das der Hauptsponsor dann den Umsatz trächtigsten Cholesterinsenker der Welt produziert…. Zudem basieren die Daten nicht auf genauen Erfassungen der Menschen – sondern auf eigenen / geschätzten Angaben (-> Fragebogen). Zur PURE-Studie habe ich hier im Blog schon einen ausführlichen Beitrag gehabt…
Die Unterschiede zwischen ARIC & PURE
Zu beachten ist bei der ARIC und PURE-Studie noch folgendes – um die Daten und etwas unterschiedlichen Daten zu deuten:
- ARIC hat nur US-Ernährungsgewohnheiten bzw. Bewohner untersucht
- welche tendenziell mehr Fett & Fleischprodukte essen,
- was sich auch an der Grafik zeigt, die unter 15% KH-Anteil bei der Ernährung beginnt.
- welche tendenziell mehr Fett & Fleischprodukte essen,
- PURE hat den Fokus eher auf Ländern gelegt die ökonomisch nicht so entwickelt sind wie die USA
- u.a. Bangladesch, Indien, Pakistan, Zimbabwe, Chile, Kolumbien, China, etc.
- wo viele Menschen sich aus ökonomischen Gründen oft nur weißen Reis bzw. eine Mangelernährung leisten können.
- Da Fleisch und Fette eben viel Geld kosten.
- Auch gab es hier kaum Ernährungsweisen mit weniger als 40% KH-Konsum
- was in den Ländern auch eine eher unnatürliche Ernährung wäre…
Interessant war für deswegen, das im Vergleich mit den Daten der PURE-Studie die Autoren der Lancet-Studie faktisch zu gleichen Schlüssen bezüglich der Kohlenhydrate kommen – zwar nicht ganz – aber ziemlich identisch. Die Unterschiede liegen denn auch eher darin begründet, das die Menschen in der PURE-Studie welche ganz viele KH essen (>60%) sehr Arm sind und sich wenig Gemüse bzw. abwechslungsreiche Gemüse & Co. leisten können: Das macht dann meiner Interpretation nach wieder eine tendenziell höhere Sterblichkeit aus -> also wenn der KH-Anteil die 60% übersteigt (und die KH primär nur vom weißem Reis kommen).
Bei den Amerikanern die das so machen scheint es jedoch unterschiedlich – hier gibt (wie angedeutet) Menschen die, wenn sie noch mehr als 55-60% KH essen – nochmals Ihr Sterblichkeitsrisiko senken (wenn auch wenige und wenn auch wenig). Das könnten dann besonders gesundheitsbewusste Menschen sein, die vollwertige Kohlenhydrate essen, Zucker meiden und gerade mit tierischem Fett nicht zu großzügig umgehen (-> ggf. die Adventisten?).
Mein Fazit
Für mich sind die Ergebnisse aus der ARIC-Studie nichts neues, denn ich praktiziere das genau so schon länger, wie auch die langlebigen Menschen in Okinawa und anderen Blue-Zones in der Welt. Das ist “uralte praktische Evidenz” und entspringt nicht den Gehirnen einiger “verschrobener” Low-Carb Autoren. Sorry für die letzte Wertung, aber die Thematik ist so eindeutig und deswegen eigentlich irre.
Ich strebe für mich konkret in der Regel zwischen 15-25% Fett und 10-15% Protein an, so das ca. 60-75% für Kohlenhydrate über bleiben. Meist werden es sicher so um die 65-75% KH sein. Alles vorwiegend pflanzliche Fette & Proteine – aber nicht nur. Die Kohlenhydrate kommen dabei vorwiegend aus vollwertigem (Kartoffeln, Hirse, Möhren, Obst, etc.), jedoch in der Regel nicht Vollkorn. Meine Fette kommen direkt aus den frischen Pflanzen bzw. den frisch vermahlenen bzw. gekeimten Saaten und Samen. Zusätzlich nutze ich noch Kokosöl, Kokosmus und wenig Olivenöl.
Was ich noch komisch fand…
.. ist, das die beiden Grafiken der Lancet-Studie mit dem ‘Graubereich’ sich nicht decken. Ich habe keine Erklärung dafür gefunden….
Weiterhin ist es meiner Ansicht nach komisch das alle nur über den angeblich ‘gefäääährlichääännn’ KH-Aspekt berichten – nicht jedoch das viele Fett als eigentliches Problem in den Vordergrund stellen. Schließlich schreiben die Autoren ja schon zu Anfang Ihrer Studie das der zunehmende Low-Carb Trend (bzw. Wahn?) die Motivation für die Studie gelegt hat. Und bei Low-Carb geht es eigentlich um ‘High-Fat’ und nicht um Kohlenhydrate!
Mehr als 30-35% Fett in der Nahrung folgert dann a) in der Regel Probleme bei der KH-Verwertung (-> Randle Zyklus) und b) in der Regel auch viel schädliches Omega-6 Fett als Linolsäure (LA). Die Omega-6 Linolsäure reichert sich im Körper langsam an, so das die Probleme dadurch erst viele Monate und Jahre später, also Zeitversetzt, erscheinen. Zudem behindern viele Omega-6 Fette auch die körpereigene Synthese der Omega-3 Fette EPA und DHA. Weil die KH-Verwertung ab 30-35% ineffizienter wird (-> Randle-Zyklus), ist die Lösung der Low-Carb “Experten” noch mehr Fett. Ein für mich irrsinniger von Ideologie getriebener Teufelskreislauf, weit ab von Physiologie und Biochemie.
So schreibt auch das Ärzteblatt [3] im Titel: ‘Studie: Kohlenhydratarme Ernährung kann Leben verkürzen – außer bei Veganern’ – wobei das die Studie so gar nicht aussagt und dieser Satz komplett irreführend in Bezug auf die Studie ist! Das Ärzteblatt (und andere Publikationen) berichten jedoch im Titel (bzw. der Zusammenfassung) nicht darüber, das der Studie nach gerade viele Fette das Leben definitiv kürzer machen. Zudem fällt mir speziell beim Ärzteblatt auf, das Sie etwas positives zu Veganismus schreiben – was ebenfalls nicht in der Studie steht und so nicht stimmt. Die Studie sagt nur aus, dass das Sterblichkeits-Risiko beim Verzehr von tierischen Fetten & Protein steigt – nicht das ‘Vegan’ gesund sei o.ä. Eine vegane Ernährung ist dann auch wieder eine andere Form einer eher dogmatischen, aber ebenfalls nicht gesunden Ernährung.
Es ist für mich jedoch schon bezeichnend, das über die eigentlichen Ergebnisse der ARIC-Studie eine genauso komische Fehlberichterstattung stattfindet, wie es bei der PURE-Studie schon der Fall war – speziell auch im Ärzteblatt. Für mich kann so viel ‘danebenliegen’ kein Zufall mehr sein…..
Ganz klar jedoch noch mal für alle Leser dieses Blogs formuliert : Low-Carb & Keto sind eine neue Mode, es gibt keine Langzeiterfahrungen und in keiner großen Langzeit-Studie die ich kenne hat das je gut abgeschnitten. Jedoch machen Low-Carb & Co. den Glukose-Metabolismus kaputt (-> u.a. Intoleranz) [4]. Wenn dann das Low-Carb noch auf tierischen Produkten aufbaut – dann wird es nochmal schlechter. Darüber habe ich hier im Blog ja schon ausführlich(st) geschrieben (hier, hier oder z.B. hier).
Links / Quellen
- [1] Dietary carbohydrate intake and mortality: a prospective cohort study and meta-analysis, Sara B Seidelmann, MD et al., Lancet, August 16, 2018, DOI:https://doi.org/10.1016/S2468-2667(18)30135-X
- [2] Studie: Kohlenhydratarme Ernährung kann Leben verkürzen – außer bei Vegetariern, Ärzteblatt, Freitag, 17. August 2018
- [3] Mehr Kohlenhydrate = höhere Sterblichkeit?, Silke Rosenbusch, 31.8.2018
- [4] Long-term ketogenic diet causes glucose intolerance and reduced β- and α-cell mass but no weight loss in mice, Johanne H. Ellenbroek eta l., 01 Mar 2014, American Journal of Physiology-Endocrinology and MetabolismVol. 306, No. 5, DOI: 10.1152/ajpendo.00453.2013
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