Buchkritik: Plant Paradox (‘Böses Gemüse’) von Stephen R. Gundry (MD)
In diesem Buch von Steven R. Gundry (MD) geht es in der Grundthese um so genannte Lektine. Dies sind Pflanzenschutzstoffe mit denen ‘einfach gesagt’ eine Pflanze Ihren Nachwuchs (Samen) gegenüber Säugetieren verteidigt. Dazu baut die Pflanze in die Samen Proteine ein, welche im Säugetier (und auch im Menschen) die Darmwand passieren sollen bzw. in den Blutkreislauf gelangen, wenn die Schleimschicht und Mikrobenflora im Darm nicht einwandfrei in Ordnung ist (u.a. durch Medikamente, Antibiotika, wenig Ballaststoffe, etc. pp).
Passiert letzteres, ‘drohen’ (nach Gundry) in der Konsequenz alle möglichen Symptome, Autoimmunkrankheiten & Co. So können spezifische Unverträglichkeiten bei der Ernährung die Gründe für eine schier endlose Krankengeschichte und viel Leiden sein (wenn Sie überhaupt ernst genommen wird).
Gundry empfiehlt dann im (zweiten Teil) seines Buches eine (eher klassische) Eliminierungsdiät um dem Darm bzw. Körper die Möglichkeit (und Zeit) zur Heilung zu geben, bei der dann nach und nach wieder Lebensmittel hinzugefügt werden können um auszutesten welches die kritischen sind auf die der eigene Körper reagiert. Die Eliminierungsdiät umfasst nach Gundry zuerst faktisch alle Getreide (und Produkte daraus), Hülsenfrüchte, alle Nachtschattengewächse inkl. Kartoffeln, einige Samen (Kürbis, Sonnenblumen, Chia), alle Kuhmilchprodukte mit A1-Casein, alle Kürbis- und Melonenarten (inkl. Zucchini), verschiedene Öle (Mais, Soja, Raps, Sonnenblumen, Kürbis, etc.) und auch alles Fleisch was aus der Antibiotika-, Soja-, Mais- und Getreidemast stammt.
Ob es jedoch immer die ‘Lektine’ (welche überhaupt?) waren, die bei den Patienten von Gundry das eigentliche Problem darstellten, oder ob andere Effekte die Ursache waren – das blieb für mich auch am Ende des Buches noch im Dunkeln. Was für mich in diesem Bezug hilfreich war, waren die beiden Podcasts von Selfhacked (siehe Links am Ende des Artikels) mit Dr. Gundry – durch welche ich seine These besser in mein Gesamtbild einordnen konnte. Gundry war dort deutlich zurückhaltender bzw. ‘gemäßigt’ – im Vergleich zu seinem Buch.
So denke ich aktuell, das Dr. Gundrys Thesen sehr lesenswert sind – denn Nebenwirkungen (im Vergleich zu Medikamenten & OPs) sind von seinen (und ähnlichen) Vorschlägen eher nicht zu erwarten (ganz im Gegenteil). Allerdings hätte es aus meiner Sicht nicht geschadet, wenn Gundry teils etwas mehr nach links & rechts geschaut hätte – den nicht alle Lektine sind immer schlecht.
Update: Das Buch ist nun auch in Deutsch erschienen und heißt dort: “Böses Gemüse – Wie gesunde Nahrungsmittel uns krank machen”. Natürlich macht uns gerade NICHT das Gemüse krank, sondern eher falsch verstandenes “Vollkorn”, Medikamente welche die Darmwand schädigen, sowie auch Kuh-Milchprodukte. Die deutschen Verlagen mögen wohl reißerische Titel und dachten sich, dass ein “Das Pflanzen-Paradox” sich weniger gut verkauft – wobei es korrekt(er) gewesen wäre.
Inhaltsverzeichnis für den Schnellzugriff
Zu Gundrys (Kern-)These
Ist der Darm nicht Tip-Top in Ordnung bzw. sind die Lebensmittel nicht richtig zubereitet, dann setzt nach Gundry die verheerende Wirkung der Lektine ein, wie z.B.:
- das Immunsystem zu irritieren, was dann in der Abwehr auch körpereigene Zellen angreift
- nach Gundry der Haupt-Auslöser für so-genannte Autoimmunkrankheiten,
- das Hormonsystem zu beeinflussen
- u.a. Fettzellen die Fett speichern wenn Sie es nicht sollten (-> Fettleibigkeit) oder
- die zelluläre Kommunikation zu stören
- u.a. Insulinrezeptoren von Zellen zu blockieren – mit verschiedensten Folgen.
Gundry erklärt aus seiner Sicht die mannigfaltigen Mechanismen der Schädigung durch Lektine und die körpereigenen Schutzmechanismen in diesem evolutionären Kampf. Er listet auf welche Lebensmittel von der Lektionproblematik betroffen sind, wie die Auswirkungen dieser minimiert werden können bzw. historisch minimiert wurden und stellt am Ende einen Ernährungsplan vor mit denen Menschen die höchstwahrscheinlich von dieser Problematik betroffen sind Ihre Ernährung umstellen können. Zudem ist das Buch mit Geschichten seiner Patienten garniert, was das ganze sehr greifbar macht.
Warum schreibe ich ‘aus seiner Sicht‘? Weil Gundry für mich etwas über das Ziel hinausschießest und insbesondere ‘die Lektine’ verantwortlich für fast jedes der großen Zivilisationsleiden macht. Im Buch ‘Ökosystem Mensch’ von Dr. Volkmann lese ich z.B. vergleichbares – ist der Darm nicht in Ordnung gibt es mannigfaltigste Symptome. Also Darmkur, Ernährungsumstellung & Schrott weg (primär Bio, keine Zusatzstoffe & Co., Vollwertig), auffüllen der Spurenelement- und Mikronährstoffdepots (mit vernünftigen Supplementen). Schwupps sind fast alle Patienten alle möglichen Leiden los – ganz ohne irgend welche Lektine dafür verantwortlich zu machen. Das sind alles wichtige Punkte die helfen – aber ganz so einfach ist es nicht immer: Candida, Endotoxine, Schimmelpilzbelastungen, Schwermetallbelastungen und systemische Entzündungen (u.a. wurzelbehandelte Zähne & Co.) bedürfen meist noch ein paar anderer Interventionen.
Dennoch denke ich, das das Buch von Gundry entscheidende Denkanstöße in Bezug auf einige der mögliche Ursachen gibt.
Lektine – Wer ist betroffen?
So wie ich das Buch, das ich nachfolgend noch im Detail vorstellen werde, verstehe sind insbesondere Menschen deren Magen und insb. Darmtrakt nicht in Ordnung ist betroffen – teilweise mögen auch genetische Faktoren eine Rolle spielen oder eine nicht mehr optimale Magen- und Darmflora (Mikrobiom). Die häufigsten Auslöser für eine höhere Sensitivität gegenüber Lektinen sind nach Gundry u.a.:
- Medikamente, welche die Darmwand schädigen (Säureblocker, Schmerzmittel, Blutverdünner, etc. pp.).
- Antibiotika (welche die gute Magen- und Darmbakterien ‘killen’ die zum Teil Lektine abbauen).
- Zu wenig Ballaststoffe (keine Nahrung für die Darmbakterien).
- Generell eine Fehlernährung und Nährstoffdefizite.
So ist wohl auch die oft zitierte ‘Gluten’-Unverträglichkeit nicht unbedingt eine gegenüber Gluten, was auch ein Leptin ist, sondern u.a. gegenüber anderen Lektinen insbesondere in Getreiden – und dort insbesondere in Weizen und ganz stark in Weizenvollkorn (WGA). Die Thematik ist an sich nicht neu und wurde z.B. von Cordain in einem Fachaufsatz [2] den es auch in Deutsch als Buch gibt beschrieben.
So sind Gundrys Patienten in der Regel Menschen die schon eine lange medizinische Geschichte durchgemacht haben – und durch falsche Diagnostik immer mehr Medikamente zu sich nahmen welche in Folge die Probleme schlimmer machten als besser. Insofern würde ich das was Gundry am Ende zur Vermeidung vorschlägt eher als zeitbegrenzte Eliminationsdiät verstehen – nicht als Lifestyle bis zum Lebensende.
Jedoch habe auch durchaus einige wenige der von Gundry beschriebenen potentiellen Unverträglichkeiten an mir fest machen können – wenn ich es mit den Mengen sehr stark ‘übertreibe’ und die Zubereitung nicht entsprechend angepasst ist (u.a. wässern, keimen, fermentieren ala Sauerteig und insb. Kochen). Interessant war in diesem Kontext die Phase in der ich selber Vollkornbrot gebacken hatte. Je nach dem Siebgrad vom Mehl, der Gehzeit des Sauerteigs und Verwendung von zusätzlicher Hefe hatte ich deutliche Unterschiede bei der Verdauung und Verträglichkeit festgestellt. Mit Cordains und jetzt auch Gundrys Buch habe ich für diese Erfahrungen eine sehr schlüssige Erklärung bekommen.
Insofern kann jeder vom Lesen dieses Buches profitieren – wobei man nicht alles was Gundry in Bezug auf seine These und seine Patienten folgert auch korrekt sein muss und viele andere Auslöser bzw. Gründe haben kann.
Zum Buchinhalt
Das Buch mit ca. 400 Seiten gliedert sich in drei übersichtliche Teile. Zuerst geht es um Gundry seine These in Bezug auf die Lektine als Hauptauslöser verschiedenster Unverträglichkeiten, (Autoimmun-)Krankheiten und Symptome:
- Part 1: The Dietary Dilemma
- Chapter 1: The War between Plants and Animals
- Chapter 2: Lectins on the Loose
- Chapter 3: Your Gut under Attack
- Chapter 4: Now Thy Enemy: The Seven Deadly Disruptors
- Chapter 5: How the Modern Diet Makes You Fat (and Sick)
Im zweiten Teil geht es dann um Gundrys Weg wie mit den Lektinen umgegangen werden kann. Er schlägt faktisch eine Eliminierungsdiät vor in der alle ggf. problematischen Lebensmittel verboten sind – was ein durchaus klassisches Herangehen an die Problematik ist:
- Part 2: Introducing the Plant Paradox Program
- Chapter 6: Revamp Your Habits
- Chapter 7: Phase 1: Kick-Start with a Three-Day Cleanse
- Chapter 8: Phase 2: Repair and Restore
- Chapter 9: Phase 3: Reap the Rewards
- Chapter 10: Phase 10: The Keto Plant Paradox Intensive Care Program
- Chapter 11: Plant Paradox Supplement Recomendations
Zum Ende gibt es noch einige Rezepte und Essenspläne für Menschen die hier Anleitungen brauchen. Die Rezepte sind wie in vielen US-Büchern eher an die US-Essgewohnheiten angepasst:
- Part 3: Meal Plans and Recipies
- Sample Meal Plans
- The Plant Paradox Program Recipies
Leider – und da möchte ich einen Teil meiner Kritik vorweg nehmen – differenziert Gundry in seinem Buch für meinen Geschmack nicht ausreichend zwischen seinen Thesen (u.a. das die Lektine faktisch der primäre Auslöser für viele Zivilisations- und Autoimmunkrankheiten sind), Beweisen und Beobachtungen bei seinen Patienten. So fehlen denn auch über längere Strecken im Buch auch Referenzen, welche seine Thesen bzw. Aussagen und/oder Schlussfolgerungen an geeigneter Stelle untermauern – oder ich habe Sie übersehen. Nichts desto trotz fand ich das Buch sehr lesenswert, seine Thesen spannend und sehr hilfreich für mich um viele Puzzles zu komplettieren.
Anmerkung: In den zwei Selfhacked Podcasts (zu finden unter den Links am Artikelende) werden die wissenschaftlichen Hintergründe seiner eigenen Arbeiten für mich mehr transparent als beim Lesen des Buches. Das mag jedoch auch dem Zielpublikum des Buches geschuldet sein.
Chapter 1: The War between Plants and Animals
In diesem Kapitel führt Gundry in die Fortpflanzung der Pflanzen ein und welche Strategien Sie haben um Ihren Nachwuchs – die Samen – zu ‘verteidigen’ (ja, Gundry nutzt eine recht militaristische Wortwahl im gesamten Buch – Dramatik?). Dabei unterscheidet er die Pflanzen in zwei Kategorien:
- Früchte die ein Tier essen soll – um die Samen (die durch eine harte Hülle geschützt sind) zu verteilen.
- ‘Nackte’ Samen, welche dort wurzeln sollen, wo die Mutterpflanze steht, wie z.B. bei Getreiden.
Bei 1. wird jedoch die unreife Frucht ebenfalls durch Lektine geschützt und die Farbe (meist Grün) signalisiert die Unreife den Tieren. Was machen wir Menschen nun: Wir pflücken oft unreifes Obst und lassen es dann künstlich Reifen (u.a. Bananen). Dabei besteht jedoch das Problem, das die Mutterpflanze nicht mehr die Lektine in dem Obst abbauen bzw. das Signal dazu senden kann. Deswegen rät Gundry in Folge u.a. auch von dem Konsum von nicht-seasonalem Obst ab.
In Falle von 2. gibt es keine harte Schale im inneren einer Frucht – sondern eine Art ‘biologische Kriegsführung’ (Ja, Gundry bedient sich einer eher kriegerischen Wortwahl). Übliche Methoden sind Phytinsäuren, Trypsin-Inhibitoren und speziell auch die Lektine, welche im Zielorganismus ‘Säugetier’ u.a. die zelluläre Kommunikation stören und ähnlich wie Hormone wirken können.
Was sind Lektine überhaupt?
Lektine sind große Proteine die sehr Bindungsfreundlich sind, was nach Gundry bedeutet das diese die Zellkommunikation unterbrechen und toxische sowie entzündungsfördernde Wirkungen haben können. Auch sollen Sie auch die Bindung von Bakterien und Viren an Ihre Ziele fördern sowie (durch die hormonelle Wirkung) die Gewichtszunahme stimulieren.
Haben Tierprodukte Lektine?
Ja, wenn diese Art-Untypisch mit lektinhaltigen Getreiden wie Soja, Mais und Weizen gefüttert werden. So finden sich nach Gundry die Lektin-Proteine in Milch und Fleisch der Mast-Tiere wieder und lösen über diesen Umweg die Allergien & Co. aus. Auch Fisch aus der Zucht bzw. Zufütterung sei betroffen, genauso wie Bio-Produkte – welche dann einfach mit Bio-Soja, Bio-Mais, etc. gemästet werden.
Die vier Verteidigungsstrategien des Körpers
Nach Grundry sind dies:
- Schleimbildung in Nase und Rachen sowie Speichel: Speichel (& Schleim) enthält u.a. Mucopolysacchariden welche Lektine binden (da diese Bildungsfreudig mit Zuckern sind).
- Magensäure: Kann verschiedene Lektine zerstören bzw. verdauen – jedoch nicht alle.
- Bakterien im Mund und im Magen- und Darmtrakt (Mikrobiom): Diese können sich teils von Lektinen ernähren – umso besser, je länger wir eine bestimmte Pflanze essen.
- Eine Schleimschicht in Magen und Darm: Wirkt als Barriere und hält die Lektine und den Magen- und Darminhalt dort wo er hingehört.
Insb. aus Punkt 3. ergibt sich auch ein Problem bei einer Vermeidungsdiät: Essen wir z.B. kein Gluten mehr – dann verschwinden bzw. reduzieren sich auch die Bakterien die sich vom Gluten nähren und wir verlieren unsere Gluten-Toleranz! Insofern rät Gundry von einer glutenfreien Ernährung ab – wobei er Sie am Ende seines Buches doch empfiehlt (weil er alle glutenhaltigen Getreide auf seine “No” Liste hat).
Die Angriffs-Strategien der Lektine
Folgendes schreibt Gundry to den Angriffs-Strategien der Lektine:
- Durchbreche die Darmwand: Im Falle das die Schleimschicht nicht Tip-Top ist versuchen die Lektine die Schleimhaut zu überwinden. Dabei versuchen die Lektine die Zonulin-Produktion anzuregen, welche Lücken zwischen den Zellen der Schleimhaut erzeugen kann – so das die Lektin-Proteine in den Blutkreislauf gelangen können. Einmal im Blutkreislauf & Co. erzeugen Sie dann eine Imunsystemantwort.
- Verwirre das Immunsystem mit molekularer Imitation: Dabei erzeugen Pflanzen Lektin-Proteine die körpereigenen Proteinen sehr ähnlich sind, so das das Immunsystem dann auch körpereigene Proteine attackiert. Weiterhin können LektineKür nach Gundry wie Hormone wirken oder Hormone blockieren – und damit die körpereigene Signalwege stören.
- Störe die zellulären Kommunikationswege: Wie schon unter 2. beschrieben können Lektine wie Hormone wirken oder diese blockieren. Hormone steuern u.a. was Zellen machen sollen (u.a. Glukose hereinlassen, diese als Fett speichern, etc. pp). So können Lektine nach Gundry auch den Insulinrezeptor belegen, so das die Zelle dann quasi aushungert – weil Sie kein richtiges Insulinsignal mehr bekommt.
Warum funktioniert die monokulare Imitation (3.) nach Gundry? Weil es so interessant ist zitiere ich hier mal einen Ausschnitt aus dem Buch im Original:
“Our immune system cells and other cells use “bar-code” scanners called TLRs (toll-like-receptors) to identify proteins as friend or foe. These pattern receptors, build over hundreds of millions of years, have been subjected to new patterns in certain foods that unfortunately mimic a whole different set of compounds that instruct cells – particularly, immune and fat cells – what to do. For instance, these compounds instruct fat-cells to store fat when they shouldn’t be storing fat, or they tell our white blood cells to attack our own bodies in case of mistaken identity”
Am Ende des ersten Kapitels …
schreibt Gundry noch das nicht jeder auf bestimmte Lektine identisch reagiert – je länger die Vorfahren einer bestimmten Lektingruppe ausgesetzt waren, desto höher die Chance das sich Immunsystem und Magen- und Darm Mikrobiom angepasst haben
Chapter 2: Lectins on the Loose
In diesem Kapitel geht es darum warum unsere Vorfahren anscheinend mit den Lektinen klar gekommen sind – und warum heute immer mehr Menschen anscheinend unter diesen leiden. Was hat sich in den letzten Jahren geändert?
Gundry geht zuerst etwas zurück in der Evolutionsgeschichte, insb. in Bezug auf die Nutzung von Feuer – dies, da das Kochen Lektine teilweise zerstört und unseren Vorfahren ermöglicht hat eine breitere Palette von Pflanzen als Energielieferant zu essen. Eine große Änderung setzte dann u.a. mit der Kultivierung von Getreide ein – was jedoch die Zivilisationen in der heutigen Dimension erst ermöglichte. Gundry schreibt das Nager wie Mäuse und Ratten ca. 40 Millionen Jahre hatten um sich an die Schutzmechanismen der Getreide anzupassen – die Menschen nur maximal ca. 10.000 Jahre. Gleiches Schreibt auch L. Cordain in seinem Buch [1] und zeigt dabei auch auf, das die Glutenverträglichkeit umso größer ist – je länger das Getreide in der entsprechenden Region von Menschen kultiviert und wurde.
Gundry fasst dann die vier für Ihn wichtigsten Änderungen im menschlichen Umfeld und bei der Ernährung zusammen:
- Die landwirtschaftliche Revolution: Gundrys These ist das die starke Veränderung der Ernährungsgewohnheiten vor ca. 10.000 Jahren zu einer komplett anderen Ernährung geführt hat auf die wir genetisch immer noch nicht optimal adaptiert sind und weswegen sich Unverträglichkeiten bzw. eine höhere Sensitivität zeigt. Jedoch bin ich schon über Studien gestolpert, welche nahelegen das u.a. Getreide und Gräsersamen auch schon deutlich vorher genutzt wurden.
- Eine Mutation in den Kühen (Casein A-1): Durch eine Mutation in den Kuhbeständen wird so-genanntes A-1 Casein in ein lektinähnliches Protein (Beta-Casomorphin) gewandelt, was allerlei Autoimmunreaktionen auslösen kann – u.a. wohl auch Diabetes I. Auch darauf bin ich hier im Blog und auch Dr. Greger schon eingegangen. So habe auch ich keine Erkältungen & Co. mehr, seit dem ich vollends auf Milchprodukte verzichte. Dabei hatte mir insbesondere der Verzicht auf alle Protein (Casein)-Haltigen Milchprodukte den größten Gesundheitsschub gegeben.
- Pflanzen ‘aus der neuen Welt’ (Amerika vor 500 Jahren): Vor ca. 500 Jahren kamen allerlei Pflanzen aus der neuen Welt nach Europa: Nachtschattengewächse (Kartoffeln, Tomaten, Paprika, …) viele Hülsenfrüchte, Gräser und pseudo-Getreide (Amarant, Quinoa) und die Kürbisfamilie (inkl. Zucchini). Nach Gundrys These konnte sich unser Körper und unser Mikrobion in dieser kurzen Zeit nicht entsprechend auf diese Pflanzen anpassen. Wobei ich eher weniger Menschen mit einer Kartoffel-Unverträglichkeit kenne 😉
- Aktuelle Innovationen der Neuzeit: Genetisch manipulierte Organismen (GMO), Antibiotika, Chemie, Medikamente, Süßstoffe, Zusatzstoffe, hormonell wirkende Substanzen aus Plastik, etc. pp. Dabei beeinflussen all diese Stoffe unser Mikrobiom und bei den GMO werden sogar noch teils zusätzliche Lektine als ‘natürliches’ Pflanzenschutzmittel in Pflanzen eingebaut… welche dann auch Folgen für uns haben.
Grundry stellt dann die Frage warum uns das gerade jetzt in diesem Ausmaß trifft?
Es schreibt – und da stimme ich Ihm aus eigener Erfahrung voll zu – das die Art wie wir unsere Lebensmittel zubereiten sich in den letzen 50 Jahren dramatisch geändert hat. Zudem hat sich jedoch auch das Umfeld geändert… Chemie, Plastik, Medikamente, Deos, Waschmittel- und Lotionen, etc. pp. Alles wirkt auf unseren Körper und unser Mikrobiom ein. Einiges davon hatte auch schon Dr. med. Walter Mauch in ‘Die Bombe unter der Achselhöhle’ (Amazon-Link) vor vielen Jahren treffend beschrieben.
Glutensensitivität
Gundry weist darauf hin, das alle Lebensmittel die Gluten enthalten auch Lektine enthalten – Gluten ist ja ein Lektin. So genannte Glutenfreie Produkte wie Pseudogetreide & Co. enthalten nun jedoch nur andere Lektine, das insofern ein Mensch der z.B. Weizen wegen Gluten vermeidet mit anderen Getreiden nicht glücklicher werden muss.
Weiterhin weißt Gundry darauf hin, das ein glutenfreies Essen auch die Toleranz gegenüber Gluten minimieren kann, weil der teil des Mikrobioms der diese Abbaut bzw. vom Gluten lebt nicht mehr versorgt ist. Insofern ist eine ‘präventiv’ glutenfreie Ernährung nach Gundry nicht unbedingt eine gute Idee…
Gleichzeitig beschreibt er jedoch auch, das Sauerteigbrot (mit oder ohne Hefe), insbesondere in/aus Europa sehr gut vertragen wird – da durch die Bakterien Gluten und andere Lektine abgebaut werden. Das Problem seit nicht das Getreide und/oder Gluten, sondern u.a. Transglutaminase was dem Brot in den USA als Backtriebmittel seit ca. 1950 zugesetzt wird. Ein anderes Problem ist das Konservierungsmittel BHT das insb. Vollkornbrot (in den USA) zugesetzt werden – wegen der Oxidationsprozesse der mehrfach ungesättigten Fette in diesen Broten.
Kurzer Einschub zu Gundrys sehr harsche Kritik an den Getreiden: Auch wenn Sie nicht optimal sein mögen – das Problem ist ja seit Jahrhunderten durch Sauerteig & Co. ‘zumindest recht gut’ im Griff. Die (heutigen) Probleme werden eher durch unnatürliche Zusätze erzeugt bzw. potenziert (was er auch schreibt) – wie in sehr, sehr vielen Nahrungsmitteln aus der industriellen Produktion. Ob das nun den Lektinen in den Getreiden anzulasten ist?
WGA (Wheat Germ Agglutinin)
In diesem Abschnitt geht Gundry speziell auf das Weizenlektin WGA und seine vermeintlichen Wirkungen in Bezug auf Gewichtszunahmen und Störung des Isulin- und Hormonsystems ein. Leider ohne jede Referenz auf den Stand der Forschung.
Gundrys ‘Abrechnung’ mit Vollkorn
Hier schreibt Gundry, das es schon seit Ägyptern und Griechen einen Wettlauf um das weißeste Mehl und in Asien um den weißesten Reis gab und unterstellt das dies wegen der Antinährstoffe war. Referenzen führ er für diese Aussage jedoch keine an. Er kritisiert in diesem Abschnitt (ab Seit 45) ganz klar Vollkorn als neumodische Erscheinung die sehr Problembehaftet ist – insbesondere wenn das volle Korn z.B. als Haferflocken oder Müsli kalt zubereitet wird. Er führ an, das bis 1945 kein Europäer oder Asiate kalt zubereitete Cerealien gegessen hat – bis diese von amerikanischen Truppen in diesen Länder eingeführt wurden (natürlich ohne Referenz).
Auch hier wieder ein bisschen Zwischenbemerkung… sonst wird es am Ende zu viel: Gundry scheint noch nie etwas vom Arzt Bircher-Benner und seinem Müsli gehört zu haben. Das gibt es schon seit ca. 1900 – und es wurde definitiv nicht von US-Truppen nach Deutschland oder Europa importiert. Auch stellt er die Entwicklung zu weißem Reis meines Erachtens falsch dar. Weißer Reis wurde nicht wegen der wenigen Antinährstoffe populär – ganz im Gegenteil: In China wurde z.B. Vollkornreis verzehrt bis die Europäer weißen Reis einführen. Der Konsum von dem Vitamin- und Mineralstoff befreiten Reis führte dann zur Vitamin-B1 Mangelkrankheit Beriberi. Wikipedia fasst es gut zusammen:
“Die Krankheit Beriberi spielte vor allem Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts eine große Rolle im Zusammenhang mit dem geschälten „weißen“ Reis. Sie beruht auf einem chronischen Mangel an Vitamin B1 (Thiamin). Dieses Vitamin ist vor allem im Silberhäutchen des ungeschälten Reiskorns enthalten. Beim Schleifen in der Reismühle wird das Silberhäutchen entfernt.2
Warum war weißer Reis so begehrt? Auch hier nutze ich der Einfachheit zuliebe Wikipedia:
“Ab den 1870er Jahren machten mechanische Reismühlen den aus religiösen und kulturellen Gründen begehrten weißen, geschälten Reis in großen Mengen verfügbar, er war auch weniger verderblich und besser transportabel.”
Insbesondere die bessere Lagerbarkeit war ein wichtiger Grund für das schälen – wie auch beim Getreide und der Verarbeitung zu Weißmehl unter der Entfernung des fettreichen Keimes. Denn Fett oxidiert durch den Luftsauerstoff und wird schnell ranzig, ganz schlecht für die Lagerung! Leide gibt Gundry keine Quellen für seine Ansicht in Bezug auf die geschichtliche Entwicklung von weißem Reis an.
Einschub: Was ich hingegen spannend fand
In dem (zeitlich) ersten Selfhacked Interview gibt er an, das sich sogar aus den Originaldaten der China-Study hervorgeht, das die Chinesen die traditionell mehr Weizen verzehren auch mehr Gesundheitsprobleme (u.a. Herzkrankheiten) haben als die, welche mehr Reis verzehren (Anm.: Korrelation). Zudem gibt er auch an, das viele Studien in Bezug auf die Vorteile von Vollkorn oft an ‘Rodents’, also Nagetieren, durchgeführt werden bzw. wurden – diese jedoch genetisch auf diese Getreide adaptiert sein und dann nicht die Probleme mit dem Herz- und Kreislaufgefäßen haben. Ich bin dem nicht im Detail nachgegangen – der letzte Punkt stimmt jedoch für sehr viele Studien – welche oft nicht an Menschen stattfinden.
Auf der Suche nach Mustern
In diesem Abschnitt beschreibt Gundry wie die weiter oben besprochenen TLR’s und so genannte G-Spotters auf bisher unbekannte Stoffe und Proteine im menschlichen Körper reagieren, welche es vor 50 Jahren noch nicht gab: Modifikationen im Essen, Zusätze, Hygieneprodukte, Medikamente, etc. pp. Er gibt diese Gründe als Auslöser für die mannigfaltigen Probleme an unter welche vieler seiner Patienten leiden. Das Immunsystem würde so faktisch hypersensibilisiert…
Die Reaktion des Körpers: Loslassen der Immunabwehr, welche jedoch auch den Fremdproteinen ähnliche körpereigene Zellen in Mitleidenschaft zieht (weil die TLR’s eben nur ‘grobe’ Mustererkenner sind).
Chapter 3: Your Gut under Attack
Ab hier werde ich etwas grober über die Kapitel streifen, da die Kernthese von Gundry durch die ersten beiden Kapitel gut dargestellt wird. In diesem Kapitel fürt Gundry zuerst in das Holobiom (eine etwas weitere Definition als nur das Mikrobiom des Magen- und Darmtrakts) ein. Wird Menschen leben letztendlich in Symbiose mit Mikroorganismen auf unserer Haut, in uns, etc. pp.
Die Grundausstattung an ‘Holobiom’ bekommen wir wenn wir geboren werden – über die Scheide und später die Muttermilch. Fehlt einer der beiden Einflüssem, schlimmer noch beide, dann sieht es auch langfristig schlechter aus mit der Gesundheit und den Abwehrkräften – wie auch schon Frau Dr. Zschocke in ‘Darmbakterien – Schlüssel zur Gesundheit’ schreibt, was ich über einen Podcast bei SR2 – Fragen an den Autor kennengelernt habe (hier der Podcast). Dach folgen Beschreibungen der Darmwand und wie es dort zu Problemen kommen kann: Insbesondere durch Medikamente (NSAIDs) – Nichtsteroidale Antirheumatikum.
Kurzer Einschub: Auch hier (Seite 79/80) wird zumindest für mich wieder klar, das in der Regel die Lektine nur der ‘finale’ Auslöser der Symptome von Gundrys Patienten, wobei die Vorschädigungen von Magen- und Darm (Holobiom nach Gundry) durch Medikamente und andere Umweltfaktoren die Grundlage dafür liefern. Nur in Konsequenz dieser Vorschädigungen werden die Lektine bei oftmals falsch zubereiteten und industriell produzierten Speisen und Nahrungsmitteln problematisch.
Eine Ahnung taucht auf
In diesem Abschnitt geht Gundry auf neuste Forschungen im Bereich der Schädigungen des Darms durch die NSAIDs ein, welche bis vor kurzem noch unbekannt waren – da die Diagnostik noch nicht so weit entwickelt war. Aspirin & Co. schädigen die dünne Darmwand – so das Lektine in den Blutkreislauf gelangen und dann Autoimunreaktionen auslösen. Dies kann dann zu allerlei Autoimmunkrankheiten führen:
- Arthritis
- Rheuma
- Chron’s
- Hashimoto
- Fibromyalgie
- Raynaud’s Syndrom
- etc. pp.
Chapter 4: Now Thy Enemy: The Seven Deadly Disruptors
In diesen wichtigen Kapitel stellt Gundry die seiner Ansicht nach sieben wichtigsten Störfaktoren für die Gesundheit dar, die da wären:
- Breitbandantibiotika: Wirken wie ein Flächenbombardement im Körper – welches auch sehr viele gute Mikroben auslöscht bzw. ‘dezimiert’. Diese Art der Antibiotika sollten nur in aller stärksten Notfällen eingenommen werden. Leider jedoch finden sich diese Antibiotika auch in vielen Fleischprodukten (neben anderen gefährlichen Stoffen) – weswegen Gundry in Grunde genommen vom Verzehr jeglicher Fleischprodukte abrät – wenn diese nicht traditionell aufgezogen sind und sich natürlich ernähren konnten.
- Nichtsteroidale Antirheumatikum (NSAIDs): Dinge wie Ibuprofen & Co. – beeinträchtigen die Darmwand sehr stark.
- Magensäureblocker (Protonenpumpeninhibitoren, PPI): Diese sind nach Gundry unter allen Umständen zu vermeiden, da Sie die Magensäure reduzieren und so einen sehr großen Teil der Immunabwehr lahmlegen. Da für uns schädliche Bakterien nicht mehr durch die Säure eliminiert werden können diese dann u.a. sehr negativ unser Mikrobiom im Darm verändern. So bekommen Menschen die PPIs nehmen ca. 3 mal häufiger eine Lungenentzündung.
- Künstliche Süßstoffe: Auch diese Stoffgruppe hat nach Gundry einen starken Einfluss auf unser Mikrobiom. Weiterhin sollen diese den ‘Fettspeichermodus’ des Körper aktivieren – richtiger Zucker hin oder her, die Süße sei es, welch nach Gundry das Signal dafür ausmachte. Einzig sicher sein: Stevia, Xylitol, Erythrit und Inulin.
- Hormionsystemdisruptoren: Sind alle Stoffe und Stoffgruppen die u.a. Östrogenartig wirken. Dazu gehören: fast alles Plastik (BPA/Phatalate), Kassenzettel (ich berichtete), DDE, PCB’s, Konservierungsstoffe (u.a. Parabene). Alle spielen ‘Verwüstung’ mit unserem Hormonsystem und lösen mannigfaltige Probleme aus:
- Übergewicht, Diabetes und andere metabolische Krankheiten
- Störungen der Fortpflanzungsorgane (Mann und Frau)
- Krebsleiden bei Frauen die auf das Hormonsystem zurückzuführen sind
- Probleme mit der Prostata
- Probleme mit der Schilddrüse
- Probleme bei der Gehirnentwicklung und des neuroendokrinen Systems
- Erschöpfung des Vitamin-D Vorrates (Reduktion der Leberfunktion dieses Vitamin in seine aktive Form zu konvertieren)
- Östrogendominanz führt zu Männerbrüsten und fördert die Fetteinlagerung (in Antizipierung einer Schwangerschaft)
- Genetisch modifizierte Organismen (GMO): Hier werden Proteine (u.a. Lektine) in Pflanzen eingebaut die dann als Schutz gegen Insekten diesen sollen. Natürlich verzehren wir mit den GMO-Nutzpflanzen dann auch diese Proteine, mit allen Folgen die Gundry in Bezug auf die TLR- und G-Spotter beschreibt. Pflanzenschutzmittel wie Roundup machen dann die Sache noch schlimmer (Auswirkung u.a. auf unser Hormonsystem).
- Schlimmer noch: Unsere Darmbakterien produzieren drei essentielle Aminosäuren über den Shikimisäureweg, den Säugetiere nicht haben: Tryptophan (->Serotonin), Tyrosin und Phenylalanin (-> Schilddrüse). Nach Gundry beeinträchtigen nun Roundup und übliche GMOs diesen Weg bzw. unser Mikrobiom.
- Roundup beeinträchtigt hingegen auch noch Leberenzyme, was sich auf eine schlechtere Vitamin D Synthese in die aktive Form auswirkt…
- Blaues Licht: Durch blaues Licht wird unser circadianer Rhythmus gesteuert, was u.a. Auswirkung auf die Melatoninproduktion (Schlafen), Ghrelin (Appetit) und Cortisol (Stresshormon) hat. Durch Blaulicht von OLED & LCD-Bildschirmen von TV, Computer, Smartphone und Kaltlicht (LED & Energiesparlampen) kommt unser kompletter Biorhythmus durcheinander – es ist für den Körper faktisch immer Tag & Sommer, was nach Gundry für den Körper u.a. bedeutet: Fett einlagern!
- Anmerkung: Ein wichtiges Thema! Siehe auch meinen Artikel zu Blue-Blocker Brillen.
Gundry schließt das Kapitel mit dem Satz, das die Mehrheit der Menschen nicht Insulin-resistent ist weil Sie Fett sind, sondern das Sie fett sind, weil der Körper sich im konstanten Summer befindet und für den Winter und die Verteidigung (‘War-effort’) gegen die Lektine rüstet bzw. vorsorgt.
Chapter 5: How the Modern Diet Makes You Fat (and Sick)
Grundry beginnt dieses Kapitel – das ein Rundumschlag an verschiedenste Ernährungs-Programme und Diät-Philosophien ist mit folgendem (gutem) Zitat:
“Men dig their graves with their own teeth and die by those fated instruments more than the weapons of their enemies)” (Thomas Muffet)
Gundry scheibt u.a. das “Diäten” von der wahren Ursache in Bezug auf die Gesundheit abgelegt haben und Sport nicht hilft um nachhaltig Gewicht zu verlieren (sondern ein Mittel ist um das aktuelle Gewicht es zu halten).
Dann vertieft Gundry die Jahreszeitenthese die ich auch schon anderweitig gelesen habe – das wir unsere Nahrung nicht mehr entsprechend der Seasonalität zu uns nehmen (z.B. Früchte nur im Sommer) und dies falsche Signale an unseren Körper sendet. Das schreibt, das das erfolgreichste Tier das ist, was genug Fettreserven einlagern konnte – weswegen ggf. unsere Vorfahren auch Getreide, Bohnen und Milch genutzt haben (Hormonthese in Bezug auf die Wirkung der Lektine). dann folgt eine Analogie das gerade Getreide, Soja und Mais auch dafür genutzt werden in der Tiermast schnell Fett- und Gewichtszuwächse zu erzielen. Hier kommen dann auch Milchprodukte mit A1 Casein ins spiel, welche nach Gundry Entzündungsprozesse und Fetteinlagerung befördern.
Das Lektin-Glied zum Verständnis von Übergewicht und schlechter Gesundheit
Gundry zählt kurz ziele auf die Insulin bezüglich des Glukosestoffwechsels wirkt auf:
- Fettzellen: Sagt Fettzellen bescheid, das Sie die Glukose als Fett speichern sollen.
- Muskelzellen: Lässt Glukose als Brennstoff hinein.
- Nervenzellen: Brauchen auch Glukose als Brennstoff. Insulinresistent von Nervenzellen ist nun auch als Diabetes Typ III bekannt.
Problematisch wird es nach Gundry nun wenn die Lektin-Proteine an den Insulin-Rezeptor dieser Zellen andocken und dauerhaft die Fetteinlagerung ankurbeln (Fettzellen) oder die Rezeptoren für Insulin blockieren und die Zellen aushungern (Nerven & Muskeln). Bei Fettzellen soll nach Gundry insb. WGA (aus Weizen) eine Rolle spielen (Fetteinlagerung) – bei Muskel und Nervenzellen soll das Gegenteil passieren, was er dann mit Parkinson und Demenz in Verbindung bringt (leider ohne jegliche Referenz). Zuletzt verweist er noch eine Studie das auch über den Vagus-Nerv Lektine aus dem Magen- und Darmtrakt in das Gehirn gelangen können (Seite 147). Er schließt mit (der These):
“You are insulin- and leptin-resistant not because you are overweight; rather, you are overweight because your body is at war and is saving calories for the war effort.”
Eine Vielzahl an “erfolgreichen” Diäten
Hier geht Gundry zuerst auf die die meisten “Low-Carb” Diäten ein, deren Protagonist er selber war. Er schreibt das alle Low-Carb Diäten indirekt auch Hoch-Proteindiäten sind – und dadurch Kohlenhydrate und Hülsenfrüchte reduzieren und so schon mal hilfreich sind. Dann kommt Paleo dran, wo er kann mit dem Fleisch und Jägermythos nicht mit geht und sagt das unsere Vorfahren primär von Knollen & Wurzeln, Beeren, Nüssen und tierischen Protein in Form von Fisch, Schnecken, Insekten und kleinen Tieren gelebt haben. Vorteile die Menschen mit Low-Carb verspürt haben nach Gundry also nicht mit der Restriktion von KH zu tun, sonder mit der indirekten Beschränkung der Lektinlast. Das gleiche gilt für Ihn in Bezug auf so-genannte ketogene Diäten.
Dann kommen die so genannten “High-Carb” Ernährungsformen dran (z.B. McDougal, Ornish, Esselstyn, T. Campbell), welcher u.a. ich (aktuell) in etwa praktiziere – jedoch zusätzlich mit Fisch. Er sagt, das diese Ernährungsformen nicht dabei helfen Herzkrankheiten zu beseitigen (Anm.: Hallo!? – Was ist mit den Studien von Esselstyn?, etc. pp.?) jedoch einen Gewichtsverlust produzieren. “Warum also der Gewichtsverlust?” fragt er sich? Er nennt aus seiner Sicht viel Faktoren:
- Fette die Lektine enthalten kommen nicht vor, insb. Omega-6 Fette werden reduziert.
- Weil keine Fette erlaubt sind, gibt es auch keine Lipopolysaccharide (LPS), welche Lektinen helfen können die Darmwand zu überwinden.
- Die Nutzung von unverarbeitetem Vollkorn und nicht vermahlenem ‘Vollkorn’-Mehl (u.a. kein BHT & Co. in den USA).
- Die Nutzung von Bio-Produkten (kein GMO, Roundup -> Glyphosat, etc.).
Kurzer Einwurf von mir: Er vergisst jedoch: Kein A1-Casein, kein Mastfleisch und keine Mast-Eier (Mais, Soja, Antibiotika, etc.) die auch alle vielfältige negative Wirkungen haben. Dann schreibt er jedoch das diese Ernährungsform quasi ‘nicht tollerabel’ sei – und das viele Menschen diesen nicht längerfristig folgen könnten bzw. würden. Das finde ich sehr Spaßig – denn Seine Diät, welche in der ‘extremen’ Form alle Getreide, Hülsenfrüchte, viel Obst, Gemüse, Samen und Saaten ausschließt, erscheint für mich durchaus ‘herausfordernd’ 😉
Dann schreibt Gundry noch das Esselstyns Patienten dennoch ein Fortschreiten Ihrer Herz bzw. Gefäßkrankheiten aufweisen würden – da Sie weiter Weizen konsumieren. Das muss jedoch nicht sein, weil es mit Süßkartoffeln, Reis, Sorghum und Hirse bessere Alternativen gibt. Denn wirklich Gesundheitsbewusste die den “High-Carb” Ärtzten folgen vermeiden ebenfalls Weizen(mehl-)Produkte. Zumindest mache ich das – spätestens nach dem Lesen von L. Cordains Buch über Getreide. Vermeiden ist dabei kein Verzicht – jedoch bei mir eine ca. 95%ige Reduktion.
In dem ersten Selfhacked-Podcast geht Gundry auch noch weiter auf Esselstyns Studien ein, welche wohl eine effektive Umkehr der Gefäßverschlechterungen nur bei 6 Patienten nachgewiesen haben sollen. Das kann ich leider so nicht für bare Münze nehmen – ich habe Esselstyns Buch gelesen und kenne andere Studien in die gleiche Richtung. Esselstyns, McDougals & Co. Ernährung ist definitiv wirksam und hat (nicht nur) bei mir den Cholesterinspiegel von >200 auf ca. 120 gesenkt!
Jedoch bin ich auch hier nicht allen Aussagen Gundrys im Detail nachgegangen. Was mich zudem Stutzig macht: Gundry nennt nie konkrete Cholesterinwerte in seinem Buch – insb. nicht in Bezug auf seine eher fettreichen Diätvorschläge. Wenn ich jedoch ein Herzproblem hätte, dann würde ich einfach beide Ansätze kombinieren – als Gundrys Ansatz mit einer fettarmen Ernährung nach Esselstyn. Das wäre dann für mich ‘auf Nummer sicher’ 🙂
Von Neu5Ac und Neu5Gc
Gundry beschreibt hier das unsere Blutgefäße mit einem lektinbindenden Zuckermolekül ‘Neu5Ac’ ausgekleidet sind – etwas was wir mit Hühnchen, Elefanten, Mollusken und Schalentieren teilen. Das erklärt für Ihn auch, warum z.B. Schimpansen mit einer getreidereichen Kost keine Probleme haben.
Nun gibt es jedoch nach Gundry ein Problem mit ‘Neu5Gc’, was u.a. in Schwein, Rind und Schaf zu finden ist: Beide schauen fast gleich aus und es gibt nach Ihm signifikante Informationen die nahelegen, das unser Immunsystem einen Antikörper gegen dieses Protein entwickelt und mit der Immunabwehr wohl auch unsere eigenen Blutgefäße angreift, welche ja das Neu5Ac haben. Weiter führt er aus (Seite 158), das Krebszellen Neu5Gc (aus Schwein, Rind und Schaf) für Ihr Wachstum nutzen in dem Sie ein Hormon namens ‘Vascular Endothelial Growth Factor’ (VGEF) produzieren. So finden sich auch in Tumoren nachweislich Neu5Gc Moleküle – die nur über die Nahrung von außen zugeführt sein können, weil unser Körper Sie nicht produzieren kann!
Das heißt für Gundry das KH (die es ja auch ohne Lektine gibt -> richtig zubereitet) grundsätzlich besser sind als diese Fleischprodukte, welche gerade von Low-Carbern und Paleo-Diät praktizierenden Menschen genutzt werden. Er verweist dann ganz korrekt (Seite 163) auf den Fakt das alle langlebigen Kulturen einen sehr geringen tierischen Proteinkonsum als gemeinsamen Faktor haben.
Resistente Stärke – Wenn KH nicht KH sind
Hier geht Gundry kurz auch resistente Stärke ein, die unsere Darmbakterien nähren. Das habe ich auch schon hier beschrieben. Zudem produzieren dann die so gut genährten Bakterien und Mikroben noch für uns sehr nützliche Fette.
Part 2: Introducing the Plant Paradox Program
Uff… das ist schon lang geworden – deswegen kürze ich nach der Darstellung der These von Gundry die Zusammenfassung des zweiten Teils des Buches etwas ab. Im 6ten Kapitel beginnt Gundry mit einer sehr wichtigen Regel:
“Rule Numer 1: what you stop eating is more important that what you start eating”
In Deutsch: Das Weglassen (beim Essen) ist wichtiger als das hinzunehmen. Dann folgen die nächsten:
- Regel 2: Achte und pflege Deine Magen- und Darmbakterien – dann werden Sie auch Dich nähren, denn Du bist Ihr Zuhause
- Regel 3: Obst ist wie Süßigkeiten: Er stellt hier auf seine Jahreszeitenthese und unreif gepflückte Früchte ab.
- Regel 4: Du bist das, was das Ding was Du isst gegessen hat. Wenn also die (Mast-)Tiere Mais, Soja, Weizen & Co. essen, dann wirken diese Dinge auch auf uns. Das gleiche gilt für GMOs, Spritzmittel und auch Milch.
Phase1-3 des Plant-Paradox Programmes
Danach führt Gundry übersichtshalber in die verschiedenen Phasen seines ‘Plant-Paradox’ Programmes ein:
- Phase 1: Ein 3-Tage Reinigungsprozess zum Aufbaue und der Entlastung der Darmbakterien.
- Phase 2: In den nächsten zwei Wochen werden dann folgende Sachen aus der Ernährung gestrichen:
- Alle Lebensmittel die nennenswert kritische Lektine, Pflanzenschutzmittel, GMO, etc. enthalten – darunter auch viele gesättigte Fette.
- Alle Zucker und Süßstoffe.
- Die deutliche Verringerung der Omega-6 Fettzufuhr.
- Kein industrielles Geflügelfleisch mehr, kein Fisch aus der Zucht, kein Vieh/Rind und deren Milchprodukte aus der Massentierhaltung welche mit Antibiotika, Mais, Soja & Co. gefüttert werden.
- Ganz wenig Nüsse sind erlaubt – sowie Avocado.
- Alle das Hormonsystem störende Produkte (u.a. Körperpflege, Deos, Plastik etc.) sind verboten.
- Folgendes soll konsumiert werden:
- Alle Arten von Blattgrünen (Salaten), Knollen- und Wurzelgewächse und resistente Stärke.
- Mehr Omega-3 Fette aus Fisch, Leinsamen und ggf. MCT-Öl.
- Nicht mehr als max. 250g Fleisch pro Tag (inkl. Fisch).
- Nicht mehr als 120 Gramm Protein aus Fleisch (Anm: Was?)
- Milchprodukte nur von A2-Kühen oder Schafen, Büffeln bzw. Ziegen.
- Phase 3 (optional):
- Tierisches Protein reduzieren, inklusive Fisch – nicht mehr als 60-120 g / Tag (Seite 180)
Kurze Zwischendurchbemerkung: Weiter vorne im Buch bemerkt Gundry in Bezug auf Low-Carb Diäten, das diese zu viel zu viel Protein beinhalten. Nun, wo es konkret wird, spricht er von bis zu 120g alleine tierischem (‘animal’) Protein? Für mich ist das in der 1:1 Übersetzung nicht plausibel – und ich denke er meint hier die Fleischmenge und nicht den Proteinanteil des Fleisches. Denn für den durchschnittlichen US-Bürger sind max. 60-120g Fleisch am Tag sicher schon sowas wie ‘Vegan Stufe 0′ 😉 ich denke Gundry wollte auch seine US-Leser nicht mit komplexen Mathematikaufgaben belasten, also etwas wie ‘0,37g * eigenes Körpergewicht’, plus das Ergebnis dann noch mit Proteintabellen von Geflügel und Co. abzugleichen.
Für diese Interpretation bzw. Lesart spricht das Gundry auf Seite 182-183 dann auf Forschungen von Dr. Valter Longo verweist, welche nahelegen das der Mensch eigentlich nur 0,37g / Kg pro Tag benötigt – wobei dann Gundry noch anmerkt, das der Körper auch noch Protein recycelt und das auch berücksichtigt werden müsse. Deswegen würde der in der Phase 3 insbesondere die Empfehlung für das tierische- aber auch das Gesamtprotein noch einmal reduzieren. Spannend ist, das McDougal in ‘Starch Solution’ [8] das gleich schreibt – also das selbst die 0,8g Protein pro Kg Körpergewicht, welche u.a. von der DGE & WHO als Mindestaufnahme empfohlen werden, einen großen Sicherheitsfaktor beinhalten.
Richtige Zubereitung
Auf Seite 180 empfiehlt Gundry in jedem Falle einen modernen Dampfdruckkochtopf. Dabei sein die meisten Lektine durch die hohen Temperaturen zerstörbar – bis auf Weizen, Roggen, Gerste und Hafer (und wohl auch Quinoa – siehe Seite 211).
Chapter 7: Phase 1: Kick-Start with a Three-Day Cleanse
Hier detailliert Gundry dann den Einstieg in die Phase 1. Bitte das Buch für mehr Details kaufen 😉
Chapter 8: Phase 2: Repair and Restore
In diesem Kapitel stell Gundry dann seine “Yes Please” und “No” Listen mit Lebensmitten vor, welche nach Ihm problemlos verzehrbar sind – und welche problematisch sind. Die beiden verlinkten Listen (siehe auch unter Links ganz unten im Blogbeitrag) wurden von Konstantin Kirsch in das Deutsche übersetzt und sind hier auch mit seiner Genehmigung als lokales Backup verfügbar, Vielen Dank noch einmal für dafür!
Danach folgen verschiedene Tipps, u.a. zur Zubereitung, zu einzelnen Lebensmitteln, wie z.B.:
- Bohnen unbedingt und immer im Dampfdrucktopf kochen.
- Wenn der Milchkonsum die Schleimproduktion fördert – dann liegt höchstwahrscheinlich eine Reaktion auf das A1-Casein vor. (Anm.: Weswegen ich Milchprodukte seit Jahren meide… und keine Erkältungen mehr habe…)
- Chia-Samen sind wohl auch nicht unproblematisch. (Anm.: Und Sie sind teuer… Leinsamen sind besser und günstig).
- Erdnüsse und Cashews sind keine Nüsse, sondern Legumen. Die Cashew-Hülle ist sogar so toxisch das die Arbeiter Masken und Handschuhe tragen. (Anm.: Deswegen verzehre ich auch beide seit Jahren nicht mehr…)
- Für Gundry sind insbesondere Mais und Quinoa ganz schlimme Ergänzungen des Speiseplans.
- Bei Tomaten (Nachschattengewächse) weißt Gundry darauf hin, das die Italiener immer noch die Haut und die Samen entfernen bevor Sie Tomatensauce machen. (Anm.: Beim Produzenten nachfragen ob er das auch macht!)
- Er gibt an, das das Keimen von Hülsenfrüchten deren Verdaulichkeit nicht verbessert und der Lektingehalt sogar steigt. (Anm.: Aus meinen Erfahrungen kann ich dem nicht zustimmen. Dafür das sich der Lektingehalt erhöht gibt er eine Referenz auf L. Cordains Blog an – in den genannten Referenzen fand ich dann jedoch nichts über Keimen oder Lektine).
- Die Reduktion von tierischen Protein (auch Fisch) verlängert die Gesundheits- und Lebenszeit – und noch einmal der Hinweis darauf, das die Gemeinsamkeit aller langlebigen Kulturen und Völker der geringe Proteinanteil war (Seite 215). (Anm.: Zentrale Aussage der China Study und von T. Campbell)
- Die Aufnahme von resistenter Stärke (z.B. kalte & vorher gekochte Kartoffeln) maximieren (Nahrung fürs Mikrobiom).
- Optimalerweise Pilze in die Ernährung integrieren (wegen Fructo-Oligosaccharide -> Inulin-> fürs Mikrobiom). Dazu gehören auch wie auch Okra, Radicchio, Artischocken, Zwiebeln und Knoblauch.
- So viel grünes Blattgemüse wie es nur geht + alle Kohlarten. (Anm: Sagt auch Dr. Greger)
- Nüsse, u.a. Pistazien, Wall-, Macademia- und Pekanüsse.
- Feigen (welche technisch Blumen sind) und Dattel bzw. Feigen – in begrenzter Menge – als Süßungsmittel. (Anm.: Mache ich seit Jahren – klappt gut!)
Chapter 9: Phase 3: Reap the Rewards
In diesem Kapitel gibt Gundry weitere Tips, wobei gleich der erste sich dann für mich etwas verwirrend im Kontext der vorher immer angebrauchten Zurückhaltung gegenüber Hülsenfrüchten ließt:
- Bohnen sind gute Quellen für resistente Stärke – wenn Sie richtig zubereitet werden.
- Weißer (Basmati-)Reis ist nach Gundrys Meinung das sicherste Getreide und dieser Reiss soll auch die meiste resistente Stärke haben.
- Kürbis: Schale schälen und Kerne entfernen (Anm.: Wer hätte das gedacht…)
- Ein niedriger IGF-1 = langes leben. Nach seinen Erfahrungen sind die zwei Faktoren die zu einem niedrigen IGF-1 führen ein Verzicht auf zu viel Zucker sowie der Verzicht auf tierisches Protein.
- Erklärung von intermittierendem Fasten (u.a. 16h zwischen letzter und erster Mahlzeit und auslassen einer Mahlzeit am Folgetag).
Für mehr empfehle ich den Blick in das Buch.
Chapter 10: Phase 10: The Keto Plant Paradox Intensive Care Program
Hier stellt Gundry sein spezielles “Keto”-Programm vor, also eine primär auf Fett basierte Ernährung. Interessant ist für mich hier gewesen, das der darauf eingeht, das für eine wirkliche (zeitbeschränkte) Ketose nicht nur die KH dramatisch eingeschränkt werden müssen, sondern auch die Proteine:
“Again, the excess protein morphs into sugar and results in insulin production, which blocks the action of the hormone-sensitive lipase, preventing fat from converting to ketones”.
Kurzer Einwurf: Er verbindet dieses mit einer Kritik an den zahlreichen Low-Carb Diäten wie Paleo, Atkins, South-Beach, etc. pp. – zwar nichts neues für Dr. Greger, McDougal, Esselstyn, Barnard & Co. – anscheinend jedoch für Dr. Gundry [7]. Leider findet sich dann in diesem Kapitel eine für mich etwas undifferenzierte Warnung vor Fruktose – wobei nicht zwischen dem vollwertigen Obst und Fruktose aus raffinierten Produkten unterschieden wird (siehe auch meinen Blogbeitrag zu Kohlenhydraten).
Chapter 11: Plant Paradox Supplement Recomendations
Im letzten Kapitel geht Gundry dann noch auf mögliche Supplemente wie Vitamin D3, B-Vitamine, B12, Polyphenole, Omega-3 Fette, Probiotika und seine eigenen Produkte “Lectin Shield” (u.a. MSM, Glucosamin) und “Sugar Defense” (Chrom, Zink, Selen, Zimt, Kurkuma Extrakt, etc.) ein.
In Bezug auf die wohl schwindenden Mikronährstoffe in den Lebensmittels (siehe auch hier im Blog – einer meiner ersten Artikel) trifft er sogar die (recht steile) Aussage: “getting all of the nutrients you need simply cannot be done without supplements”. Für B12 mag ich da zustimmen, bei D3 hängt das klar mit der Zeit in der Sonne zusammen – nicht mit der Ernährung.
Kritik
Uff, das ist eine lange Zusammenfassung geworden… war nicht geplant – hat mir jedoch geholfen auch viele nützliche Dinge hier noch einmal zusammenzufassen & ich hoffe es ist hilfreich für alle die, welche nicht Englisch lesen können bzw. vorerst die Zeit nicht haben das Buch selber zu lesen. In jedem Fall kann ich für mich verbuchen, das ich das Buch wirklich gelesen habe.
Revolutionär?
Menschen die bestimmte Lebensmittel nicht vertragen haben gab es schon immer: Tomaten, Paprika, Gluten (bzw. verschiedene Getreide), Milch (u.a. Laktose, Proteine etc.), Äpfel, verschiedenste Nüsse und natürlich unterkochte Hülsenfrüchte – darauf weißt auch Brenda Davis, RD in Ihrem Buch hin [3]. Auch das Buch ‘Food Allergy Survival Guide’ [4] aus dem Jahre 2004 behandelt das Thema schon recht ausführlich – denn Unverträglichkeiten können auch bestehen, wenn diese auf Dr. Gundrys “Yes-Please” Liste stehen. Auch ist grundsätzlich eine Eliminierungsdiät im Maße von Gundry nichts neues – z.B. ist das bei dem Personal Trainer Daniel Knebel (siehe Links, ganz unten) ein Standardwerkzeug. Das ganze passt dann sogar auf 1,5 Seiten A4 Papier – nur wird natürlich nicht klar, warum auf dies, da und noch dieses verzichtet werden soll.
Was ist also neu?
Neu ist für mich das nun das viele eventuelle Unverträglichkeiten – und insbesondere die Autoimmunerkrankungen – einen gemeinsamen Nenner bekommen: Lektine! – und dafür eine sehr plausible Theorie (u.a. TLRs, G-Spotter) präsentiert wird.
Dabei geht es in dem Buch nicht nur um die Lektine sondern auch um die mannigfaltigen (und meiner Sicht nach absolut korrekt beschriebenen) Umweltfaktoren, welche unsere Gesundheit gerade in den letzten 50 Jahren stark beeinflussen – und die Lektine erst zu einem Problem werden lassen. Gundry vertieft dann auch die heutigen (industriellen) Zubereitungsformen von Nahrungsmitteln, welche viele traditionelle, effektive und gut erprobte Techniken über Bord werfen und mit der die Lektin-Problematik für die meisten Menschen keine mehr war (oder zumindest tolerabel ist).
So erlaubt ja auch Gundry am Ende seines Buches die Hülsenfrüchte u.a. Bohnen – nur eben richtig gekocht, was ja nicht unbedingt ein Geheimnis war (aber auch vielen Menschen nicht unbedingt transparent!). Kürbis? Samen und Schale entfernen – gleiches gibt für Tomaten, Paprika, etc. Viele schälen auch Zucchini und schneiden die Samen dort heraus – wie auch bei der Aubergine. das meiste davon habe ich schon immer so gehandhabt bzw. so gelernt – oder mache es um die (potentielle) Spritzmittelbelastung zu reduzieren.
Getreide? Spätestens seit Loren Cordains Paper dazu [2] wissen viele bescheid – also warum es Sauerteig & Co. gibt und gab und was alles an auch problematischen Dingen in vielen Getreiden steckt. Dies ist u.a. eine der (wissenschaftlicheren) Grundlagen der ‘Paleo’-Bewegung. Zudem schreibt ja auch Gundry das es in Europa – mit seinem Sauerteigbrot & wenn es denn traditionell gebacken wird – in der Regel keine (bzw. deutlich weniger) Probleme gibt. Also lieber zum kleinen Bäcker als in die ‘Backfabrik’…. – wenn man auf Brot nicht verzichten möchte. Bei mir ist Brot jedoch nur noch eine Notlösung… da ich auch durch meine Backexperimente erkannt habe das es meine Verdauung (wenn auch nur subtil) negativ beeinflusst.
Hilfreich sind in jedem Fall die Listen von Gundry als eine erste Orientierung was dann alles genau Probleme verursachen könnte. Ob das in jedem Fall den Lektinen lag bzw. diese der Auslöser waren? Dazu ist die Datenlage die Gundry im Buch präsentiert etwas dünn.
Sind Lektine immer schlecht?
Das ist eine Frage die leider nicht in Gundrys Buch beantwortet wird. Einiges an Forschung deutet darauf hin, das Lektine u.a. eine krebspräventive Wirkung haben und Tumorzellen bzw. Tumorwachstum im Darm in für uns guter Weise beeinflussen können [5]. Zudem fördern einige Lektine, Terpene & Co. z.B. als Pflanzenextrakte wie EGCG, Haritaki, Resveratol, Quercetin & Co. auch unsere Gesundheit in dem Sie bestimmten Gen-Expressionen, wie z.B. NRF2, erhöhen oder modulieren. Man nennt dieses auch Hormesis bzw. hormetischen Stress.
So sind nicht alle Lektine (direkt) ‘schädlich’ und bestimmte auch nur ‘bei zu viel’ oder wenn etwas anderes bereits aus dem Ruder gelaufen ist. Das ganze ist mal wieder komplexer – denn alles interagiert und muss ganzheitlich betrachtet werden. Von einzelnen Lebensmittelunverträglichkeiten bei einigen (u.a. kranken) Menschen die Allgemeinheit zu schließen kann im Schluss ggf. nach hinten los gehen. So weist auch Gundry darauf hin, das bei konsequenter Vermeidung von Gluten auch eine bestehende Glutentolleranz verloren oder vermindert werden kann! Gleiches können auch für andere Lektine gelten. Was ist bzw. wäre dann mit einem sehr breitem Verzicht an lektinhaltigen Lebensmitteln langfristig gewonnen? Das richtige Maß zu finden mag hier wieder die Lösung sein. Für Menschen mit akuten Rheuma, Übergewicht und Co. sind das jedoch erst einmal Luxusprobleme: Da heißt es dann erst einmal stopp, alles was irgendwie unsicher sein könnte rauswerfen – die Symptome heilen lassen – und dann stück für Stück Dinge (richtig gekocht) hinzufügen und austesten. Genau dafür offeriert Gundry ein Konzept mit plausibel klingender These.
Licht & Schatten – von Fakten, Thesen und Referenzen
Leider differenziert Gundry in seinem gesamten Buch (für mich) nicht ausreichend zwischen seinen Thesen (u.a. das die Lektine faktisch der primäre Auslöser für viele Zivilisations- und Autoimmunkrankheiten sind) und Dingen die auf Basis von Studien oder Quellen referenzierbar sind. So fehlen denn auch über längere Strecken im Buch auch Referenzen, welche seine Thesen bzw. Aussagen und/oder Schlussfolgerungen untermauern – oder die Referenzen sind teils sehr fragwürdig, wie schon die erste. Gundry behauptet hier z.B. das Eigelb den Cholesterinspiegel dramatisch senken:
“Eating Shellfish and egg yolks dramatically reduces colesterol” (Anm.: was natürlich Unsinn ist)
und verweist dabei auf eine Studie [1]. Das Problem: In der Studie wird nicht zusätzlich “Shellfish” (von Eiern ist dort nicht mal die rede) verzehrt – nein, es werden Fleisch, Käse und Eier reduziert. Was ist das Problem: Das was reduziert wird enthält massivst gesättigte Fette – der Fisch hat hingegen ein deutlich besseres Fettsäureprofil. Kein Wunder also das der Cholesterinspiegel sinkt, wenn man (gesättigte) Fette entfernt. Und was ist mit der Behauptung von Gundry in Bezug auf die Eier? Darüber steht nichts in der Studie.
Ich denke jedoch das dieses und auch die Kritik von Dr. Greger (Nutritionfacts.org) an Grundrys Buch von der Kernfrage und der Kernthese – die Gundry plausibel präsentiert – ablenkt!
Falsche Fakten?
Dies ist leider nicht die einzige Sache wo Gundrys Aussagen nicht immer so ganz genau stimmen. U.a. sagt er das die Adventisten, welche aktuell die langlebigste Bevölkerungsgruppe in der Welt ist, im Schnitt 60% Fett verzehren (Seite 162). Dies ist leider nicht so – so haben sogar die Adventisten mit viel Fett und Tierprodukten ein 4-fach gesteigertes Sterblichkeitsrisiko.
Dann schreibt er, das die ‘Kitavanas’ das Paradox eines jeden ‘Low-Carb’ Forschers sind – weil diese ‘extrem viel’ (60%) Kohlenhydrate und nur 30% Fett verzehren und trotzdem gut und lange leben (Seite 138). Leider vergisst er dabei die andere Blue-Zones wie z.B. die Einwohner Okinawas, die ein extrem langes Leben mit ca. 8% Fett und >80% KH schaffen – oder die Deutschen vor 200 Jahren mit ‘nur’ 13% Fett. Und was haben alle Blue-Zones gemeinsam? Eher viel Kohlenhydrate und wenig Fett und wenig Proteine – wobei er ja letzteres über die Blue-Zones mit Verweis auf die Quellen auch schreibt, das mit den KH aber unterschlägt.
Was ich Ihm zu gute halten muss ist das er im Interview bei Selfhacked hier auch die Okinawas mit >80% KH erwähnt – im Kontext mit den Kitavanas! Schade das er das nicht im Buch so ausgeführt hat. Eine Anmerkung meinerseits als wichtiges Detail: Die Okinawas essen jedoch primär Süßkartoffeln – und keine Getreide bzw. Reis! Ich denke mal, diese Verirrungen? sind seiner Vergangenheit in Bezug auf die ‘Low-Carb’ Bewegung geschuldet.
Gundry über die Kollegen…. u.a. Esselstyn, McDougal & Co.
Was ich überhaupt nicht verstehe ist das Gundry auf viele andere Ernährungsformen ‘austeilt’. Wo das bei ‘Paleo’ und ‘Low-Carb’ noch sachliche Gründe hat – wird es hingegen bei den vollwertig, pflanzlich und fettarmen Ernährungsformen von Dr. Esselstyn, Dr. McDougal, Dr. T. Campbell, etc. schon schwerer. So gesteht auch Gundry diesen Ernährungsformen zu das Sie für Ihn indirekt (durch die Fettreduktion) schon viele Risikofaktoren ausschalten (siehe weiter oben zu Kapitel 5) – unterschlägt jedoch die Wirkung der drastischen Reduktion der Tierprodukte (insb. Milch, verarbeitetes Fleisch, etc.) und unterstellt das diese Ärzte für Menschen mit Lebensmittelallergien, Rheuma & Co. nicht zusätzliche Vorschläge zur Optimierung der Ernährung haben (u.a. bei Getreiden und Nachtschattengewächsen).
Wo ich Gundry zustimmen muss: Durch den Fischverzicht kann es zu einem niedrigen DHA-Spiegel (oder ggf. Mangel) kommen – auch nicht gut. Dennoch werden sicher >80% der Menschen mit einer Form von McDougal, gemäßigtem Paleo, Esselstyn & Co. besser fahren als mit dem ‘heutigem’ Standard-Essen in Deutschland oder den USA. Besser ist jedoch nicht individuell optimal – was ja mein Antrieb für dieses Blog ist.
Dann Gundrys Aussage das diese Ernährungen quasi nicht durchhaltbar wären und es viele Abbrecher geben würde. Ausweislich der Langzeitstudien von Esselstyn [6] ist dies (für mich) nicht der Fall. Hingegen gibt Gundry zumindest im Buch gar keine ‘Compliance Rate’ bzw. die Zahl der Abbrecher an – es gibt bei Ihm im Buch nur die Erfolgsgeschichten von einzelnen Patienten. Für mich, der Quasi McDougall & Co. ‘in etwa folgt’, sind Gundrys Yes- & No-Listen noch einschränkender als das was er kritisiert. Schade, denn ich denke das Gundry solch eine Kritik gar nicht nötig hat!
Etwas Zurückhaltung und professionelle Wertschätzung hätte Gundry hier meines Erachtens besser gestanden. Im Interview mit Selfhacked hört es sich dann ganz anders (wertschätzender) an als er es im Buch geschrieben hat. Dort zollt er McDougal & Co. Respekt und äußert sich auch zum Anteil der KH in Relation zu Fett und sagt das dies gar nicht die Kernfrage sei. Er bestätigt jedoch noch einmal sehr detailliert das viele seiner Patienten welche sind, welche Ihre Problem mit dem Programm von Esselstyn, Ornish & Co. nicht lösen konnten. Und im Kontext der Interviews klingt dieses für mich sehr Ehrlich und überzeugt.
Viele einzelne Geschichten….
Von seinen Patienten lesen sich meist sehr gut… auch die Sache mit den “Kanarienvögeln” – seinen hypersensiblen Patienten – die für Ihn quasi die Lektin-Detektoren sind. Nur bleibt für mich die Frage und der Beweis offen, das auch immer Lektine die Ursache waren. Naja, letztendlich ist es auch egal – wenn viele Kanarienvögel auf die gleichen Dinge triggern muss da irgend ein gemeinsamer Nenner sein!
Gundrys Patienten scheinen jedoch oft welche zu sein, die ernsthafte gesundheitliche Probleme durch Medikamente und/oder Fehlernährung haben. Wenn Gundry explizit auf Säureblocker, Ibu, Antibiotika & Co. eingeht – alles Sachen die den Magen- und Darmtrakt sehr stark schädigen – dann ist es für mich schon nachvollziehbar das diese Menschen Probleme mit ‘normalen’ Mengen von Lektinen haben und Reaktionen zeigen – welche für Milliarden von Menschen kein Problem darstellen. In den USA ist das sicher aufgrund des in der Regel noch schrägeren Angebots an Fast-Food und hoch verarbeiteten Lebensmittel deutlich schlechter als in Europa. Aber auch ohne starke Reaktionen kann es eine Summe vieler Subtiler Reaktionen geben – welche sich auftürmen und in stressigen Zeiten dann früher ans Limit oder zur Erschöpfung führen!
Hier wird klar wie wichtige die Umwelt- und Umfeldaspekte sind, denen Gundry einen großen Teil des Buches widmet.
Für Mischköstler, Veganer und Vegetarier – aber warum Low-Carb?
Gundry sagt aus, das sein Programm für Mischköstler, Vegetarier und Veganer geeignet sei und vielfältigste Probleme löse. Auch hält er nichts von Low-Carb (Paleo und Atkins-Diäten) was sich für mich hoffnungsvoll las.
Was ist seine Lösung? Dadurch das er mit den Getreiden, vielem Obst und Kartoffeln (zumindest zu Anfang) fast jede übliche Form von KH aus seiner Ernährung verbannt bleibt als primärer Energieträger (neben Süßkartoffeln, Tapioca, Cassava) oft nur noch fettreiches übrig. Für seine Rezepte bedeutet dieses dann viel Kokos- & Mandelmehl, Walnüsse, sowie Olivenöl, Ghee und Eier (wobei Mandeln und Walnüsse auch nicht immer unproblematisch sind). Gleichzeitig nutzt er aber auch Zuckerersatzstoffe wie Xylitol und ‘Just Like Sugar’. Xylitol nutze ich für die Zahnpflege – ansonsten wirkt es bei mir (wie in der Literatur beschrieben) stark abführend. Bei den Tierprodukten soll dann alles Bio, mit Auslauf und ohne Getreide, Soja und Maismast sein – ein schwieriges Unterfangen, selbst im Bio-Segment. Deswegen habe ich mich hier auch für Fisch (insb. Sardinen, Hering) entschieden – sicher auch keine optimale Lösung, aber die gibt es meines Erachtens nicht: Alles hat Vor- und Nachteile – das richtige Maß zu finden mag entscheidend sein, was bei mir maximal 250-300 g Fisch die Woche bedeutet! Damit ist das tierische Budget bei mir ausgeschöpft, denn Fisch enthält neben der guten DHA-Fettsäure auch oft Schwermetalle & Co. Die anderen Fleischsorten sind jedoch in der Bilanz noch schlechter…
Zuguter letzt bietet er dann auch noch eine Keto-Version seines Programmes an, u.a. für Krebspatienten und andere Menschen mit sehr, sehr schweren Problemen. Zwar sind vorteile einer ketogenen Ernährung bei Krebs nicht gesichert, ggf. sogar negativ – aber egal [10]. Was Gundry inzwischen richtig erkannt hat, ist das auch die Aufnahme von zu viel Proteinen – wie Kohlenhydrate (KH) – dazu führen das keine Ketose eintritt. Ketose ist ein Betriebsmodus der Körpers in Notzeiten, in dem (gespeichertes) Fett als Energieträger für den Körper genutzt wird. Das funktioniert jedoch nur, wenn die KH-Zufuhr unter ca. 50g/Tag bleibt.
Warum Gundry sehr stark in Richtung Low-Carb (bzw. ‘High-Fat’) im Buch tendiert ist ggf. seiner Vergangenheit geschuldet. Im Selfhacked Interview ja betont das viel KH oder nicht – a) nicht die Kernfrage wäre und b) eine Fettreduktion ja auch hilfreich ist. Was ich ja schon weiter oben bemerkt hatte: Auf die Blutfettwerte (u.a. Cholesterin) geht er eher wenig bis nicht ein – und mit der ersten Referenz im Buch die er in diesem Bezug verwendet hat er bei mir auch keinen Blumentopf in diesem Kontext gewonnen.
Eigentlich sehr Nahe an dem was auch McDougal, Esselstyn & Co. empfehlen…
Gundry beton mehrfach zum eine seines Buches das zu viel tierisches Protein schlecht sei und gibt sogar an, das ca. 5% Protein am Tag ausreichen würden. Das wären dann bei 2000 Kalorien ca. 25g Protein von Tieren (inkl. Fisch).
Im Abschnitt über das ‘Neu5Gc’-gen, was u.a. in Schwein, Rind und Schaf zu finden ist wird ja schon klar das diese Tiere zu vermeiden sind. Milchprodukte haben in der Regel (in Europa & USA) A1-Casein. Käse & Co. sind sehr Proteinreich (Casein) – egal ob von einer Kuh oder einem Schaf. Das Casein uns dort in jeder Form nicht gut tut ist auch wissenschaftlich etabliert. Da Gundry klar sagt das nur traditionell gehaltene Tierprodukte verzehrt werden dürfen (ohne Getreidemast und Antibiotika) – bedeutet das für viele Menschen faktisch einen Verzicht auf diese – weil kaum praktikabel zu beschaffen bzw. sehr teuer.
Was ich mich gegen Ende den Buch gefragt hatte war, warum er nicht auch eine Ernährungsvariante (bzw. Rezepte) mit mehr KH in seinem Buch offeriert? Im Kapitel 5 im Abschnitt über die Ernährung von McDougal, Esselstyn & Co. bestätigt er ja sogar das wenig Fett die Wirkung der Lektine deutlichst reduziert – also selbst wenn kritische Lektine verzehrt werden! Dies, da es durch das viele Fett potentiell viele Lipopolysaccharide (LPS) gibt, welche dann den Lektinen helfen die Darmschranke zu überwinden. Schade…
Wie schon weiter oben geschrieben: Im Fall des Falles würde ich bei insb. Herzkrankheiten beide Ansätze (Lektinarm mit einer ‘eher’ fettarmen Ernährung, also <=30% Fettkalorien) kombinieren. Esselstyn liegt in diesem Fall bei 10% – ich würde auf jeden Fall die 30% (Kalorisch) nicht überschreiten. So rät auch die WHO zu 55-75% der Energie aus Kohlenhydraten – was dazu passt. Und was an raffinierten Ölen (Kokosöl, Olivenöl, …) auf welche Gundry u.a. setzt besser sein soll als an raffinierten Kohlenhydraten (Weißmehl, Zucker…) das habe ich noch nie verstanden. Beides sind faktisch mikronährstoffbefreite und konzentrierte Kalorien.
Was ich nicht so (bzw. gar nicht) toll fand: Den Supplementeverkauf…
Gundry bewirbt im Buch und verkauft dann auf seiner Webseite Gesundheitspflegeprodukte für Haut & Haare (79-120$ das Döschen) und Supplemente – von Vitamin D (25$) und K2 (35$) über “Glucose Defense” (99$), “Lectin Defense” (79$), Proteinpulver (BCAA, 42$), Probiotika (66$), Pflanzenextrakt-Pulver (99$), Kurkumin-Pulver (46$), etc. pp. Die Preise sind gesalzen… und für mich hat das schon einen (fahlen Bei-) Geschmack… speziell auch sein ‘Lectin-Defense’… das ist für mich schon hart an der Grenze zum Strukturvertrieb…
Die so-genannten ‘Plant-Based Doctors’, welche ich immer wieder anführe (u.a. McDougal, Esselstyn, T. Campbell, etc.), haben solche Nebengeschäfte nicht – und konzentrieren sich auf Wissenschaft, Forschung und/oder direkte Arbeit am Patienten für vertretbare Preise.
Positiv empfinde ich jedoch das Gundry damit klare Empfehlungen gibt: Er sagt was in den Produkten enthalten ist und welchen Stoffen er damit eine positive Wirkung zubilligt. Wer selber eine Suchmaschine bedienen kann, der wird schnell kostengünstigere Alternativen finden. Weit entfernt von mir ist es dabei auch nicht: In Lectin-Defense sind Sachen wie MSM & Co, Vitamin D3 & K2 hatte ich hier besprochen und Glucose Defense enthält Selen, Zink, Zimt, Kurkuma & Co. – also alles Sachen wo ich beim einem Mangel eine Supplementation Intervention grundsätzlich positiv einschätze, wobei jedoch immer die individuellen Details zu beachten sind.
Kritik von C. Campbell (China Study)
Der von mir sehr geschätzte C. Campbell (China Study, InterEssen) hat denn auch eine sehr weitreichende und detaillierte Kritik zu Gundrys Buch verfasst [9] in der auch viel von dem Aufgegriffen wird, was ich auch in diesem Post thematisiere.
Deswegen auch hier noch einmal: Gundrys ‘Yes und No’ Listen sind für mich: Vorschläge – zum individuellem Austesten – und kein Allheilmittel oder in Stein gemeißelt. Weiterhin werden die meisten dieser Unverträglichkeiten die betreffen, bei denen Magen & Darm durch irgend eine Vorgeschichte (nicht mehr) o.k. ist. Genau diese Zurückhaltung und mehr Hinweis die letztgenannte Einschränkung fehlt leider seitens Gundry im Buch – und das ist auch genau dort wo Gundrys Kritiker zu recht ansetzten (+ natürlich einige klare Fehler, welche ich bisher fast in jedem Buch gefunden habe).
Mein Fazit – was bleibt?
Gundrys These ist auf jeden Fall sehr interessant. Die Yes- & No-Listen können sehr hilfreich sein – und er hat eine durchaus mehr als schlüssige klingende Erklärung bzw. These wie die Lektine in Bezug auf die Autoimmunkrankheiten & Co. wirken könnten. An einen einzelnen Faktor (‘Lektine’) glaube ich jedoch dennoch nicht – zu oft habe ich so etwas schon gelesen. Wer sich mal mit Licht (Sonne, UV, IR, etc.) und Mitochondrien beschäftigt hat der weiß was ich meine. Lektine scheinen jedoch ein wichtiger Puzzlestein im Gesamtbild zu sein.
In jedem Fall sensitiviert das Buch für Unverträglichkeiten, eigene Tests, ausprobieren, Vermeidung bzw. Reduktion ggf. kritischer Lebensmittel – und ganz wichtig – richtige Zubereitungsformen und Methoden. Das Hauptproblem sehe ich jedoch eher nicht bei den Lektinen per see – sondern auch in den sich krass veränderten Umweltfaktoren der letzten Jahrzehnte – wo ich zu 100% bei Gundry bin. Aber auch das ist nichts neues… darauf – und auf die Möglichkeit (bzw. Nötigkeit) einer Supplementierung weisen andere Ärzte schon seit vielen Jahren hin.
So kann ich Gundrys Einschätzung in Bezug auf (einige) Getreide und (insbesondere) Milchprodukte auf Basis meiner eigenen Erfahrungen bestätigen. Nicht das ich diese nicht vertrage – jedoch merke ich Unterschiede nach dem Verzehr u.a. in Bezug auf die Verdauung & Leistung – oder bei den Milchprodukten in Bezug auf die Erkältungsanfälligkeit. (Geschälter) Kürbis, Gurken und Zucchini sind bei mir jedoch (nach meinem Gefühl) absolut unproblematisch – genauso wie brauner Reis und z.B. Buchweizen. Das ich damit nicht alles falsch mache zeigt mir auch mein hsCRP-Wert (-> Entzündungsmarker) von ca. 0,11 mg/l.
Lohnt es das Buch zu kaufen?
Durchaus.
Ich denke jedoch, das ich mit dieser Zusammenfassung hier das wichtigste vom Inhalt kompakt wiedergegeben habe & die übersetzten und verlinkten Yes- und No- Listen von Herrn Kirsch das ganze recht gut komplettieren. Allen immer noch Buchinteressierten würde ich dann erst einmal Raten die beiden Podcasts mit Gundry bei Selfhacked anzuhören (‘Lectins are the Root Cause of Inflammation and Disease ‘) und danach zu entscheiden ob Sie sich das Buch noch zulegen wollen – weil Sie alles noch einmal in Ruhe genauer und selber nachlesen möchten.
Das ganze ist für mich jedoch nur ein Teil eines deutlich größeren Puzzles. Alternativ kann der geneigte Lesern auch mal bei meinen eigenen Ernährungs-Basics und generellen Tipps reinschauen.
Links
- Plant Paradox Buchrezesion bei Konstantin Kirsch
- The Lectin Avoidance Diet: The Safest Foods for People Sensitive to Everything (Selfhacked)
- Flowgrade Podcast #34 mit Daniel Knebel über das Steroid-Hormonsystem, Hashimoto, Abnehmen, etc.
- Übersicht über bitteres Grünzeug – nach Dr. Gundry (aber auch Dr. Greger) sehr vorteilhaft
- Lektine in Lebensmittel als Krankheitsmotoren – Dr. Steven Gundrys Buch „böse Gemüse“
- Eine andere gut reflektierte Rezension des Buches von Dr. Retzek
Video-/Podcast
- Selfhacked: Dr. Gundry Lectins Are The Root Cause Of Inflammation And Disease
- Selfhacked: Dr. Gundry: Turning off Autoimmunity with a Lectin Avoidance Diet
- Ben Greenfield: The Plant Paradox: Are Lectins *Really* That Harmful Or Is Dr. Steven Gundry Wrong?
- How to Avoid Lectin Poisoning. (Nutritionfacts.org)
- Are Lectins in Food Good or Bad for You? (Nutritionfacts.org)
- Dr. Gundry’s The Plant Paradox is Wrong (Nutritionfacts.org)
Quellen
- [1] Effect of shellfish consumption on cholesterol absorption in normolipidemic men., Childs MT, Dorsett CS, Failor A, Roidt L, Omenn GS., Metabolism. 1987 Jan;36(1):31-5.
- [2] Cereal Grains: Humanity’s Double-Edged Sword, Loren Cordain, Department of Exercise and Sport Science, Colorado State University, Fort Collins, Colo., USA
- [3] Becoming Raw – The essential Guide to raw vegan diets, B. Davis, RD; V. Melina, MS, RD, Book Publishing Company, 2010
- [4] Food Allergy Survival Guide: Surviving and Thriving with Food Allergies and Sensitivities, Vesanto Melina et all, 2004, Book Pub Co.
- [5] Phytochemicals in the Fight Against Cancer., Davidson K. et al, Pathol Oncol Res., 2016 Oct;22(4):655-60.
- [6] Essen gegen Herzinfarkt: Das revolutionäre Ernährungskonzept Taschenbuch – 22. Oktober 2014, Caldwell B. Esselstyn
- [7] Dr. Gundry’s Diet Evolution: Turn Off the Genes That Are Killing You–And Your Waistline–And Drop the Weight for Good by Steven R. Gundry, 2008, Steven R. Gundry
- [8] The Starch Solution: Eat the Foods You Love, Regain Your Health, and Lose the Weight for Good!, Rodale Pressm, 2013, John McDougall
- [9] ‘The Plant Paradox’ by Steven Gundry MD– A Commentary, August 23, 2017, By T. Colin Campbell, PhD and Thomas Campbell, MD
- [10] Ketogene Diät: Effekt bei Tumorerkrankungen bisher nicht nachweisbar, Ärzteblatt, Mittwoch, 28. März 2018
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