Alpha-Liponsäure: Quecksilber-Chelator oder nicht?: Cutler vs. Shade – die Perspektive von R. Rust Lee und mein Fazit (Teil 3)

Alpha-Liponsäure – Quecksilber-Chelator oder nicht? Cutler oder Shade? Bildquelle: Pixabay

In diesem vorerst letzten Teil zu der Frage ob die Alpha-Liponsäure ein effektiver Chelator von anorganischem Quecksilber (Hg2+) ist möchte ich die aktuelle Perspektive von Frau Rebecca Rust Lee, der Co-Autorin von Cutlers letztem Buch aus 2019 [1] prasentieren. Frau Lee hat mit drei Artikeln in Ihrem Blog [7][8][9], der “Chelation Wars” Serie, auf ein Video von Chris Shade reagiert [5] in dem er nochmals sagte, das Cutlers Ansicht, das die Alpha-Liponsäure (ALA) ein (effektiver) Quecksilber-Chelator sei, nicht stimme und es keine Studie gäbe, die Cutlers Perspektive unterstützen.

Letzteres sagt Shade in vielen Videos, wobei er Cutler jedoch darin zustimmt, das klassische Chelatoren (u.a. DMPS DMSA) in Sinne der Halbwertzeiten eingenommen werden sollten [CS1], dieses bei ALA jedoch keine Rolle spiele da ALA nicht cheliere, sondern Glutathion (GSH) und die antioxidativen Systeme hochreguliere welche dann das Hg an GSH binden (u.a. Konjugieren) und mittels der körpereigenen Mechanismen ausleiten. Die von Cutler oft zitierten und angegebenen Studien von Gregus [3] und Leskova [4] akzeptiert Shade nicht als Beweis, weil diese die Rolle von ALA als (direkten) Hg-Chelator offen lassen [4] oder nur vermuten [3]. All die nach beobachteten Effekte lassen sich nach Shade jedoch genau so gut auch über die Induktion von Nrf2 und die hochregulierung der Antioxidativen & GSH-Systeme (u.a. Synthese, Recycling) erklären – was Rust Lee jedoch anders sieht.

In Teil 1 und Teil 2 dieser Serie habe ich viele Teile dieser Frage schon thematisiert und verschiedene Tiefborungen angestellt, weswegen ich selbiges hier nicht noch einmal wiederholen möchte. Mein bisheriges Fazit war jedoch: Shade hat mit seiner Formulierung, nicht jedoch unbedingt in der Sache, recht, wobei alles so sein kann wie Cutler es beschreibt. Zudem besteht auch noch die Möglichkeit das beide recht habenwas aus meiner Sicht die plausibelste & attraktivste Antwort wäre.

  • “Die drei Lager” im Kontext Quecksilber-Detox nach Rebecca Rust Lee
  • Ein Chris Shade-Interview, ALA, DHLA, Glutathion & die Worklauberei
  • Rust Lee über Cutler zu Glutathion -> Kein Chelator
  • Cutler, Shade, Alpha-Liponsäure und die Studie von Gregus et al (1992) – Teil 1: Einführung
  • Cutler, Shade, Alpha-Liponsäure und die Studie von Gregus et al (1992) – Teil 2: Zu den Daten
  • Cutler zu R-ALA vs. RS-ALA, Glutathion und ALA generell
  • Cutler zu Glutathion – wo sich Shade und Cutler treffen und wo nicht

Dann folgt noch eine Diskussion und mein übliches Fazit.

Tipp: Hier alle Direktliks zu den Alpha-Liponsäure-Artikeln:

“Die drei Lager” im Kontext Quecksilber-Detox nach Rebecca Rust Lee

Frau Rust Lee sieht die ‘Lager’ bzw. verschiedenen Ansätze bei Schwermetall- und insbesondere dem Quecksilber-Detox – folgend [7]:

Über Chris Shades Ansatz zum Detox habe ich bereit einen eigenständigen Artikel hier im Blog – genauso wie über Haleys Chelator Irminix und auch über das Cutler-Protokoll. Ansätze wie DMPS/DMSA Infusionen (teils Dr. Joachim Mutter) und Chlorella, Bärlauch & Co. (populär bei Heilpraktikern & Co. nach Dr. Klinghardt) möchte ich mich hier ncht mehr (negativ) auslassen. Das diese (letzteren) Ansätze fatal enden können und es meist auch tun, darüber sind sich Haley, Shade, Cutler, Rust Lee und auch ich einig. Frau Rust Lee schreibt weiter:

“Ich habe das Cutler-Protokoll verwendet und es hat mich davon abgehalten, eine früh einsetzende Demenz zu bekommen und hat meine chronische Müdigkeit und andere ernsthafte Gesundheitsprobleme geheilt.”

Zudem weist Rust Lee darauf hin, das A. Hall Cutler ausdrücklich vor bestimmten Produkte der Firma Quicksilver gewarnt hat, u.a. IMD, die Produkte die R-ALA enthalten, sowie unter Umständen auch die Produkte mit Glutathion. In meinem Artikel zu dem Entgiftungskonzept von Chris Shade habe ich diese Kritiken von Cutler behandelt, weswegen ich Sie hier nicht weiter vertiefe. In Bezug auf NBMI/Irminix von Haley war Cutler auch sehr vorsichtig, wobei mir die neuere Datenlage (nach Cutlers Tod) recht gut erscheint. Allerdings ist das originale Irminix sehr teuer und außerhalb von klinischen Tests faktisch nicht (im Original) verfügbar.

Ein Chris Shade-Interview, ALA, DHLA, Glutathion & die Worklauberei

Rust Lee merkt in Bezug auf ein neueres Interview mit C. Shade an [8], das dieser auf die Frage zum Cutler-Protokoll besser hätte antworten sollen, das er damit nicht vertraut ist. Frau Rust Lee führt einige der Aussagen von Shade über Cutler & Co. aus:

  • die Anhänger des ACC (Anm.: Andy Cutler Chelation) Protokolls eine Sekte zu nennen,
  • das Protokoll als unrealistisch für viele Menschen zu bezeichnen (Anm.: u.a. bez. der Einnahme alle 3h),
  • dass es hauptsächlich DMSA verwendet (Anm.: es wird primär RS-ALA und DPMS verwendet),
  • dass Nachtdosierungen unnötig sind (Anm.: Ohne dies je zu begründen),
  • dass das Protokoll ungetestet ist,
  • und dass Glutathion ein Chelatbildner sei.

Ich habe sicher 50+ Interviews und Vorträge von C. Shade mit 70+ Stunden Material, teils mehrfach angeschaut und angehört und kann bestätigen das die Kommentare von C. Shade von Rust Lee authentisch wiedergegeben wurden und auch, das die Kommentare von Shade zum ACC in der Regel (und aus meiner Sicht) inhaltlich falsch bzw. irreführend sind. Denn u.a. der , der keine dedizierten und öffentlichen Daten zu den Erfolgen (und auch den Fehlschlägen) seines Protokolls liefert ist Shade. Zu Cutler gibt es viel in großen Cutler-Gruppen zu lesen – in der vollen Bandbreite.

Die positivste Äußerung von Shade zum ACC (in Bezug auf die Halbwertzeit) ist dann auch nicht öffentlich [CS1]. Shade hat (aus meiner Sicht) eine große Expertise im Bereich Quecksilber-Analytik, Detox und Nahrungsergänzungsmittel – und so ist es für mich sehr irritierend, was er über das Cutler-Protokoll sagt. Entweder hat er die Bücher von Cutler nie gelesen, dann wäre etwas Zurückhaltung angebracht oder Shade hat ggf. (auch) andere Motive.

Aus Sicht von Cutler und Rust Lee gibt es ein primäres Problem bei sehr vielen Methoden der Quecksilber-Mobilisierung und Ausscheidung (-> ‘Detox’), wobei beide diese Problematik grundsätzlich auch bei Shade seinem Ansatz sehen [8] (Deepl.com):

“Es ist möglich, dass Menschen durch die Quecksilberumverteilung, die durch die Dinge, vor denen wir warnen, verursacht wird, so krank und psychisch krank werden, dass sie Selbstmord begehen. Wir haben das schon mehrmals erlebt.”

Lee schreibt weiter, dass, im Gegensatz zu Shade, Andy H. Cutler viel aus erster Hand evaluiert hat, bevor er entdeckte, dass es pharmazeutische Normen sind, auf oder vor der Halbwertszeit eines Medikaments zu dosieren. Zusätzlich zu Andy und seinen damaligen Kollegen, die das Protokoll testen, gibt nach Rust Lee Tausende, wenn nicht Zehntausende, die das ACC erfolgreich zur Quecksilberentgiftung eingesetzt haben. Insofern hat Cutler die Verwendung von Glutathion zum Schwermetall-Detox sehr kritisch gesehen – wie auch die Verwendung von Alpha-Liponsäure, egal welcher Form, außerhalb Ihrer pharmakologischen Halbwertzeit.

Natürlich kann man, wenn man wortgewandt ist, sagen das die Alpha-Liponsäure (ALA) kein Chelator ist – denn wenn überhaupt, dann ist es DHLA was potentiell cheliert (-> reduziertes ALA). Natürlich kann man sagen, das Glutathion der natürliche Chelator” für Quecksilber im Körper ist – nur wird dieser in der Zelle gebildet und kommt nicht von aussen, wo er dann zu Umverteilungen führt. Insofern sagt Shade nie etwas verkehrtes – aber ggf. liegt er (bewusst oder unbewusst) knapp neben “Cutlers Wahrheit”. Leider lassen sich dann auch faktisch keine Berichte aus der Praxis zum Detox-Cube & Co. finden – was das Vertrauen in die Produkte nicht erhöht. Denn wenn Cutler recht haben sollte, also andere Ansätze in der Regel schlechtere Ergebnisse produzieren als sein Protokoll, dann bräuchte keiner die teuren Nano-Liposomalen Supplemente von Shade. Hmmm….

Die Fragen sind für mich nun: Wer hat recht?, Wer hat welche Motivationen?, Haben alle einen ‘Knall’ oder ggf. alle ‘ein bisschen’ Recht?

Rust Lee über Cutler zu Glutathion -> Kein Chelator

Interaktion von ALA und DHLA mit NAD(H) / NADP(H), Glutathion-Systemen, Antioxidanten und Radikalen

Rust Lee schreibt [8]: Glutathion ist kein Chelatbildner! Es sei die Thiol-Komponente von Glutathion, die Quecksilber anziehen kann, aber ein einzelnes Thiol kann Quecksilber (Anm.: ähnlich Chlorella & Co.) nicht sehr stark binden. Exogenes (liposomales oder intravenöses) Glutathion bewegt nach Rust Lee also Quecksilber durch den Körper, ohne etwas davon herauszubekommen. Ich mag anmerken, das ich dies ausweislich der Studien die ich gelesen habe nicht so negativ sehe: Etwas kommt schon raus.

Frau Lee gibt aber noch ein paar weitere Überlegungen von Cutler ‘zum bedenken’:

  • In den meisten Studien in denen es um Glutathion geht, wird es für ein paar Minuten auf eine Zellkultur gespritzt (-> ‘In vitro’).
  • Was jedoch wichtig ist, ist, wie es über Tage bis Jahre in dem viel komplexeren System Ihres Körpers wirkt (-> ‘In vivo’).
  • Nach Cutler ist Glutathion (GSH) ein Marker für den Zustand des oxidativen Stresses im Körper.
  • Wenn GSH niedrig ist, ist der oxidative Stress hoch.
    • Der Weg, damit umzugehen, ist die Einnahme von zusätzlichen Antioxidantien, nicht die Einnahme von Glutathion.
    • Cutler: “Denken Sie es durch.”
  • Cutler: ‘Mir ist klar, dass dies eher ein chemisch-technisches Konzept als ein biochemisches ist. Sie essen oder injizieren Glutathion. Wo geht es hin? In Ihren Blutkreislauf. In Ihr Blutplasma.’
  • Ist das GSH in den Zellen aber signifikant niedrig, erzeugt dies einen großen Konzentrationsgradienten vom Plasma in die Zellen.
  • Das trägt dann (potentiell) Quecksilber, an das sich das Glutathion spontan gebunden hat, in die Zellen hinein und überwältigt den (Toxin-) Exportmechanismus der Zellen.
  • Cutler: Klinisch wird beobachtet, dass es Menschen, die unter diesen Umständen Glutathion einnehmen, viel schlechter geht als denen, die das nicht tun.’

Lee schreibt weiter, das Cutler aus seinem eigenen Selbstversuchen den Schluss zog, dass es sicherer sei, nichts zu tun, als einige der populären Entgiftungsmethoden.[8]

Cutler, Shade, Alpha-Liponsäure und die Studie von Gregus et al (1992) – Teil 1: Einführung

Frau Rust Lee schreibt [9], dass die wichtigste Frage in dieser Kontroverse ist, ob Alpha-Liponsäure (ALA) ein Chelatbildner ist oder nicht, meint:

  • a) ALA also nur (bzw. primär) ein Mittel ist, das den Körper dazu anregt, Glutathion zu bilden oder
  • b) es (inkl. seiner seine Metaboliten, wie DHLA) tatsächlich ein Dithiol-, ein Fett- und wasserlöslicher Chelator von Quecksilber ist.

Meint: Also a) Shade oder b) Cutler. Frau Lee schreibt weiter:

  • a1) Wenn ALA nur ein Mittel ist oder wäre, das den Körper dazu anregt, primär Glutathion zu produzieren, dann müsste man jede Form davon in jeder Menge und zu jede Zeit einnehmen können.
  • b1) Wenn es ein Chelatbildner ist, musste es nach einem strikten Halbwertszeit-Zeitplan eingenommen werden, da es sonst zu einer erhöhten Umverteilung von Hg kommen könnte (z.B. in das Gehirn).

Natürlich macht ALA noch mehr als nur Glutathion zu produzieren, was ich in meinem Teil 1 & 2 zu ALA dargelegt habe. All dieses sind jedoch durchaus positive Wirkungen, so das anscheinend auch viele Menschen 600-1800 mg (RS-)ALA ohne Probleme (über längere Zeit) konsumieren können, also wenn ich über 4200 5 Sterne iHerb Bewertungen für ein 600 mg RS-ALA-Produkt als Indikator vertrauen kann. Allerdings lassen mich solche Bewertungen wundern, warum hier nicht mehr Menschen über Problem berichten – da eine Belastung mit Amalgam & Co. doch eher etwas sehr verbreitetes ist. Allerdings tauschen viele dieser Probleme erst nach einer längeren Zeit auf oder werden nicht direkt mit der Einnahme von ALA verbunden.

Frau Lee schreibt nun in Bezug auf die Studie von Gregus Z, et al. (1992) [3] weiter, das

  • a2) Shade diese Studie las und zu dem Schluss kam, dass ALA ein Nrf2-Hochregulator ist und jede entgiftende Fähigkeit, die es hat, darauf beruht, dass es den Körper dazu bringt, mehr Glutathion zu produzieren, was den Körper dazu bringt, auf ‘natürliche’ Weise zu entgiften.
  • b2) Andy Cutler kam bei der Lektüre dieser Studie jedoch zu einem ganz anderen Schluss.

Lee zitiert Cutler folgend (übersetzt mit deepl.com):

“Ich habe eine Menge Zeit damit verbracht. Es ist wirklich eine gute, interessante Arbeit. Ich habe es so gelesen, dass es ein schlüssiger Beweis für die chelatbildende Fähigkeit von ALA ist, und die Studie war auch sehr nützlich, um die Pharmakokinetik zu bestimmen, vor allem, weil die Ausscheidungsraten aus dem Papier mit denen der Leskova-Studie übereinstimmten, soweit sie durch entsprechende Berechnungen verglichen werden können.”

Dann schreibt Lee über Cutler, das dieser sagte, dass seine persönliche Erfahrung an den Universitäten war, dass diese Leute NIEMALS Material außerhalb ihres Fachgebiets lernen, nachdem sie ihren Doktortitel erhalten haben. Zwar gäbe es Menschen die Cutlers Schlusse nachvollziehen können – diesen Menschen fehle nach Cutler jedoch die eigene Betroffenheit, also das Bewusstsein in Bezug auf eine eigene Quecksilber-Belastung. Hier mag ich Cutler zustimmen, denn ohne meine eigene Betroffenheit wäre mir diese Frage und die Thematik der Schwermetallvergiftung ebenfalls ziemlich egal.

Chris Shade, Ph.D bezeichnet sich (nach Rust Lee) selbst als “die Person, die am meisten über Quecksilber weiß”, was ich ausweislich seiner Aussagen in seinen Vorträgen bestätigen kann. Lee weist darauf hin, das Shade ein organischer Chemiker mit wenig bis gar keinem Hintergrund in chemischer Kinetik ist. Nach Lee ist er nicht qualifiziert, die relevanten Papiere zu beurteilen, um ALA als Chelatbildner zu bewerten und er hat, im Gegensatz zu Cutler, ein finanzielles Interesse daran, seine Produkte zu fördern und die Leute dazu zu bringen, sie zu kaufen. Die Motivation sich selber zu widerlegen ist also eher gering.

Cutler, Shade, Alpha-Liponsäure und die Studie von Gregus et al (1992) – Teil 2: Zu den Daten

Wirkung von Liposäure (LA) und Diethylmaleat (DEM) auf die biliäre Ausscheidung von anorganischem Quecksilber (Hg) und Methylquecksilber (MM). DEM (0,7 ml/kg, IP) wurde 45 min vor und die LA wurde 1 min nach der Quecksilberinjektion (10 pmol/kg, iv) verabreicht. Quelle: Gregus, 1992 [3]

Die Gregus-Studie zeigte, dass Alpha-Liponsäure die Ausscheidung von Hg++ in die Galle dramatisch erhöht. Das ist unbestritten:

  • a3) Shade stellt die Theorie auf, dass der beobachtete Anstieg von Hg++ in der Galle darauf zurückzuführen ist, dass Alpha-Liponsäure Nrf2 (Nuclear factor erythroid-related factor 2) aktiviert, was in der Folge zu einem Anstieg von Glutathion führen würde, und dass es das Glutathion ist, das für den Transport des Quecksilbers verantwortlich ist

Lee verweist dann darauf das Gregus et al. (1992) [3] noch eine weitere Versuchsreihe durchführten, bei der Ratten mit DEM (Diethylmaleat) behandelt wurden, was das Glutathion in der Leber verarmt. Allerdings zeigten die Experimente, dass diese Vorbehandlung nach Lee:

“keinen signifikanten Einfluss auf die biliäre Ausscheidung von Hg++ während der ersten 2h nach Verabreichung von Quecksilberchlorid hatte”.

Nun folgert Lee [9], das wenn Shades Theorie korrekt wäre, das wird dann erwarten würden, dass die DEM-Behandlung (-> Verarmung von Glutathion) die biliäre Ausscheidung (-> aus der Leber) von Hg++ verringern würde, was aber nicht der Fall war und deswegen Shades Theorie falsch sei. Leider begeht Frau Lee hier ein Denkfehler, weil Gregus et al [3] auch schreiben, das eine Erklärung für diese Beobachtung ist, das der GSH-Hg2+ Komplex, der ggf. so schon in die Leber kommt, im Gegensatz zu Methyl-Quecksilber (MM, MeHg) sehr stabil ist. So stoppt DEM faktisch jeglich MeHg Ausscheidung, reduziert die Hg2+ Ausscheidung jedoch nur auf das natürliche Maßbeeinflusst die Ausscheidung also faktisch nicht! Auch hier kann alles wieder in beide Richtungen interpretiert werden – weil es keinen Versuch mit Injektion von DEM bei gleichzeitiger Gabe von ALA gab.

Tabelle 1: Effekt von ALA auf die Gewebe- und Organkonzentration von verschiedenen Metallen. Quelle: Gregus, 1992 [3]

Ein anderer wichtiger Aspekt dieser Studie ist nach Lee in Tabelle 1 dargestellt. Die Kontrollratten (mit Quecksilber, aber nicht mit ALA behandelt) hatten am Ende des Experiments 0,59 nmol Hg2+ pro Gramm im Gehirn, die mit Quecksilber/ALA behandelten Ratten  jedoch 1,72 nmol. Wie anderweitig im Blog erklärt, bewegt sich Hg2+ nicht über die BHS, da es nicht fettlöslich ist. Wie jedoch konnte in diesem Fall die ALA-Behandlung das Hg2+ im Gehirn um fast das Dreifache erhöhen?

Lee schreibt, das der einzige Weg, wie das Hg2+ in die Gehirne der Ratten gelangen konnte, war, wenn die ALA dem Quecksilber irgendwie “half” oder es “chelatierte” und es so hineinbrachte. Shades Theorie, dass Glutathion für die Bewegung des Quecksilbers verantwortlich ist, wird nach Frau Lee durch seine eigene Aussage (bei 54:48 im Interview) widersprochen: Er sagt dort, dass es keine Transporter gibt, um Glutathion in die Zelle zu transportieren, sondern nur heraus. Auch sagt er, das es Transporter für Cystein geben würde und deswegen Cystein und N-Acetyl-Cystein Hg in die Zellen verschleppen können.

Wirkung von Liponsäure (LA) und Diethylmaleat (DEM) auf die biliäre Ausscheidung von anorganischem Quecksilber (Hg2+) und Methylquecksilber (MM). DEM (0,7 ml/kg, ip) wurde 45 min vor und LA 1 min nach der Injektion von Quecksilber (10 pmol/kg, iv) verabreicht. Quelle: Gregus, 1992 [3]

Wer nun jedoch auf die Studie von Gregus schaut, wird bemerken, das ALA auch den extrazellulären Cystein Metabolismus “ankurbelt” und so, selbst wenn ALA kein Chelator ist und GSH-Hg2+ Komplexe die BHS nicht überwinden könnten bzw. nicht nach Intrazellulär gehen, dennoch das Potential besteht, das Cystein-Hg2+ und Cystein-MeHg Komplexe über die BHS wandern und in die Zellen ‘gehen’. Die Interpretation von Frau Lee berücksichtigt also ausweislich der Daten von Gregus et al. [3] und den Aussagen von Shade, auf die Frau Lee selber abstellt, nicht die ganze Situation. Zudem sagt Shade im Interview das es GSH-Transporter gebe, welche das GSH bzw. GSH-Hg2+ Komplex AUS der Zelle IN die Leber und AUS der Leber in die Gallenkanäle exportieren. Wie Cutler es oft schrieb: Man muss wirklich selber IN die Studien schauen.

Frau Lee führt dann noch die Studie von Leskova an, welche u.a. folgert, das “Die schützende Wirkung von Liponsäureamid beruht zum einen auf der Bindung an Quecksilber und dessen Ausscheidung aus dem Organismus….”, wobei genau das nirgends nachgewiesen ist und nur vermutet bzw. gefolgert wird. Cutler schreibt zu dieser Fragestellung [AC8]:

“Die Studie zeigt sowohl eine Erhöhung der Urin- und Fäkalausscheidung, eine Senkung der Werte in verschiedenen Geweben als auch eine Verhinderung der pathologischen Organveränderungen, die bei der Kontrollgruppe auftraten.”

Zudem schreibt Cutler auch [11]

“Der russische Artikel (Anm.: Leskova) hat die direkteste Diskussion über Liponsäure zur Quecksilberchelation, aber selbst in diesem Artikel analysieren sie nicht die tatsächliche Menge an Quecksilber im Hirngewebe – sie diskutieren jedoch, wie Liponsäure die pathologischen Veränderungen im Gehirn verhinderte, die in der Kontrollgruppe (Quecksilber vergiftet, keine Liponsäure) gesehen wurden.

In Verweis auf Bjørklund et al. verweist Lee dann noch auf eine mögliche chemische Struktur eines Komplexes zwischen DHLA und Hg2+, wobei auch dieses kein Beweis dafür ist, das diese auch In vivo unter verschiedensten pH-Verhältnissen entsteht. Dies hatte ich schon im letzten Teil im Detail ausgeführt.

Cutler zu R-ALA vs. RS-ALA, Glutathion und ALA generell

Dann schreibt Lee noch einiges zu dem Unterschied von R-ALA und RS-ALA und der Warnung vor R-ALA, wobei die einen ‘anekdotischen Beweis’ zur Gefährlichkeit von R-ALA vorstellt. Cutler selber schreibt zur R-ALA vs. (RS-ALA) [AC2] (Deepl.com):

Alle relevanten Erfahrungen, bei denen es Menschen besser ging, waren mit der regulären reinen ALA. Alle relevanten Zeitschriftenartikel sind mit regelmäßiger einfacher ALA. Warum sollten Sie sich in ein originelles Forschungsprojekt verwandeln, anstatt einfach das zu tun, was nötig ist, um gesund zu werden, nämlich reguläre ALA zu nehmen?”

Zu der Frage welcher genaue (oder summarische) Effekt von RS-ALA nun wirklich verantwortlich für die Hg2+ Ausleitung verantwortlich sei schreibt Cutler [AC8] (deepl.com):

“Da beobachtet wird, dass die neurologischen Symptome nach der Einnahme von Liponsäure alle 3 Stunden in vielen Zyklen eine dauerhafte Besserung erfahren, muss nicht diskutiert werden, ob dies daran liegt, dass die ALA das Quecksilber aus dem Gehirn entfernt (die einfachste und damit wissenschaftlich korrekte Erklärung) oder ob es auf eine andere Wirkung der Liponsäure zurückzuführen ist, die das Gehirn toleranter gegenüber dem enthaltenen Quecksilber macht.”

Auch schreibt Cutler [AC25] das er in Bezug auf negative Berichte:

” … eine Zillion Berichte aus erster Hand darüber habe, wie sich fast jedes Protokoll, das Sie sich vorstellen können, von innen anfühlt, und was es mit Menschen macht, die genau berichten können, wie sie sich fühlen”

Cutler verweist dann noch mal darauf, was in der Literatur direkt ermittelt wurde [AC8][AC15]:

  • “ALA überwindet leicht die Blut-Hirn-Schranke;”
  • “ALA diffundiert leicht in und aus den Zellen und Mitochondrien;”
  • “ALA wird in den Mitochondrien schnell zu DHLA reduziert; Rote Blutkörperchen enthalten keine Mitochondrien, so dass dies im Blut nicht passiert.”
  • “DHLA diffundiert leicht aus den Zellen heraus; und wird wieder zu ALA oxidiert.”
  • “DHLA ist dafür bekannt, viele Metalle zu chelatieren, und ist ein Di-Thiol (SH-x-SH) des Typs, von dem man erwarten kann, dass es Quecksilber sehr effektiv chelatiert;”
  • “ALA erhöht die urinäre und fäkale Quecksilberausscheidung; und”
  • “ALA verhindert die pathologischen Veränderungen, die an Rattengehirnen durch chronische Quecksilberintoxikation verursacht werden.”

In [AC15] ergänzt Cutler noch (deepl.com):

So erzeugen die Zellen natürlich den Chelator in ihnen (Anm.: DHLA), und er diffundiert hinaus ins Blut (manchmal mit einem Schwermetall-Atom), wo ein großer Teil davon oxidiert wird und kein Schwermetall-Atom zurücktragen kann, obwohl es selbst zurückgehen kann und wieder in Chelator umgewandelt wird.” [AC15]

Zur Fähigkeit von ALA Hg aus dem Gehirn zu entfernen, was für jeden Chelator gelten sollte, auch GSH-Hg2+ Komplexe, schreibt Cutler [AC10] (deepl.com):

Alpha-Liponsäure trägt nicht von sich aus Quecksilber ins oder aus dem Gehirn. Nichts kann das. Dies zu tun, ist gegen die Gesetze der Thermodynamik. Alles, was sie tun kann, ist, ein Gleichgewicht über die Blut-Hirn-Schranke zu ermöglichen und freies Quecksilber auf beiden Seiten der Schranke zu binden. Die relativen Konzentrationen im Körper und im Gehirn bestimmen die Nettobewegungsrichtung (ebenso wie das Vorhandensein eines Chelators im Blut, aber nicht im Gehirn, um den Gehalt an freiem Quecksilber durch Bindung zu reduzieren, z. B. DMSA, DMPS).

Ganz wichtig dann auch noch einmal zum allgemeinen Verständnis on Chelatoren [AC15]:

Die Chelatoren schnappen sich nicht ein Quecksilberatom und eskortieren es aus dem Körper. Sie binden und lösen Quecksilberatome viele Male, während sie im Körper sind. Diejenigen, die zufällig ein Quecksilberatom festhalten, wenn sie durch die Nieren- oder Leberfiltration gehen, sind diejenigen, die etwas Quecksilber herauskommen lassen.”

Denn wenn die Chelatoren nur das Metall binden und daran festhalten würden, gäbe es keine Einschränkungen, wie oft man sie geben könnte! Cutler schreibt auch einiges zu ALA und Glutathion, wobei die Positionen von Cutler und Shade hier nicht weit auseinanderlegen [AC18] (deepl.com):

  • “ALA erhöht den Glutathionspiegel stark und reduziert den oxidativen Stress.”
  • “ALA erhöht die Ausscheidung von glutathiongebundenem Quecksilber durch die Leber stark.”
  • “Die Reduktion von ALA zu DHLA findet in den Mitochondrien statt, wo reduzierende Äquivalente im Überfluss vorhanden sind und nicht verbraucht werden können.”
  • “Die Reduktion von oxidiertem Glutathion findet außerhalb der Mitochondrien statt, wo reduzierende Äquivalente begrenzt sind.”
  • “Die Diffusion von DHLA aus dem inneren der Mitochondrien nach außen erhöht die verfügbaren reduzierenden Äquivalente für die Reduktion von oxidiertem Glutathion (GSSG) erheblich und hebt die Spiegel von reduziertem Glutathion (GSH) stark an.”

Dann schreibt Cutler jedoch [AC18]:

  • “Während Quecksilber in der Galle an Glutathion gebunden ausgeschieden wird, wird es durch die Bindung an Glutathion nicht generell aus den Zellen entfernt.”
  • “Eine drastische Erhöhung des Glutathionspiegels über einen längeren Zeitraum hinweg entfernt überhaupt kein Quecksilber aus dem Gehirn.”

Die Validität der letzten beiden Aussagen habe ich selber nicht recherchiert. Shade baut jedoch auf Basis genau der umgekehrten Sicht von Cutler sein Protokoll auf:

  • Der Gabe von Nrf2-Inducern zur natürlichen Erhöhung von GSH in den Zellen sowie
  • der Gabe von exogenem (liposomalem) GSH zur Erhöhung von GSH in Blut, Zellen und Leber.

In [AC23] schreibt Cutler auch noch mal etwas zur Rolle von Glutathion in der Leber:

“Bestimmte Toxine werden aus dem Körper entfernt, indem sie in der Leber mit Glutathion konjugiert werden. Bestimmte Schwermetalle (einschließlich Quecksilber) werden an Glutathion konjugiert, um sie aus der Leber zu entfernen.

Die Frage ist dann, wie das Hg in die Leber kommt, wobei Shades dieses durch GSH-Hg2+ Komplexe geschehen sieht [6]. Wer bis hierher folgen konnte, der wird sicher, wie auch ich, erkennen, dass die ganze Thematik keine einfache ist.

Cutler zu Glutathion – wo sich Shade und Cutler treffen und wo nicht

Cutler schreibt weiter [AC24], dass es viele Arbeiten gibt, die zeigen, dass an Glutathion gebundenes Quecksilber aus den Leberzellen in die Galle ausgeschieden wird. Dies ist jedoch nicht etwas, das nach Cutler ‘legitim verallgemeinert werden kann’ . Die, weil Glutathion aus seiner Interpretation nichts mit der langfristigen Quecksilberausscheidung zu tun hat, da es keine Rolle beim Transport von Quecksilber durch den Körper spielt, so dass das Hg zu den Zellen (bzw. Transportern) direkt neben den Gallenkanälchen gelangen kann. Cutler schreibt, das die schnellere Ausscheidung von Hg mittels GSH die Körperbelastung vielleicht um 0,01% reduziert und sich nichts durch zusätzliches GSH beschleunige.

Die Rate der Körper-Quecksilber-Clearance wird durch Variationen im Glutathion-Niveau in diesen Zellen nicht verändert, alles, was passiert, ist, dass die Quecksilber-Konzentration in diesen speziellen Zellen auf und ab geht, und zwar umgekehrt mit der Glutathion-Konzentration in diesen Zellen.” [AC24]

Cutler schreibt, das eine kompetente Lektüre der Literatur diesbezüglich ziemlich schlüssig ist. Es sei auch das, was in realen Labor-Tests von realen Menschen, die diese Art von Dingen versuchen, beobachtet. So erhöhe eine Einnahme von Glutathion usw. eben gerade nicht die Quecksilberausscheidung, wenn sorgfältige Labor-Tests zur Überprüfung durchgeführt werden. Cutler weiter [AC24]:

Der Glutathionspiegel hat nichts mit der Ausscheidungsrate auf einer Gesamtkörperebene zu tun. Die Ausscheidung ändert sich nicht, wenn mehr Glutathion vorhanden ist.”

Nach Cutler macht bzw. bewirkt eine Injektion von Glutathion folgendes [AC24]:

  • “es liefert keine signifikante Menge an Glutathion im Vergleich zur täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Produktion des Körpers,”
  • “es treibt die Plasmaglutathion-Konzentration auf offenkundig supraphysiologische und unnatürliche Werte,”
  • “es ist mit einer hohen Nebenwirkungsrate von langfristigen oder dauerhaften schweren Verschlimmerungen verbunden.”
  • “es beseitigt keine signifikante Menge an Quecksilber, denn wenn wenn es das täte, bräuchte niemand eine Entgiftung – der Körper würde es von selbst tun.”

Cutler schreibt weiter, das Menschen mit niedrigem Glutathion mindestens 50% so viel (normalerweise mehr) haben, wie die Menschen mit normalem Glutathion, was ausweislich der Daten von Belpomme auch stimmen mag. Auch schreibt er [AC24]:

Glutathion hat nichts mit der Quecksilber-Clearance unter den für autistische Kinder (oder amalgamkranke Erwachsene) relevanten Bedingungen zu tun, es ist nur relevant für die sehr unterschiedlichen Bedingungen, die in Laborexperimenten verwendet werden, die meist aus Gründen der experimentellen Einfachheit gewählt werden.”

Puhhh… jetzt mag an einwenden, das Shades liposomales Glutathion die Problematik mit dem fehlenden Transporter in die Zellen umgeht und dort zumindest als direktes Antioxidanz wirkt.

Diskussion

Die verschiedenen Formen der Quecksilber (Amalgam) und Schwermetall-Ausleitung: A) Gar nichts machen, B) Staub aufwirbeln und schön in Gehirn + Organe verteilen, C) effektiv binden & ausleiten

Die verschiedenen Formen der Quecksilber (Amalgam) und Schwermetall-Ausleitung: A) Gar nichts machen, B) Staub aufwirbeln und schön in Gehirn + Organe verteilen, C) effektiv binden & ausleiten. Bild: H.C. Fricke, basierend auf [1] und der Bildquelle Pixabay, Torso

In vielen Vorträgen und Diskussionen [u.a. AC1-25] verweist Cutler immer wieder darauf, das er sein Protokoll durch zahlreiche Rückmeldungen optimiert hat. Dieses speziell in Hinblick auf die Verwendung von RS-ALA (anstatt R-ALA) und den Einnahme-Intervall von 2-3 h bei RS-ALA. Auch ich habe immer wieder von Problemen gehört und gelesen, wenn diese Intervalle nicht eingehalten wurde – wie auch bei DMSA und DMPS.

Von Shade habe ich noch ein Seminar, ca. 1,5 Stunden, über Glutathion ‘liegen’ [CS2], sowie einige Vorträge über Detox, sein Protokoll & Co. [CS3-6] wo er noch einiges erklärt. Soweit ich mich erinnere erzählt er viel über die mannigfaltigen Funktionen von GSH, jedoch nichts zu den hoffentlich existierenden In Vivo Studien, welche Belegen das es nun wirklich das GSH ist an das die Hg2+ Komplexe stabil anhaften und das es letztendlich diese GSH-Hg2+ Komplexe sind die das Hg aus den Zellen, über das Blut durch die Leber und den Darm sicher bis in die Toilette bringen. Shade bleibt also unspezifisch bei dem was er Cutler vorwirft: Den Beweis dafür das GSH ein effektiver Ende-Zu-Ende Hg2+ Chelator ist – im Menschen, nicht in der Petrischale.

Die Symptome der Hg-Mobilisierung und Umverteilung durch ALA mögen nicht immer sofort evident gewesen sein, jedoch berichten viele Menschen, die RS-ALA in hohen Dosen (unregelmäßig) einnahmen (200, 600, 1800 mg / Tag) das es auf einmal nicht mehr klappte, wobei die Symptome zuerst nie mit ALA in Verbindung gebracht wurden und oft nach dem Absetzen und der Wiederaufnahme der Einnahme von ALA ‘plötzlich’ auftraten. Aus meiner Sicht fördert ALA das Hg und andere Toxine aus den ‘Untiefen der Zellen und Organe’ an die Oberfläche hervor.

Zuerst mögen die Umverteilungseffekte in das Gehirn noch nicht evident gewesen sein und die hohen Dosen von ALA in Bezug auf GSH sogar noch Leber-Protektiv gewirkt haben. Ab einem bestimmten Punkt scheint das System jedoch zu kippen, oder sich das Hg im Gehirn kritisch akkumulieren. Nicht nur das: Jeder metabolische Aktivator und Nrf2-Inducer (u.a. schwefelhaltige Lebensmittel aus Pflanzen), Chelatoren wie ALA, DMPS und DMSA können auf einmal problematisch werden.

Mein Fazit

Zwei Teile zu ALA und 3 Teile zu der aktuellen Frage ob ALA ein effektiver Hg2+ Chelator ist – oder eben nicht, konnten diese Frage, die seit über 20 Jahren offen ist, nicht definitiv beantworten. Ich habe das Wort bewusst unterstrichen, weil kaum etwas “definitiv” ist und für die Praxis meist die praktische Evidenz und die Empirie zählt. Die vorliegende Evidenz und die praktische Empirie widerlegen aus meiner Sicht Cutlers Theorie nicht, aber auch nicht die von Shade, wobei letzterer mit Fakten zur Empirie sehr “sparsam ist”.

Meine Schlussfolgerung auf Basis der Datenlage, der Empirie und der mir persönlich bekannten Evidenz ist:

  1. Jeder, Cutler & Shade, hat gute Argumente, Cutler seine scheinen mir jedoch die schlüssigsten – auch noch im Jahre 2022, 23 Jahre nach seinem Amalgam-Buch.
  2. Das für mich relevanteste: Alles was ich aus 1ster, 2ter und 3ter Hand erfahren bzw. mitgeteilt bekommen habe weist aus meiner Sicht darauf hin, das Cutler seine Thesen zu ALA “richtiger” sein könnten, als die von Shade.
  3. Shade präsentiert mir keinen schlüssigen Beweis, dass sein System funktioniert und GSH ein effektiver Ende-zu-Ende Hg2+-Chelator ist. Ich habe zumindest nichts gefunden außer eigenen Aussagen, das dies so sei.
  4. Shade präsentiert keine schriftlichen und öffentlichen Fallstudien zur Wirksamkeit seines Hg-Detox Konzeptes. Auch seine Webseite und seine Vorträge sind hier sehr “spärlich”.
    • Im Kontrast zum ACC konnte ich für das Protokoll von Shade bzw. den Detox-Qube auch keine vernünftigen Erfahrungsberichte (-> Testimonials) finden.
  5. Shade redet generell eher schlecht über Cutler, was für mich kein guter Stil ist. Fas ist zwar in der Sache irrelevant,
    • in einem seiner Seminar-Videos erkennt Shade jedoch an, dass Cutlers Konzept der Halbwertszeit gültig ist -> für klassische Chelatoren.
  6. Gregus & Leskova (und alle anderen) bieten zwar keinen “Beweis”, dass ALA ein effektiver Hg2+ In-Vivo Chelator nach Theorie von Cutler ist, die Schlussfolgerung ist jedoch verlockend.
    • Ich kenne zudem keine Studie, welche Cutler seine Vermutung widerlegt /ausschließt, sondern eher Zustimmung zu dieser Theorie.
  7. Wenn ALA nur als Nrf2-Inducer wirken würde und nicht als Chelator, wie Shade es argumentiert, dann müsste Shades Hg-Detox auch ohne ALA funktionieren.
    • Diese Gegenkontrolle und ein Argument, warum er nun unbedingt R-ALA als Nrf2-Aktivator verwendet, obwohl er selber Haritaki für hoch potent(er) hält, bleibt Shade aus meiner Sicht schuldig.
  8. Das was Shade anders (und besser) macht als Cutler sind die Bindemittel, welche ich selber zwingend bei Cutlers Protokoll nutzen würde um es zu verbessern.
    • Ggf. ist dies ein Grund, warum die potentiellen Seiteneffekte von Shade seinem Protokoll mit R-ALA abgemildert sind bzw. Shade auch große Erfolge zu haben scheint.

Natürlich stellt sich die Frage: Warum hat noch keiner Nachgemessen ob Cutler nun recht hat oder nicht? Ja, das ist eine berechtigte Frage.

Wenn ich vor die Frage gestellt werden würde was ich bei einer relevanten Hg-Vergiftung machen würde ist meine Antwort klar: Mit ACC, also Cutlers Methode. Ich würde Cutlers Methode für DMPS anwenden und sehr Vorsichtig bei dem hinzufügen von ALA sein, wie ich es auch hier beschrieben habe. ALA würde ich selber nicht über max. 25 mg / Dosis steigern wollen. Allerdings sei hier gesagt, das es kein Spaß ist, ALA alle max. 3 Stunden, auch in der Nacht, einzunehmen. Cutlers Ansatz verlangt extrem viel Disziplin.

Natürlich würde ich alle Details, Vorbereitungen und Supplemente die in Cutlers Büchern beschrieben sind durchführen und zusätzlich vorher auf eine HPU checken. Im Vergleich zu Cutler offeriert der Detox-Cube von Shade nur ein kleines Heftchen. Selbst nach dem anschauen von über 40 Interviews, Vorträgen und Seminaren von Shade über Hg-Detox, Glutathion & Co. wurde ich im Bezug auf die entscheidenden technischen Aspekte der Hg-Ausleitung, also genau die, die er bei Cutler kritisiert, nicht schlauer. Deswegen habe ich meinen teuren Detox-Cube auch nie zur Anwendung gebracht.

Ggf. ist die Frage Cutler vs. Shade aber auch eine andere

Eventuell läuft die Frage Cutler vs. Shade darauf hinaus, dass sie etwas völlig anderes behandeln. Cutler fokussiert auf eine echte Quecksilbertoxizität mit einem konservativen Ansatz, der für viele schwierig ist und oft keine schnellen Ergebnisse bringt. Shade behandelt andere, eher allgemeine, nicht genau definierte, Probleme. Shade verspricht zwar, die Quecksilbervergiftung zu behandeln, hilft den Menschen jedoch sehr breitbandig mit Bindemitteln und Nrf2-Aktivatoren. Wirklich quecksilbervergiftete Menschen laufen (aus meiner Sicht) jedoch in die Gefahr einer Verschlechterung: Vergleichbar, aber natürlich nicht identisch, mit DMPS und DMSA-Infusionen.

Wenn es um die reine Quecksilbertoxizität und Chelatierung geht, ist aus meiner Sicht die Cutlers Ansatz mit DMPS (alle 6-8h) deutlich sicherer als der von Shade. Selbst Shade bestätigt Cutler zumindest in Bezug auf die Halbwertszeit von DMPS und DMSA und eine entsprechende Einnahme! Cutler sein Kernbeitrag, die (zwingende) Einnahme von Chelatoren in Ihrer pharmakologischen Halbwertzeit, ist bis heute nicht entkräftet worden.

Die “heutigen” Probleme liegen ggf. auch woanders: In der Praxis erzielen viele Menschen mit Cutlers Protokoll nicht die (schnellen) Ergebnisse, die sie mit Cutler erwarten. Es dauert oft unzählige Runden und Jahre, bis es ein bisschen besser wird. Der Aufwand, speziell die 3h Runden mit ALA scheinen vielen zu groß, vor allem im Vergleich zu den unmittelbaren Vorteilen. Zudem gesellen sich über 20 Jahre nach Cutlers Protokoll weitere “neue” Probleme:

  • Heutzutage haben die meisten Menschen nicht nur chronische Schwermetallvergiftungen. Diese Probleme müssen getrennt von der Quecksilberentgiftung behandelt werden.
  • Der Faktor Elektrosmog aus Mobilfunk, WLAN & Co. ist heutzutage sicherlich um den Faktor 1.000.000 größer als 1999.
  • Die Ernährung ist bei den meisten Menschen schlechter geworden, zwar gibt es Bio & Co. nun überall – nur wer isst das auch konsequent?

Während Cutler grundlegende Ansätze für die Behandlung von Nebenniere, Schilddrüse, Leber, Verdauung, Antioxidantien usw. enthält, sind einige Aspekte veraltet, zu “kompakt” dargestellt. Allerdings ging Cutler vor 23 Jahren immer noch weiter als viele aktuelle Literatur bzw. therapeutische Ansätze. Hier ist es, wo dann, meiner Ansicht nach, Shade sein Ansatz funktioniert, speziell wenn eben gerade keine ausgeprägte Quecksilbertoxizität vorliegt, sondern andere Probleme dominieren. Shade verkauft hier (premium-) Nahrungsergänzungsmittel, die aus meiner Sicht durchaus geeignet sind, die Entgiftungswege zu unterstützen, wenn keine primäre (und hohe) Quecksilber-Belastung vorliegt. Er propagiert zudem die Verwendung von Bindemitteln, die der allgemeinen Gesundheit des Darms und des Immunsystems sehr helfen können – etwas, was Cutler noch nicht berücksichtigte. Allerdings bin ich der Ansicht, das es dafür nicht Shade seiner teuren Produkte bedarf!

Letzte Gedanken

Leider musste ich die Erfahrung machen, das einfach zu viele Ihre Methode ohne Kompromisse und Einschränkungen anpreisen und Sie dann doch irgendwo Haken hat. Genau das passiert ja bei den Urin-Mobilisationstests und mit den DMPS & DMSA Infusionen – und das machen immer noch sehr viele Ärzte und Therapeuten, wobei seit über 20 Jahren klar sein sollte, das es nicht ohne Kollateralschaden funktionieren kann. Auch hier verkünden die, welche diese Methoden feilbieten, das faktisch alles immer erfolgreich und speziell ohne relevante Nebenwirkungen sei.

In jedem Fall sind Shade und Cutler einig, das die Infusionsansätze bei den Chelatoren und auch die orale Einnahme abseits der pharmakologischen Halbwertzeit (mehr als) hoch Problematisch sind. Das ist auch ein Grund, warum ich mich stark mit C. Shade beschäftig habe, denn ich halte diesen Menschen, wie auch A. Hall Cutler, für sehr breit aufgestellt. Allerdings will/muss C. Shade seine Quicksilver-Produkte verkaufen, was mich jegliche Aussage von Shade in Bezug auf seine Aussagen kritisch(er) sein lässt.

Wer mich fragt was ich vermute, was wirklich mit ALA/DHLA, GSH & Co. in Bezug auf Hg2+ ‘ab geht’, dem kann ich sagen: Ein bisschen von allem. Ich denke, das beide, Cutler und Shade zu Teilen recht haben. Alles andere wäre mir in Bezug auf die Studienlage die ich nun etwas besser kenne, für mich un-plausibel.

Fazit: Wenn eine Hg-Belastung nicht vorliegt, oder weitestgehend ausgeräumt ist, dann kann ich mir Shade seinen Ansatz als ‘Restentmüllung’ durchaus vorstellen, wie es auch Askert von Medical Insider (-> Siehe Teil 2) nahe legt. Bis es soweit ist, also die Hg-Belastung ausreichend gesenkt ist, bevorzuge ich den Weg von Cutler.

Allerdings eher mit DMPS und wenn ALA dazu genommen werden sollte, dann nur mit sehr geringen Dosierungen: Start mit 1 mg pro Dosis, sehr langsame Steigerung und final, ggf. nach 1-2 Jahren, nicht mehr als 25 mg pro Dosis.

Allerdings, und das möchte ich hier auch noch einmal betonen, gibt es einen potentiellen 3ten Weg: NBMI. Alle die Shade nicht 100% Ihres Vertrauens schenken mögen, denen Cutler einfach zu Schlaf-Zerstörerisch ist, die Probleme mit Leber oder Niere haben, welche die durch die Chelatoren stark belastet werden, mögen sich mit diesem Komplex auseinandersetzten. In jedem Fall würde ich vorab immer die Grundlagenarbeit machen, welche ich hier im Blog und meinem Detox-1-Artikel immer wieder beschrieben habe.

 


Links / Quellen


Vorträge von Chris Shade

  • [CS1] Ask Dr Shade- Open Forum for Questions from our Community, Chris Shade, Ph.D., Quicksiver Scientific, 2015
  • [CS2] Extreme Dive into Glutathione, the master detoxifier… Or is it much more than that, Chris Shade, Ph.D., Quicksiver Scientific, 2016
  • [CS3] Detox Cube Deluxe Protocol, Chris Shade, Ph.D., Quicksiver Scientific, 2016
  • [CS4] The Detox-Qube-Strategies and Outcomes, Chris Shade, Ph.D., Quicksiver Scientific, 2016
  • [CS5] Advanced Protocol Strategies, Chris Shade, Ph.D., Quicksiver Scientific, 2016
  • [CS6] Individualization and Enhancement to Quicksilver Protocols, Chris Shade, Ph.D., Quicksiver Scientific, 2016

Konversationen von Andy Hall Cutler (25 Beiträge von Cutler bei Onibasu mit Annotationen und mit meinen Kommentaren)

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